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Das Flüstern der Albträume

Das Flüstern der Albträume

Titel: Das Flüstern der Albträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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losschreien. Ich hab nur nicht mit dir gerechnet.«
    »Es tut mir leid.«
    Eva lächelte und klopfte ihm mit ihrer feuchten Hand auf die Schulter. »Es ist nicht mal wert, dass man sich deswegen entschuldigt. He, wieso bist du noch auf? Es ist nach neun.«
    »King hat gesagt, ich darf dem Kätzchen was zu fressen hinstellen.«
    »Hast du Merlin denn schon eingefangen?«
    Bobbys Augen leuchteten auf. »Nein, aber bestimmt bald. Heute hätte ich ihn fast erwischt.«
    »Gib ihm weiter zu fressen, dann gewöhnt er sich an dich.«
    »Mache ich.«
    »Bist du auf dem Weg ins Bett?«
    »Ja. King hat gesagt, ich soll jetzt schlafen. Kannst du mich hochbringen? King hat keine Zeit, unter dem Bett nachzugucken, ob da Monster sind.«
    King hatte Eva von dem Ritual erzählt. Jeden Abend suchte er das Zimmer des Jungen nach Ungeheuern ab. »Warte einen Moment, ich gehe schnell runter in den Keller und hole neue Papiertücher. Dann bringe ich dich rauf.« Sie hastete über die altersschwachen Stufen nach unten und schaltete das Licht an, eine nackte Glühbirne, die an der Decke hing. Hier unten roch es muffig und nach altem Gemäuer. Die meisten anderen Mädchen, die im Pub kellnerten, gingen ungern in den Keller, doch Eva machte es nichts aus. Seit ihrer Reise in die Hölle und zurück hatten Spinnweben, kleines Getier und gewöhnliche Schrecken ihre Wirkung auf sie verloren.
    Eva fand die Papierhandtücher in einem Regal neben einem abgeschlossenen Kellerabteil und lief rasch wieder hoch zu Bobby, der mit angstvoll aufgerissenen Augen die Treppe hinunter spähte. »Siehst du, alles in Ordnung.«
    Seine Augenbrauen hatten sich zusammengezogen. »Da unten ist es dunkel.«
    »Die Dunkelheit tut niemandem weh.«
    »Hast du keine Angst?«
    »Nein.« Eva lächelte. »Komm, hilf mir, die Papiertücher zu verstauen.«
    »Okay.«
    »Hast du Angst vor Kellern?« Alles, was sie über Bobby in Erfahrung brachte, konnte ihr helfen, sich seine Geschichte zusammenzureimen.
    »Ja.«
    »Gab es da, wo du früher gewohnt hast, einen Keller?«
    »Meine Großmutter hatte einen.«
    »Wirklich?« Noch ein Hinweis auf seine Familie. »Wo hat sie gelebt?«
    »Weit weg von hier.« In seine Stimme schlich sich ein Anflug von Misstrauen.
    Sollte sie ihn in Ruhe lassen oder weiterfragen? Vielleicht öffnete er sich ja, wenn sie ihm noch einen kleinen Stups gab. Oder aber er verfiel in noch hartnäckigeres Schweigen. Eva war allerdings kein Mensch, der auf Nummer sicher ging. »Macht sich deine Großmutter keine Sorgen um dich?«
    »Nein.«
    »Ganz bestimmt.«
    »Sie ist gestorben.«
    »Das tut mir sehr leid. Sicher vermisst du sie.«
    »Ja. Wenn ich sie besucht habe, hat sie immer Kekse gebacken.«
    Eva schaute in die braunen Augen des Kindes, in denen eine für sein Alter ungewöhnliche Reife lag. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wie ist sie gestorben?«
    Bobby blickte zu ihr auf, zögerte jedoch einen Moment, bevor er sprach. »Ihre Zeit war abgelaufen. Sie war alt.«
    »Ihre Zeit war abgelaufen? Das klingt wie etwas, das ein älterer Mensch sagen würde. Wer hat dir das gesagt?«
    »Niemand. Ich hab das mal im Fernsehen gehört.«
    »Deine Großmutter und deine Mutter sind tot. Was ist mit deinem Vater?«
    »Mom hat mir erzählt, dass er vor meiner Geburt gestorben ist.« Bobby senkte den Blick und wechselte das Thema. »Ich kann die Papiertücher wegräumen.«
    »Okay.« Eva füllte den Papierspender. »Leg den Rest unter das Waschbecken. Das wäre mir eine große Hilfe. Dann gehen wir nach oben.«
    Bobbys Augen leuchteten auf, und der Wunsch zu gefallen spiegelte sich in ihnen. Es zerriss Eva das Herz. Sie war auch einmal so gewesen – so sehr darum bemüht, es anderen recht zu machen, dass sie alles dafür getan hätte. Sie war eine Närrin gewesen.
    »Okay, das mache ich. Kann ich dir noch mehr helfen?«
    »Ja, du kannst dir die Zähne putzen. Es ist weit nach neun, und du musst ins Bett.«
    Bobby zog eine Schnute. »Ich mag nicht schlafen. Ich hab schlechte Träume.«
    »Lies ein paar von den Büchern, die King dir für die Schule gekauft hat.«
    »Ich mag nicht lesen.«
    »Entweder lesen oder schlafen.«
    »Dann lesen.«
    Sie gingen durch die Küche, Bobby sagte King gute Nacht, und Eva folgte ihm über die Hintertreppe nach oben. Eine Viertelstunde später hatte sie unter dem Bett, unter der Tagesdecke mit den aufgedruckten Rennautos, in den Schränken und sogar hinter den blauen Vorhängen nachgesehen. Sie nahm ein Buch über Baseball

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