Das Flüstern der Albträume
doch sie hatte sich entschieden, zehn Stunden pro Woche in einem der Wachen ihres Bezirks zu arbeiten. Sie wollte auf dem Laufenden bleiben und erinnerte sich gern daran, wie es war, die Feuersbrunst direkt zu bekämpfen.
Er klopfte an ihre Tür, und sie sah von einem Stoß Unterlagen auf. »Was kann ich für dich tun?«
Garrison trat an ihren Schreibtisch und legte eine Akte vor sie hin. »Ich hätte gern, dass du dir Bilder von einem Brand ansiehst.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte sie ihn kurz, dann wandte sie sich der Akte zu. »Das war ja vor fast zehn Jahren.«
»Ich weiß.« Er fasste den Fall kurz für sie zusammen.
»Ich verstehe nicht recht, was du da von mir willst.«
»Ehrlich gesagt, ich weiß es auch nicht. Nur, je mehr ich in der Akte lese, desto mehr bezweifle ich die Ergebnisse.«
Macy schürzte die Lippen und blätterte durch die Seiten. »Das Feuer brach in der Nähe des Kamins aus.«
»So steht es in dem Bericht. Ich möchte wissen, was du denkst, nachdem du die Akte gelesen hast.«
»Glaubst du, es gibt eine Verbindung zwischen diesem Brand und dem von Montagabend?«
»Keine Ahnung.« Seit Montag war er pausenlos unterwegs, und trotz der paar Stunden Schlaf, die er inzwischen bekommen hatte, nagte die Erschöpfung an ihm wie ein hungriges Tier. »Sieh es dir einfach mal an.«
»Okay.«
Garrison nickte und verließ die Feuerwache. Als er sich hinters Steuer setzte, klingelte sein Handy. »Garrison.«
»Hier ist Vic Jones von der Gefängnisverwaltung. Sie hatten wegen Eva Rayburn angerufen.«
»Ja.« Garrison schloss die Fahrertür und lockerte seine Krawatte. »Sie ist hierhergezogen, und wir haben zwei Mordfälle, von denen ich glaube, dass sie mit ihr in Verbindung stehen.«
Ein Stuhl knarrte, als würde der Mann sich vorbeugen. »Ist sie eine Tatverdächtige?«
»Bisher nicht. Zwei der Frauen, die gegen sie ausgesagt haben, sind tot. Was können Sie mir über die Zeit ihrer Haftstrafe erzählen?«
»Sie war eine mustergültige Gefangene. Sie hat so viele Kurse gemacht, wie sie konnte, und jedes Buch gelesen, das sie in die Finger bekam. Sie hat in der Gefängnisbibliothek gearbeitet und anderen Häftlingen Unterricht in Lesen und Rechnen gegeben. Ansonsten blieb sie für sich.«
»Hatte sie irgendwelche Besucher?«
»Gar keine, was ungewöhnlich ist. Die meisten unserer Insassen haben jemanden, der sie besucht.«
»Briefe?«
»Sie hat keine bekommen, aber am Anfang hat sie ziemlich viele Briefe geschrieben.«
»An wen?«
Im Hintergrund raschelte Papier. »Immer an dieselben drei Frauen: Lisa Black, Sara Miller und Kristen Hall.«
Garrison spürte einen Anflug von Zorn. »Ich nehme an, sie haben nicht geantwortet.«
»Nein, nie.«
»Was hat sie ihnen geschrieben?«
»Sie hat sie immer wieder nach Einzelheiten über die Nacht gefragt, in der Josiah Cross starb. Sie versuchte sich zu erinnern, wie sie ihn getötet hatte, aber es ist ihr nicht gelungen.«
Der Mittagstrubel hatte inzwischen nachgelassen. Eva hatte noch drei Tische übrig, die sich schätzungsweise in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Minuten leeren würden. Als sie den Schokoladenkuchen aufs Tablett stellte, warf sie einen Blick auf die Uhr. Um drei würden King und sie eine Pause einlegen können, bevor der abendliche Ansturm begann.
Sie nahm das Tablett und ging zu dem Tisch mit den vier Frauen hinüber. Sie hatten zwei Runden Drinks bestellt, und die Stimmung war ausgelassen. Eva hatte eine von ihnen sagen hören, dass sie die Scheidung der Dunkelhaarigen feierten, die links in der Ecke saß.
Doch wie alle Frauen wollten sie nur einen winzig kleinen Nachtisch, deshalb das eine Stück Kuchen und die vier Löffel. An dem Tisch brandete unvermittelt Gelächter auf, als Eva sich ihm näherte. Sie stellte den Kuchen in die Mitte und legte vor jede Frau eine Serviette und einen Löffel.
Lächelnd wandte sie sich ab. Noch kurz nach Tisch sechs schauen, dann würde sie eine kleine Pause machen. Doch als sie sich umdrehte, bemerkte sie, dass sich an Tisch acht ein Mann niedergelassen hatte. Mist.
Sie ging zu dem neuen Gast hinüber, um ihn nach seinen Wünschen zu fragen, doch als ihre Blicke sich trafen, gefror Evas Lächeln zu einer Maske. Einen Augenblick lang glaubte sie, einen Geist vor sich zu sehen. Die Zeit hatte sein Gesicht schmaler werden lassen. Er trug sein Haar kürzer, und die durchdringenden blauen Augen waren hinter einer dunklen Hornbrille versteckt. Die unglaublich vertrauten
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