Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
leid. Ich wollte keine Schande nicht über niemand bringen, und wenn du es erlaubst, mache ich aus Renna eine ehrbare Frau.«
    »Den Horc werde ich tun!«, bellte Harl. Cobie wurde blass und wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Moment, Harl, warte doch erst mal ab«, versuchte Fürsorger Harral zu schlichten.
    »Nein, du wartest ab, Fürsorger!«, schnauzte Harl. »Dieser Lump hat mich und meine Tochter beleidigt und die Heiligkeit der Siegel verletzt. Und du willst, dass ich ihn als einen Sohn anerkenne, einfach so? Eher würde ich zulassen, dass Renna einen Baumdämon heiratet!«

    »Renna ist in einem Alter, in dem sie schon längst verheiratet sein und Kinder haben müsste«, wandte Harral ein.
    »Das heißt noch lange nicht, dass ich sie irgendeinem versoffenen Faulpelz gebe, nur weil der sie über einen Heuballen gelegt hat!«, blaffte Harl. Er packte Renna und zerrte sie zum Wagen. Als sie losfuhren, schaute das Mädchen sehnsüchtig zu Cobie zurück.

14
    Eine Nacht im Abort
    333 NR - Frühling
     
     
    A ls das Gehöft in Sicht kam, drehte Renna sich um und warf einen letzten bedauernden Blick auf die hinter ihnen liegende Straße. »Ich weiß, was du denkst, Mädchen«, bemerkte Harl. »Du überlegst, ob du es deiner undankbaren Schwester nachmachen und mit diesem Kerl weglaufen sollst.«
    Renna sagte nichts, aber sie spürte, wie ihre Wangen brannten, und dieses Zeichen war verräterisch genug.
    »Nun, davon rate ich dir dringend ab«, fuhr Harl in drohendem Ton fort. »Du wirst nicht auch noch Schande über unsere Familie bringen, so wie Lainie, die sich einem Mann an den Hals geworfen hat, dessen Frau erst in der Nacht davor gestorben war. Das ist heute noch Stadtgespräch, und alle gucken den alten Harl scheel an, weil er eine solche verdammte Hure großgezogen hat.
    Du bist auf dem besten Weg, deinen Ruf genauso zu ruinieren«, stänkerte Harl weiter. »Aber ohne mich, mein Schatz. Eher würde ich die Siegel demolieren, als so etwas noch einmal durchzumachen. Beim ersten Versuch wegzulaufen, sperre ich dich im Abort ein, und wenn ich den ganzen Weg nach Südwache auf mich nehmen müsste, um dich zurückzuholen.«
    Renna betrachtete den winzigen, baufälligen Abtritt im Hof, und das Blut gefror ihr in den Adern. Ihr Vater hatte sie noch nie
dort eingeschlossen, aber mit Ilain hatte er das einige Male gemacht, und Beni hatte ebenfalls eine Nacht dort ausharren müssen. Die verzweifelten Schreie ihrer Schwestern waren ihr noch lebhaft in Erinnerung.
    Renna beanspruchte wieder Beni und Luciks kleine Kammer für sich, die sie früher mit ihrer Schwester geteilt hatte; sie räumte ihre Sachen hinein und verbarrikadierte mit zitternden Händen die Tür.
    Als sie später im Bett lag, streichelte sie Miss Scratch, ihre Lieblingskatze, die trächtig war und bald werfen würde. Dabei dachte sie an Cobie, an ein Haus in Stadtplatz und eine Schar eigener Kinder. Die Bilder wärmten und trösteten sie, doch sie behielt lange die Tür im Auge, bis sie schließlich einnickte.
    Während der nächsten Tage ging Renna ihrem Vater nach Möglichkeit aus dem Weg. Schwierig war das nicht. Die Frühjahrsaussaat mochte ja im Boden sein, aber nun mussten zwei Menschen die anfallenden Arbeiten unter sich aufteilen, die früher von sechs Leuten verrichtet worden war. Allein für das Füttern der Tiere und das Ausmisten der Ställe brauchte Renna den halben Vormittag, und danach musste sie noch melken, scheren und schlachten, dreimal am Tag Mahlzeiten auf den Tisch stellen, Kleidung flicken, Butter und Käse machen, Häute gerben und zahllose andere Aufgaben erledigen. Aber sie stürzte sich beinahe dankbar in die Anstrengungen, weil sie ihr einen gewissen Schutz boten.
    Jeden Morgen band sie sich die Brüste ab, ließ ihr Haar ungekämmt und wusch sich nicht das Gesicht; auf dem Hof und den Feldern gab es so viel zu tun, dass Harl gar nicht auf lüsterne Gedanken kam. Schon das Prüfen der Siegelpfosten, die die Äcker eingrenzten, nahm Stunden in Anspruch. Jeder Pfahl musste sorgfältig inspiziert werden, um sicherzugehen, dass die Siegel klare, scharfe Umrisse hatten und korrekt ausgerichtet waren, damit sie die benachbarten Zeichen lückenlos überlappten. Ein simpler
Vogelschiss oder ein Verziehen des Holzes konnte ein Siegel so schwächen, dass ein Dämon in den geschützten Bereich eindringen konnte, wenn er den Spalt bemerkte.
    Danach mussten die Felder vom Unkraut befreit und die reifsten Früchte geerntet

Weitere Kostenlose Bücher