Das Flüstern der Nacht
steckst du, Mädchen?«, rief Harl und fing an, in den Verschlägen zu suchen. »Du machst alles nur noch schlimmer, wenn du mich zwingst, dich mit Gewalt irgendwo rauszuzerren.« Wieder knallte er mit den Zügeln, um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen. Rennas Herz klopfte bis zum Hals. Draußen warfen sich die Dämonen, angezogen von dem Tumult, mit neu entfachtem Eifer gegen die Siegel. Das gleißende Licht, das sich entlud, blitzte durch die Spalten im Holz, begleitet vom Kreischen der Horclinge und dem Prasseln der Magie.
Als Harl näher kam, spannte sie sich an wie eine Feder; jeder Muskel in ihrem Körper straffte sich immer mehr, bis sie glaubte, es würde sie zerreißen. Während seiner Suche wurden seine gemurmelten Flüche immer unflätiger, und frustriert schlug er mit den Zügeln um sich.
Er war nur noch wenige Zoll von ihrem Versteck entfernt, als Renna hochschnellte und tiefer in die Scheune hineinrannte. Als sie die hintere Wand erreichte, saß sie in der Falle, und sie drehte sich zu ihm um.
»Was ist nur los mit dir, Mädchen?«, krächzte Harl. »Mir scheint, ich muss dir etwas Vernunft einbläuen.«
Dieses Mal würde sie sich nicht an ihm vorbeiwinden können, deshalb wirbelte sie herum und kletterte die Leiter zum Heuboden hinauf. Sie wollte sie hinter sich hochziehen, aber mit einem geradezu tierischen Gebrüll bekam Harl die unterste Sprosse zu fassen und zerrte die Leiter zurück, wobei er Renna um ein Haar mit nach unten gerissen hätte. Sie schaffte es gerade noch, sich an der Falltür festzuhalten und musste die Leiter ganz loslassen. Harl
hängte die Laterne an einen Haken und kletterte Renna hinterher, die Zügel zwischen die Zähne geklemmt.
In ihrer Not trat Renna nach ihm und traf ihn voll ins Gesicht. Er wurde von der Leiter geworfen, doch der Boden war mit einer dicken Lage Heu bedeckt, die die größte Wucht des Sturzes abfederte. Wieder schnappte er sich die Leiter, bevor Renna sie aus seiner Reichweite ziehen konnte, und erklomm sie überraschend schnell. Sie holte zum nächsten Fußtritt aus, doch er umklammerte ihren Knöchel, riss das Bein hoch und sie fiel auf den Rücken.
Dann war er bei ihr auf dem Heuboden, und für sie gab es kein Entrinnen mehr. Sie hatte sich halb aufgerappelt, da rammte er ihr seine Faust ins Gesicht, und hinter ihren Augen explodierten Lichtblitze.
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, Mädchen«, brüllte Harl und verpasste ihr einen Hieb in den Magen, der ihr den Atem aus der Lunge trieb und sie vor Schmerzen keuchen ließ. Mit einer sehnigen Faust packte er ihr Nachthemd, zerrte mit einem heftigen Ruck daran und riss die Hälfte des Stoffs weg.
»Bitte, Dad!«, schrie sie. »Nein!«
»Nein?«, äffte er sie mit harschem Lachen nach. »Seit wann sagst du ›Nein‹, wenn du dich mit einem Kerl auf dem Heuboden vergnügst, Mädchen? Ist das nicht der Ort, an dem du sündigst? An dem du deiner Familie Schande machst? Du vögelst jeden Penner, der in einem Stall schläft, aber für deinen eigenen Dad bist du dir zu schade?«
»Nein!«, kreischte Renna.
»Beim Horc, du hast verdammt Recht«, knurrte Harl, umklammerte ihren Nacken und stieß sie mit dem Gesicht nach unten ins Heu, während er mit seiner freien Hand sein Nachthemd lüftete.
Als es vorbei war, lag Renna weinend im Heu. Harls Gewicht lastete immer noch auf ihr, aber seine Kräfte schienen ihn verlassen zu haben. Sie schubste ihn von sich weg, und ohne Widerstand rollte er auf die Seite.
Am liebsten hätte sie ihn gleich ganz vom Heuboden hinuntergestoßen, damit er sich das Genick brach, aber sie wurde von einem so krampfhaften Schluchzen geschüttelt, dass sie sich zu nichts aufraffen konnte. Ihre Wange und ihre Lippe pochten noch von Harls Schlägen, und der Bauch tat ihr weh, doch das war nichts verglichen mit den brennenden Schmerzen zwischen ihren Beinen. Falls Harl es überhaupt gemerkt hatte, dass sie noch nie mit einem Mann zusammen gewesen war, so gab er es durch nichts zu erkennen.
»Bist schon ein liebes Mädchen«, brummte Harl und tätschelte müde ihre Schulter. »Und jetzt geh und weine dich richtig aus. Ilain hat das auch immer geholfen, ehe sie anfing, Spaß daran zu finden.«
Renna verzog angewidert das Gesicht. Ilain hatte nie Spaß daran gehabt, egal, was er sagte.
»Wenn du das noch einmal mit mir machst«, drohte sie, »erzähle ich es jedem in Stadtplatz!«
Harl lachte bellend. »Keiner wird dir glauben. Die Ehefrauen werden bloß denken, die
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