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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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fragte sich, ob Cholls überhaupt ein Jongleur war.
    Die Miene des Gildemeisters war finster wie eine Gewitterwolke, und der Anblick riss Rojer unsanft aus seinen Grübeleien. »Du hast Mut, dass du dich überhaupt noch hierhertraust, Achtfinger! Wir haben die Kosten für deine Bestattung übernommen, und du schuldest mir immer noch …« Er schaute fragend zu Daved.
    »Fünftausend Klats«, half Daved aus, »plus minus ein paar Dutzend.«
    »Das können wir gleich erledigen«, erwiderte Rojer, zog die Börse mit den antiken Goldmünzen des Tätowierten Mannes aus der Tasche und warf sie dem Gildemeister zu. Der Wert der Münzen belief sich auf mindestens zehntausend Klats.
    Cholls Augen glänzten, als er die Börse öffnete und das funkelnde Gold sah. Aufs Geratewohl fischte er eine Münze heraus und biss hinein. Seine Miene erhellte sich, als er den Abdruck prüfte, den seine Zähne in dem weichen Metall hinterlassen hatten. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Rojer zu.
    »Ich denke, ein wenig Zeit kann ich erübrigen, um mir deine Entschuldigung anzuhören«, meinte er und trat einen Schritt zur Seite, um Rojer und Gared in sein Büro zu lassen. »Daved, bring Tee für unsere Gäste.«
    David kredenzte den Tee, und Rojer steckte ihm eine Goldmünze zu, vermutlich mehr Geld, als der Sekretär in einem Jahr
verdiente. »Das ist für den Papierkram, um mich wieder lebendig zu machen.«
    Daved nickte und grinste breit. »Ehe die Sonne untergeht, bist du vom Scheiterhaufen herunter und zurück in der Welt der Lebenden.« Er verließ das Büro und schloss hinter sich die Tür.
    »Nun denn, Rojer«, begann Cholls. »Was bei der Nacht ist letztes Jahr passiert, und wo zum Horc hast du gesteckt? Gerade noch klauben du und Jaykob die Klats zusammen, um deine Schulden zu tilgen, und plötzlich erhalte ich eine Mitteilung von irgendeinem Sekretär, in der ich aufgefordert werde, die Kosten für die Einäscherung von Meister Jaycobs Leiche zu übernehmen, die in der städtischen Kühlhalle aufbewahrt wird. Und du warst spurlos verschwunden!«
    »Meister Jaycob und ich wurden das Opfer eines Überfalls«, erklärte Rojer. »Ich lag monatelang mit schweren Verletzungen im Hospital, und als ich wieder gesund war, hielt ich es für das Beste, der Stadt eine Zeit lang den Rücken zuzukehren.« Er schmunzelte. »Seitdem habe ich die unwahrscheinlichste Geschichte erlebt, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. Und das Beste daran ist, dass sie von Anfang bis Ende wahr ist!«
    »Lenk nicht vom Thema ab, Achtfinger«, entgegnete Cholls. »Wer waren die Angreifer?«
    Rojer sah den Gildemeister vielsagend an. »Was glaubst du?«
    Cholls Augen weiteten sich, und er hustete, um seine Überraschung zu vertuschen. »Ay … nun ja, Hauptsache, es geht dir wieder gut.«
    »Jemand hat dich so zusammengeschlagen, dass du ins Hospital musstest?«, mischte sich Gared ein und ballte eine Faust. »Sag mir nur, wo ich die Halunken finde, und ich werde …«
    »Deshalb sind wir nicht hier«, unterbrach Rojer ihn und legte beschwichtigend eine Hand auf seinen Arm, während er Cholls scharf im Auge behielt. Der Gildemeister blies den Atem aus und schien in sich zusammenzusinken.

    »Zum Horc mit dem Tee«, murrte Cholls. »Ich könnte jetzt etwas Stärkeres vertragen.« Seine Hände zitterten leicht, als er in seinem Schreibtisch stöberte und eine glasierte Tonkruke sowie drei Becher herausholte. Er schenkte großzügig ein und verteilte die Becher.
    »Auf dass wir uns unsere Fehden klug aussuchen«, sagte der Gildemeister, hob seinen Becher und tauschte einen Blick mit Rojer, als sie tranken.
    Gared beäugte die beiden misstrauisch, und Rojer fragte sich, ob der Holzfäller wirklich so einfältig war wie jeder dachte. Doch dann zuckte Gared mit den Schultern, kippte den Becher und trank den Inhalt in einem Zug aus.
    Sofort quollen ihm die Augen aus dem Kopf und sein Gesicht lief hochrot an. Er beugte sich vor und konnte gar nicht mehr aufhören zu husten.
    »Beim Schöpfer, Junge, das Zeug schüttet man doch nicht einfach so in sich hinein!«, schimpfte Cholls. »Man darf nur daran nippen!«
    »T’schuldigung«, keuchte Gared mit heiserer Stimme.
    »Im Tal ist man an wässriges Bier gewöhnt«, erzählte Rojer. »Es wird in großen, schäumenden Krügen ausgeschenkt, und Hünen wie Gared können mehrere Dutzend davon trinken. Das bisschen hochprozentigen Alkohol, den man herstellt, geht gleich vom Destillator ins Glas.«
    »Kein Sinn für die

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