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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Kräften ausgestattet, die ich nicht erklären kann.«
    »Jongleurtricks«, meinte Cholls abfällig.
    Rojer schüttelte den Kopf. »Ich habe genug Dorftrottel mit magischen Kunststücken hereingelegt, Gildemeister. Ich bin nicht irgendein Einfaltspinsel, der sich von einem Wedeln der Hand und Blitzpulver täuschen lässt. Ich will nicht so weit gehen und sagen, dass er vom Schöpfer entsandt ist, aber er verfügt über echte Magie, das ist so sicher, wie die Sonne scheint.«
    Cholls lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. »Angenommen, du sagst die Wahrheit. Das erklärt immer noch nicht, warum du hier bist, wenn du mir diese Geschichte ja doch nicht verkaufen willst.«
    »Oh, verkaufen will ich sie schon«, stellte Rojer richtig. »Ich habe ein Lied komponiert, Die Schlacht im Tal der Holzfäller . In jeder Bierschenke und auf jedem Platz werden die Leute verlangen, dass es vorgetragen wird. Und vom vergangenen Jahr gibt es genug Geschichten, um die Jongleure auf Trab zu halten. Sie werden sich sputen müssen, ihre Sammelhüte zu leeren, nur damit das Publikum sie neu füllen kann.«
    »Was willst du dann, wenn du nicht auf Geld aus bist?«, fragte Cholls.
    »Ich muss Leute darin ausbilden, die Magie der Fiedel einzusetzen«, erklärte Rojer. »Aber ich bin kein Lehrer. Seit Monaten unterrichte
ich Schüler, und ihre Leistung reicht aus, um zum Tanz aufzuspielen, aber mehr, als die Stimmung eines Horclings von ›blutrünstig‹ in ›angriffslustig‹ zu verwandeln, bringt keiner zuwege.«
    »Ein guter Musiker benötigt zweierlei«, warf Cholls ein, »Geschicklichkeit und Talent. Das erste kann man sich aneignen, das zweite nicht. Du bist das größte musikalische Genie, das ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe. Du hast eine natürliche, angeborene Gabe, was du vermagst, kann selbst der beste Fiedellehrer keinem beibringen.«
    »Du willst mir also nicht helfen?« »Das habe ich nicht gesagt. Ich wollte dich nur darauf hinweisen, was du erwarten kannst und was nicht. Vielleicht gibt es ja etwas, das wir unternehmen könnten. Sag, hat Arrick dir Tonzeichen beigebracht?«
    Rojer sah den Gildemeister neugierig an und schüttelte den Kopf.
    »Man gibt einer Gruppe von Musikanten mittels Gesten Anweisungen«, erklärte Cholls.
    »So wie ein Dirigent?«
    »Nein. Die Musikanten, die von einem Dirigenten angeleitet werden, kennen die Stücke bereits, die sie spielen. Jemand, der mit Tonzeichen arbeitet, kann spontan komponieren, und wenn seine Musiker die Gesten kennen, sind sie in der Lage, seine Komposition sofort zu spielen.«
    Rojer richtete sich in seinem Stuhl auf. »So was gibt’s?«
    Cholls schmunzelte. »Ja, so was gibt’s wirklich. Wir haben eine Reihe von Meistern, die diese Kunst unterrichten. Ich schicke sie ins Tal des Erlösers und verfüge, dass sie deine Anweisungen befolgen müssen.«
    Rojer blinzelte überrascht.
    »Das ist nicht gänzlich uneigennützig«, gab Cholls freimütig zu. »Die Geschichten, die wir jetzt von dir bekommen, werden für
eine gewisse Weile ausreichen, aber egal, ob dieser Tätowierte Mann nun der Erlöser ist oder nicht, sein Erscheinen ist das alles beherrschende Ereignis dieser Zeit, und die Angelegenheit entwickelt sich immer weiter. Das Tal steht eindeutig im Mittelpunkt der Geschehnisse, und ich wollte schon lange Jongleure dorthin schicken; aber zuerst grassierte der Schleimfluss, dann kamen die Flüchtlinge, und keiner hatte den Mut, in diese Gegend zu reisen. Wenn du Sicherheit und Unterkunft garantierst, werde ich sie … umstimmen.«
    Rojer strahlte. »Du hast mein Wort, Gildemeister.«

Teil III
    Urteile

19
    Das Messer
    333 NR - Sommer
     
     
    E in paar Wochen nach Rennas Nacht im Abort traf ein Besucher auf dem Hof ein. Ihr Herz setzte kurz aus, als sie ein Fuhrwerk auf der Straße sah, aber es war nicht Cobie Fischer, sondern sein Vater, Garric.
    Garric Fischer war ein großer, stämmiger Mann, der seinem Sohn vom Aussehen her glich. Trotz seiner über fünfzig Jahre durchzogen nur wenige weiße Strähnen sein dichtes, lockiges Haar und den Bart. Er nickte Renna knapp zu, als er den Wagen anhielt.
    »Ist dein Dad in der Nähe, Mädchen?«, fragte er.
    Renna nickte.
    Garric spuckte über die Seitenwand des Karrens. »Dann lauf und hol ihn.«
    Renna nickte wieder und rannte zu den Feldern; ihr Herz hämmerte wie wild. Was konnte er wollen? War er gekommen, um für Cobie zu sprechen? Dachte er immer noch an sie? Sie war so mit ihren

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