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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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sechs Stimmen gegen vier.«
    »Dann sorge ich dafür, dass sie heute Nacht von den Horclingen geholt wird«, knurrte Raddock.
    »Du wirst nichts dergleichen tun.« Endlich hatte Selia ihre Stimme wiedergefunden. »Das Gesetz lautet, dass sie einen vollen
Tag Aufschub bekommt, um ihren Frieden zu machen, und der heutige Tag ist fast vorbei.«
    Wieder stampfte Jeorje mit seinem Stock auf. »Selia hat Recht. Renna Gerber wird morgen bei Sonnenaufgang in Stadtplatz an einen Pfahl gefesselt, und alle müssen zusehen, wie der Gerechtigkeit des Schöpfers Genüge getan wird.«
    »Verlangst du etwa, dass sich die Leute dieses Gemetzel anschauen?!« Rusco war entsetzt.
    »Man lernt seine Lektionen nicht, wenn man die Schule schwänzt«, erwiderte Jeorje.
    »Ich stelle mich doch nicht hin und beobachte, wie die Horclinge einen Menschen in Stücke reißen!«, schrie Coline. Andere, sogar Coran Sumpfig, schlossen sich ihrem Protest an.
    »Oh doch, das wirst du«, zischte Selia. Mit hartem Blick sah sie einen nach dem anderen an. »Wenn wir vorhaben, dieses Mädchen zu … ermorden , dann werden wir alle dabei sein und niemals vergessen, was wir getan haben; Männer, Frauen und Kinder«, grollte sie. »Gesetz ist Gesetz.«

22
    Unbeschrittene Wege
    333 NR - Frühling
     
     
    E s war ein voller Tagesritt von Fort Angiers bis zur Brücke über den Grenzfluss, der das Hoheitsgebiet des Herzogs Rhinebeck von dem des Herzogs Euchor trennte. Der Tätowierte Mann war zu spät aufgebrochen, um die Strecke noch vor Sonnenuntergang zu schaffen.
    Aber das machte ihm nichts aus. Sein Abschied von Leesha hatte ihn in eine düstere Stimmung versetzt, und er war dankbar für die Gelegenheit, ein paar Horclingen die Sonne zeigen zu können. Jardir hatte ihm die krasianische Methode beigebracht, Schmerzen zu umarmen, und er beherrschte diese Technik recht gut; doch nichts linderte Qualen mehr, als einen Dämon mit bloßen Händen zu erwürgen.
    Bei Leesha war das Tal gut aufgehoben, zumindest bis die Krasianer anrückten. Sie war genial und hatte eine natürliche Begabung, Menschen zu führen; man brachte ihr Respekt entgegen, sie war reinen Herzens und hatte jede Menge gesunden Menschenverstand. Und wenn sie ihn nicht jetzt schon im Bannzeichnen übertraf, so konnte es nicht mehr lange dauern, bis sie ihn überflügelt hätte.
    Und sie ist schön, sinnierte er. Das lässt sich nicht leugnen. Der Tätowierte Mann war weit herumgekommen, und nie war ihm
eine Frau begegnet, die es an Liebreiz mit ihr aufnehmen konnte. Wäre er ihr früher begegnet, bevor Jardir ihn zum Sterben in der Sandwüste zurückgelassen hatte, hätte er sie vielleicht lieben können. Bevor er gezwungen gewesen war, seinen ganzen Körper zu tätowieren, um sein Überleben zu sichern.
    Doch nun war er kein Mensch mehr, und in seinem Dasein war für Liebe kein Platz.
    Die Nacht senkte sich herab, aber mit seinen durch Siegel verstärkten Augen konnte er mühelos im Dunkeln sehen. Er berührte Schattentänzers Zaumzeug, und die Siegel dort fingen an, matt zu glühen; auf diese Weise fand sich auch der gigantische Hengst in der Finsternis zurecht. Als die Horclinge aus dem Boden aufstiegen, trieb er ihn zu einem Galopp an, doch zu beiden Seiten der Straße wuchs ein dichter, hoher Wald, und die Baumdämonen hielten mit ihm Schritt, indem sie von einem Ast zum anderen sprangen oder einfach zwischen den Stämmen hindurchliefen. Ihre borkenähnliche Panzerung machte sie nahezu unsichtbar, doch der Tätowierte Mann nahm die matt schimmernde Aura ihrer Magie wahr und ließ sich nicht täuschen. Über ihm kreischten Winddämonen, folgten seinem Pfad und versuchten, ihre Geschwindigkeit anzupassen, damit sie auf ihn herabstoßen konnten.
    Der Tätowierte Mann ließ die Zügel los und lenkte den Hengst allein mit den Knien, während er nach seinem Langbogen griff. Ein Schrei von oben warnte ihn rechtzeitig; er warf sich herum und schoss einen Pfeil auf einen hinuntertauchenden Winddämon ab, der sich, gestärkt durch die Magie, in seinen Kopf bohrte.
    Der gleißende Blitz schien sämtliche anderen Dämonen anzulocken. Aus den Bäumen sausten sie herbei, schrien ihren Hass heraus und versuchten, ihn mit Klauen und Zähnen zu attackieren.
    Immer wieder spannte der Tätowierte Mann den Bogen, und seine Pfeile rissen große, dunkle Löcher in die Reihen der Horclinge, die von zwei Seiten auf ihn zuschwärmten. Schattentänzer
schleuderte die Dämonen, die sich vor ihnen auf dem Weg

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