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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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winzigen Hitzesiegel auf seiner Haut schmerzten fürchterlich, wenn sie aktiv wurden.
    Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, sie auf Kastanien anzuwenden. Renna bewegte sich erst seit knapp drei Wochen frei durch die Nacht, und schon setzte sie Siegel in einer Art und Weise ein, an die er im Traum nicht gedacht hätte.
    Er sah den irren Blick in ihren Augen, als sie den Dämon über ihren Kopf stemmte, und fragte sich, ob er genauso ausgesehen hatte, als er anfing, die Horcling-Magie in sich zu spüren. Vermutlich ja. Es war ein erregendes Gefühl, das einem die Illusion vermittelte, unbesiegbar zu sein.
    Aber Renna war nicht unbesiegbar, und das wurde schon im nächsten Moment deutlich, als sie das Messer verlor und der Baumdämon sie angriff. Der Tätowierte Mann schrie auf, und die Angst griff mit eiskalten Fingern nach ihm, während er mit seinem Bogen hantierte. Während Renna und der Dämon am Boden miteinander rangen, versuchte er, sein Ziel zu erfassen, aber er konnte keinen sauberen Schuss anbringen und wollte es nicht riskieren, Renna zu treffen. Kurz entschlossen ließ er den Bogen sinken und hetzte los, um ihr zu helfen.
    Nur um festzustellen, dass sie seine Unterstützung gar nicht brauchte.
    Er stand da, mit heftig pochendem Herzen, und starrte Renna an, die schöne Renna, von deren sanftem Kuss, den sie ihm als
Kind gegeben hatte, er in vielen einsamen Nächten geträumt hatte, wenn er blutend und zerschunden irgendwo in der Wildnis auf dem Kadaver eines Dämons lag.
    Sie wandte sich ihm zu, bleckte die Zähne und knurrte wie ein Raubtier, bis sie ihn erkannte. Dann lächelte sie ihn an und glich einer Katze, die ihrem Besitzer gerade eine tote Ratte vor die Füße gelegt hat.

    Renna wälzte sich von dem toten Horcling herunter und kämpfte sich auf die Füße, ehe die anderen Dämonen sich ihr nähern konnten. Sie war blutüberströmt, doch sie spürte bereits, wie der Fluss gestillt wurde, als die gestohlene Magie anfing, die Wunden zu schließen. Trotzdem fühlte sie sich noch nicht kräftig genug, um den Kampf wiederaufzunehmen.
    Knurrend fletschte sie die Zähne, weigerte sich zu kapitulieren, doch als sie den Blick hob, sah sie nur Arlen, eingehüllt in eine Aura aus magischer Energie wie ein Seraph des Schöpfers. Er trug lediglich ein Lendentuch, und mit den straffen Muskeln unter den pulsierenden, langsam über seine Haut kriechenden Siegeln, bot er einen herrlichen Anblick. Er war nicht so groß wie Harl oder stämmig wie Cobie, dafür verströmte er eine Kraft, die die anderen Männer vermissen ließen. Sie strahlte ihn an, voller Stolz über ihren Sieg. Drei Baumdämonen!
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, erkundigte er sich. Aber seine Stimme klang ernst, keineswegs begeistert.
    »Ay«, antwortete sie. »Muss mich nur kurz ausruhen.«
    Er nickte. »Setz dich hin und atme tief durch. Lass dich von der Magie heilen.«
    Renna gehorchte und fühlte, wie die tiefen Schnittwunden an ihrem Körper zu heilen begannen. Bald würden nur noch dünne Narben zu sehen sein, die ebenfalls rasch verschwanden.

    Arlen hob den verkohlten Rest einer ihrer Kastanien auf. »Schlau«, brummte er.
    »Danke«, erwiderte Renna. Selbst dieses kleine Lob ließ sie vor Freude erschauern.
    »Aber egal, wie schlau du das Hitzesiegel anwendest, du hast dich sehr töricht verhalten, Renna«, fuhr er fort. »Du hättest einen Waldbrand auslösen können, ganz zu schweigen davon, wie dumm es von dir war, dich mit drei Baumdämonen gleichzeitig anzulegen.«
    Renna fühlte sich als hätte er ihr einen Schlag in die Magengrube verpasst. »Ich hab die Biester nicht gebeten, mich anzugreifen.«
    »Anstatt auf mich zu hören, hast du meine Warnungen in den Wind geschlagen und dich allein auf die Jagd nach dem Felsendämon gemacht«, warf er ihr vor. »Und deinen Umhang hast du in der Burg zurückgelassen.«
    »Beim Jagen ist mir der Umhang im Weg.«
    »Das interessiert mich nicht. Der letzte Dämon hätte dich fast getötet, Ren. Und deine Gegenwehr war eine einzige Katastrophe. Ein nie’Sharum hätte sich aus dem Griff lösen können.«
    »Ist das wichtig?«, fauchte sie pikiert. »Ich habe ihn besiegt!«
    »Doch, es ist wichtig«, beharrte Arlen, »denn früher oder später wirst du für deinen Leichtsinn bezahlen. Sogar ein Baumdämon kann Glück haben und sich aus einem Hebelgriff befreien. Auch wenn du dich noch so stark fühlst, wenn die Magie in dich hineinfließt, ist jeder beliebige Dämon immer noch viel stärker

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