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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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zurück, griff in ihren Taillenbund und zog die lange Kette aus Flusskieseln heraus, die Cobie
Fischer ihr geschenkt hatte; es kam ihr vor, als sei dies in einem anderen Leben passiert. Geschickt schleuderte sie die Kette um den Hals des Dämons und ließ das Horn los, als das hintere Ende ihr entgegenpeitschte. Dann überkreuzte sie die Arme und rutschte in die Mulde zwischen den gepanzerten Schulterblättern hinunter; knapp außer Reichweite des tobenden Horclings hing sie an den Enden der Lederschnur.
    Die Bestie schleuderte sie mit aller Kraft hin und her, aber sie ließ nicht los und setzte ihr volles Körpergewicht ein, um die Flusskiesel immer enger um die Kehle des Horclings zu ziehen. Renna hatte die polierten Steine mit Abwehrsiegeln bemalt, die nun in einem regelrechten Feuerwerk Funken sprühten, weil die Magie sich von allen Seiten nach innen entlud.
    Kurz darauf verwandelten sich die wuchtigen Hiebe und donnernden Schritte des riesigen Felsendämons in matte Zuckungen und ein taumelndes Stolpern. Die Kette erhitzte sich, als die Magie an Stärke zunahm, und schickte einen strahlenden Schein in die Nacht.
    Endlich gab es ein lautes Knacken und ein letzter Blitz flackerte auf, ehe die Magie erlosch. Der wuchtige Kopf mit den Hörnern löste sich vom Rumpf; Renna brachte sich mit einem schnellen Sprung in Sicherheit. Federnd landete sie auf den Füßen, als der enorme Körper des Horclings neben ihr zu Boden fiel. In ihrer Haut spürte sie das Kribbeln der gestohlenen Magie, die jede Schramme und Prellung heilte, die sie sich in dem Kampf zugezogen hatte. Als sie das schwarze Dämonenblut an ihren Händen sah, fing sie wieder ausgelassen an zu lachen. Schnell rollte sie ihre Kette zusammen und rannte weiter, um die Jagd fortzusetzen.
    Noch nie hatte sie sich so frei gefühlt.

    Ein Flammendämon griff sie an, ein einsamer Horcling, der auf Suche nach Beute das Dickicht zwischen den Bäumen durchstreifte. Als er auf sie zustürmte, stemmte Renna die Füße fest in den Boden und wartete nur auf das verräterische Einatmen.
    Flammendämonen leiteten ihren Angriff immer mit einem Schwall Feuerspeichel ein, sobald sie ihrem Opfer nahe genug kamen. Der Speichel konnte alles entzünden und lähmte normalerweise die Beute; und wenn sich das Opfer dann in diesem wehrlosen Zustand befand, setzten die Horclinge ihre Attacke mit Zähnen und Klauen fort. Doch gelang es einem, dieser ersten Fontäne aus Feuerspeichel auszuweichen, hatte man sich bereits einen Vorteil verschafft; denn es dauerte eine gewisse Zeit, bis die Horclinge danach wieder Feuer speien konnten.
    Renna duckte sich, das Gesicht dicht über dem Boden; sie bot ein deutliches Ziel, als der Dämon vor ihr stehen blieb und tief die Luft einsog. Während er zum Ausatmen ansetzte, kniff er seine lidlosen Augen zu, ein Reflex, nicht unähnlich dem, wenn ein Mensch niesen muss; exakt in diesem Moment flitzte Renna nach links, und der gleißende Strom aus Feuerspeichel schoss in hohem Bogen ins Leere.
    Als der Horcling die Augen wieder öffnete und merkte, dass sie fort war, sprang Renna ihn von hinten an und schnappte sich seine Hörner. Mit einem jähen Ruck riss sie seinen Kopf zurück und schlitzte ihm den Bauch auf wie einem Hasen, den sie auf den Feldern ihres Vaters gefangen hatte.
    Das Blut des Flammendämons spritzte über sie und brannte wie glühende Holzscheite, aber Renna befand sich an einem Ort jenseits von Schmerzen. Die Stellen, auf die die Tropfen gefallen waren, beschmierte sie mit Schlamm, der die Haut kühlte, und stand wieder auf.
    Ein verhaltenes Grollen verriet ihr, dass sie in den wenigen Augenblicken, die der Kampf mit dem Flammendämon gedauert hatte, umzingelt worden war. Als sie sich umdrehte, sah sie einen Baumdämon,
der vor ihr kauerte; bis zu den gebeugten Schultern maß er an die sechs Fuß. Ein Stück weiter hinten, in den Bäumen, entdeckten ihre durch Siegel verbesserten Augen seine beiden Gefährten. Ihre grobe Panzerung verschmolz mit dem sie umgebenden Wald, doch ihre Magie konnten sie nicht tarnen. Sobald sie den ersten Horcling angriff, den stärksten, würden die anderen von allen Seiten auf sie losgehen.
    Renna hatte schon oft Baumdämonen getötet, aber ohne Arlen an ihrer Seite hatte sie sich jeweils nur mit einem Vertreter dieser Gattung angelegt.
    Werde ich mit dreien nicht fertig? Sie schob den fruchtlosen Gedanken beiseite. Vor Dämonen konnte man nicht davonlaufen; und hatten sie einen erst mal entdeckt, hatte

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