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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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gebrochenen Knochen nicht richten, und er merkte, wie sie verkehrt zusammenwuchsen.
    Obwohl das auch keine Rolle mehr spielte, denn der Dämon riss den Tisch noch einmal in die Höhe, um sein Werk zu vollenden. Jardir konnte nur noch zusehen und auf den Tod warten.
    Aber bevor der Dämon den Tisch ein zweites Mal auf ihn niederkrachen ließ, fing er plötzlich an zu kreischen und hielt sich mit den Pranken den Kopf, und der Tisch fiel polternd zu Boden. Mit seinem unversehrten Bein trat Jardir nach dem Tisch, um nicht davon getroffen zu werden, während der Körper des Dämons wie Wachs zu schmelzen schien und er wild um sich schlagend durch den Raum torkelte.
    Als Jardir den Blick hob, sah er den Grund dafür. Er hatte gar nicht gegen Alagai Ka gekämpft. Leesha und Inevera standen vor dem qualmenden Leib eines schlanken Dämons mit einem übermäßig großen Kopf. Selbst auf der anderen Seite des Zimmers konnte Jardir die Macht und Boshaftigkeit spüren, die die Kreatur ausstrahlte. Der Dämon, gegen den er gekämpft hatte, war sein Leibwächter gewesen, gewissermaßen sein Hasik; wenig Hirn und dicke Muskeln, um Wege zu schaffen und Schädel zu zertrümmern, wenn sein Gebieter es für unter seiner Würde erachtete, sich selbst darum zu kümmern.
    Der schmächtige Dämon hob seinen massigen Kopf. Inevera stieß einen gellenden Schrei aus und schleuderte einen weiteren Blitzstrahl auf ihn, doch der Dämon zeichnete ein Siegel in die Luft und zerstreute die Energie. Er streckte den Arm aus und der Dämonenknochen flog aus Ineveras Hand. Der schmale Dämon fing ihn auf und der Knochen glühte kurz in seinem Griff, ehe er die Magie in sich einsog und der Knochen zu Staub zerbröselte.
    Erneut streckte der Dämon den Arm aus und Ineveras hora -Beutel landete in seinen Händen. Sie fing hemmungslos an zu kreischen,
als die Kreatur den Beutel umdrehte und ihre kostbaren Würfel in seine krallenbewehrte Hand schüttete.
    Leesha und Inevera griffen den Dämon mit ihren Messern an, doch er zeichnete wieder ein Siegel in die Luft, das grell aufleuchtete und sie durch den Raum schleuderte, als würde eine gewaltige Sturmböe sie davonwirbeln.
    Die alagai hora glühten, als der Dämon ihre Kraft aufsog. Jardir empfand eine seltsame Mischung aus Furcht und Erleichterung, als die Würfel, die sein Leben seit über zwanzig Jahren bestimmten, zu Staub zerfielen. Inevera wimmerte, als bereitete dieser Anblick ihr körperliche Qualen.
    Sobald sein Gebieter sich erholte, kam der Mimikrydämon wieder zur Besinnung; aber Jardir schnellte bereits hoch und sprang auf seinem unverletzten Bein über das Bett. Als er sich auf der anderen Seite abrollte, packte er den Speer des Kaji und zog ihn mit seinem Körpergewicht aus der Wand.
    Schmerzen zuckten durch Jardirs zertrümmertes Bein, als er auf den Füßen landete, aber mühelos umarmte er die Qualen und ließ sie von sich abgleiten; mit präzisen, entschlossenen Bewegungen holte er aus und schleuderte den Speer.
    Und bevor einer der beiden Dämonen reagieren konnte, war der Kampf vorbei. Der Speer durchbohrte den Schädel des Seelendämons, hinterließ ein klaffendes Loch und blieb federnd hinter ihm in der Wand stecken. Der Seelendämon war sofort tot, und ohne seinen Gebieter fiel der Mimikry auf den Boden, wo er schrie und zappelte, als stünde er in Flammen. Schließlich blieb er leblos liegen, ein geschmolzener Haufen Krallen und Schuppen.

    Durch ein lautes Knacken wurde Leesha wach. Blinzelnd öffnete sie die Augen und sah Jardir, der mit geschlossenen Augen und
heiterem Gesichtsausdruck dalag, während Inevera kräftig an seinem Fuß zog, damit sie den Knochen, der aus seinem Bein ragte, richten konnte.
    Leesha verdrängte ihre eigenen Schmerzen, tastete mit der Hand nach Jardirs Bein und schob den Knochen in den Schnitt zurück, den Inevera gemacht hatte. Wie auch bei Arlen begann sich die Wunde beinahe sofort wieder zu schließen, trotzdem griff Leesha nach einer Nadel und nähte sie mit akkuraten Stichen zu.
    »Das ist nicht nötig«, meinte Inevera, stand auf und ging zum Kadaver des Seelendämons. Sie zog ihr Messer mit den Siegeln und schnitt eines seiner verkümmerten Hörner ab. Mit dem faulig stinkenden, schwarz blutenden Ding kam sie zurück und zog dann einen dünnen Pinsel und eine Flasche aus ihrem Beutel. Entlang der Wundränder malte sie präzise Siegel, und als sie mit dem Horn darüberstrich, fingen sie an zu glühen und der Schnitt schloss sich, ohne dass eine

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