Das Flüstern der Nacht
fühlen.
Ein Jammer. Sie hätte sich als nützliches Werkzeug gegen den einen erwiesen, und ihr Geist war köstlich leer, wenn auch gewürzt
mit einem ausgeprägten Zorn. Eine Mahlzeit, die es wert war, aufgespürt zu werden, wenn er den Geist des einen verzehrt hatte.
»Vor uns ist schon wieder ein Baumdämon«, seufzte der Tätowierte Mann, als sich das vielleicht achte Exemplar dieser Gattung in Sichtweite hangelte. Dieser war größer als die meisten, fast schon zu schwer, um noch von den Ästen getragen zu werden. Er glich eher einem Felsendämon.
»Darf ich es mit diesem versuchen?«, fragte Renna.
Der Tätowierte Mann schüttelte den Kopf. Er schaute sich nach ihr um, doch er brauchte eine Weile, um sie zu entdecken. Der Tarnumhang machte ihn immer noch schwindelig, und seine Blicke glitten leicht von ihm ab, ohne ihn wahrzunehmen, wenn er sich nicht bewusst darauf konzentrierte.
»Sobald wir das Versteck erreichen, musst du unbedingt schlafen«, erklärte er. »Und das kannst du nicht, wenn du dich mit Magie vollgesogen hast.«
»Und was ist mit dir?«
»Heute Nacht bin ich mit den Siegeln beschäftigt. Ich schlafe, wenn wir wieder im Tal sind«, fügte er hinzu, während er aus dem Augenwinkel den Dämon beobachtete, um zu sehen, wo er ihnen auflauerte.
Aber der Baumdämon wartete nicht darauf, dass sie vorbeigingen. Er holte Schwung und griff ihn von vorne an. Das kam unverhofft, doch dem Tätowierten Mann blieb trotzdem Zeit genug, um zur Seite zu springen, nach der Pranke zu greifen, die sich ihm entgegenstreckte, sie zu verdrehen und die Kraft des Horclings umzulenken.
Aber er musste sich bezüglich der Länge des Arms verschätzt haben, denn aus irgendeinem Grund bekam er die Pranke nicht zu
fassen; stattdessen schlugen die Krallen nach seinem Bein, das durch das Gewand verhüllt war, und er wurde von den Füßen gerissen. Beide fielen zu Boden; der Horcling rollte sich ab, und sie kamen gleichzeitig wieder hoch.
Sobald sie sich gegenüberstanden, wusste der Tätowierte Mann, dass dieser Dämon irgendwie anders war. Die Bestie umkreiste ihn geduldig und wartete auf eine Gelegenheit zum Angriff. Ein paarmal senkte der Tätowierte Mann den Blick oder tat so, als würde er sich abwenden, um einen Kampf zu provozieren. Doch anstatt auf die Finte hereinzufallen, beobachtete der Horcling ihn voll gespannter Aufmerksamkeit.
»Das ist ja ein ganz schlauer«, murmelte er.
»Brauchst du Hilfe?«, rief Renna und griff nach ihrem Messer.
Der Tätowierte Mann lachte. »Das wäre wie ein frostiger Tag im Horc, wenn ich Hilfe brauchte, um einen einzelnen Baumdämon zu töten!« Er senkte die Hand, um seine Kutte zu öffnen.
Doch bevor er die Bänder lösen konnte, stürzte sich der Horcling auf ihn und warf ihn um. Der Tätowierte Mann fiel auf den Rücken, trat nach der Kreatur und traf ihn mit einer Wucht, die nicht einmal Schattentänzer hätte aufbringen können; doch plötzlich verwandelten sich die Arme des Dämons in die Tentakel eines Seedämons und wickelten sich um ihn. Ihre scharfe, hornige Oberfläche grub sich in seine Haut, während die Saugnäpfe sich an sein Gewand hefteten, es festhielten und verhinderten, dass die Siegel entblößt wurden. Vor seinen Augen wuchs der Rachen des Dämons an und wurde so groß wie der Schlund eines Uferdämons, in den sein Kopf mitsamt den Schultern hineingepasst hätte.
Der Tätowierte Mann schlug mit seinem Kopf zu und das Schädeldach mit dem Schlagsiegel traf den Unterkiefer des Dämons. Es gab einen grellen Blitz und der Dämon stieß ein Geheul aus, als ein paar seiner Zähne zersplitterten; doch er hatte noch mehrere Hundert Zähne und sein Griff lockerte sich nicht. Beim Zuschlagen
hatte der Tätowierte Mann den Atem scharf ausgeblasen, und nun merkte er, dass er nicht mehr einatmen konnte.
Mit dem letzten Rest Luft in seinen Lungen stieß er einen gellenden Pfiff aus; Schattentänzer warf seinen mächtigen Kopf hoch, riss Renna die Zügel aus der Hand und preschte mit gesenkten Hörnern heran. In einer Fontäne aus schwarzem Blut und Magie bohrten sich die Dorne in die Schulter des Dämons; die Kreatur kreischte in höchsten Tönen und lockerte endlich ihre Tentakel. Nach Luft ringend, rollte der Tätowierte Mann sich zur Seite.
Der Dämon schmolz von den Dornen weg, um gleich darauf wieder zu wachsen; seine Panzerung veränderte sich und wechselte die Farbe, als er sich in einen Felsendämon verwandelte. Mit einem Rückhandschlag traf er den
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