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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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war ein Risiko eingegangen, als er den Menschen einen weiteren Zyklus lang am Leben ließ, aber der Seelendämon hatte dieses Wagnis bewusst einkalkuliert, weil er erfahren wollte, wie der eine in den Besitz von Kräften gelangt war, die seit langem unter Verschluss gehalten wurden. Der eine tötete allnächtlich Drohnen, aber das war genauso unbedeutend wie die Waffen, die er
verteilte. Er war keiner, der die Menschen dazu aufrief, sich zusammenzuschließen; das tat nur das gefährliche Individuum im Süden.
    Doch es stand in seiner Macht, andere zu einen. Er brauchte nur zu rufen und die menschlichen Drohnen würden sich um ihn scharen. Und wenn das passierte, war der Stock in Gefahr.
    Und nun kehrte er mit großer Entschlossenheit zu den Brutstätten der Menschen zurück. Der Horcling-Prinz war davon überzeugt, dass er dann die menschlichen Drohnen zu sich rufen und eine Einigung herbeiführen würde. Das konnte nicht geduldet werden.
    Der Seelendämon verbrachte den Rest der ersten Nacht damit, den einen zu verfolgen. Kurz vor Anbruch der Morgendämmerung gelangte er an den Fluss, und als seine Beute in Sicht kam, stieß er ein Zischen aus. Bald würde die Sonne aufgehen, und dann konnte er nichts mehr unternehmen, aber in der kommenden Nacht würde er die beiden Menschen schnell wiederfinden.
    Der Mimikry landete sachte am Ufer und bückte sich tief hinunter, damit der Horcling-Prinz absitzen konnte. Als sie anfingen ihre stoffliche Gestalt zu verlieren, knurrte der Mimikry leise, denn er spürte die Erregung seines Gebieters, der sich auf das Töten freute.

    Als die Sonne aufging, ritten Renna und Arlen weiter; wenige Stunden später passierten sie eine Abzweigung von der Straße, die mit einem alten Wegweiser markiert war.
    »Halten wir in der Stadt nicht an?«, fragte Renna.
    Arlen war verblüfft. »Du kannst lesen?«
    »Natürlich nicht. Ich muss nicht lesen können, um zu wissen, was ein Schild an der Straße bedeutet.«

    »Recht hast du«, erwiderte Arlen. Sie konnte fühlen, wie er unter seiner Kapuze grinste. »Wir können jetzt keine Zeit in irgendwelchen Städten vertrödeln. Ich muss schleunigst ins Tal zurück.«
    »Warum?«
    Arlen sah sie eine geraume Weile nachdenklich an. »Eine Freundin ist in Schwierigkeiten«, antwortete er schließlich. »Und ich glaube, ich bin daran nicht ganz unschuldig. Ich bin viel zu lange fortgeblieben.«
    Renna hatte das Gefühl, als griffe eine eiskalte Hand nach ihrem Herzen. »Welche Freundin? Wer ist sie?«
    »Sie heißt Leesha Papiermacher und ist Kräutersammlerin im Tal des Erlösers.«
    Renna schluckte. »Ist sie hübsch?« Sie verwünschte sich, kaum dass die Worte ihr entschlüpft waren.
    Arlen wandte ihr wieder sein Gesicht zu und sah sie halb ärgerlich, halb belustigt an. »Wieso kommt es mir gerade so vor, als wären wir immer noch zehn Sommer alt?«
    Renna lächelte. »Weil ich nicht zu den Leuten gehöre, die dich als den Erlöser sehen. Sie haben nicht deinen Blick gesehen, als du mit Beni auf dem Heuboden Bussi-Bussi gespielt hast und eure Zähne aufeinander geprallt sind.«
    »Du konntest besser küssen«, gab Arlen zu. Sie schlang ihre Arme fester um seine Taille, doch er bewegte sich, als sei ihm die Berührung unangenehm.
    »Bald entfernen wir uns von der Straße«, erklärte er. »Momentan sind zu viele Leute unterwegs. Ich kenne einen Pfad, der uns zu einem meiner Verstecke führt, in denen ich Waffen und Vorräte aufbewahre. Von dort aus können wir auf einer Furt den Angiers-Fluss überqueren, dann sind wir in ein paar Tagen im Tal.«
    Renna nickte und schluckte ein Gähnen herunter. Nachdem sie den Uferdämon getötet hatte, war sie mit Energie vollgepumpt gewesen, aber wie immer flaute diese zusätzliche Kraft mit dem Aufgehen
der Sonne ab. Eine Weile döste sie im Sattel vor sich hin, bis Arlen sie sanft wach schüttelte.
    »Steig lieber vom Pferd und zieh dir den Umhang über«, riet er. »Es wird dunkel, und bis zu meinem Versteck sind es noch ein paar Stunden.«
    Renna nickte und er zügelte Schattentänzer. Sie befanden sich in einem dünn bewaldeten Gebiet mit hohen Nadelbäumen, die so weit voneinander entfernt standen, dass sie beide neben dem Pferd herlaufen konnten. Sie rutschte aus dem Sattel und ihre Sandalen knirschten, als sie den Waldboden berührten.
    Sie griff in ihre Tasche und zog den Tarnumhang heraus. »Ich hasse es, dieses Ding zu tragen.«
    »Das ist mir egal«, erwiderte Arlen. »Auf dieser Seite des Grenzflusses

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