Das Flüstern der Nacht
gewordenen Bauch. Der Erste Krieger sollte den Sturmtrupp im alagai’sharak anführen und die Männer zu glorreichen Taten beflügeln, und nicht den Krieg aus der Sicherheit seiner Palastmauern heraus lenken.
Doch trotz allem galt, solange er den weißen Turban trug, war in der Nacht sein Wille ein unumstößliches Gesetz.
Dama Ashan, der Geistliche seiner Einheit, und seine Leutnants, Hasik und Shanjat, warteten draußen vor dem Palast des Sharum Ka , um Jardir zum Kaji-Pavillon zurückzubegleiten. Er war nur ein kai’Sharum , aber von eifersüchtigen Rivalen hatte es bereits Anschläge auf sein Leben gegeben, und sogar innerhalb seines eigenen Stammes hatte er Feinde. Der Sharum Ka konnte nicht ewig leben, und da der Andrah von den Kaji abstammte, war es so gut wie sicher, dass einer der Kaji- kai’Sharum gewählt würde, um seinen Platz einzunehmen. Jardir stand vielen älteren kai’Sharum im Weg, die sich einen Aufstieg zum Andrah erhofften.
Die drei Männer waren ständig in seiner Nähe, seit Inevera Ehen zwischen ihnen und Jardirs Schwestern arrangiert hatte. Imisandre, Hoshvah und Hanya hatten Lumpen getragen, als Jardir vor drei Jahren den Sharik Hora verlassen hatte, doch nun waren sie die Jiwah Ka seiner zuverlässigsten Leutnants, und die Kinder, die aus diesen Ehen hervorgegangen waren, trugen zusätzlich zur Stärkung ihrer Loyalität bei.
»Unsere Befehle?«, erkundigte sich Shanjat.
»Zehnte Ebene«, gab Jardir kurz angebunden zurück.
Hasik spuckte aus. »Der Sharum Ka beleidigt dich!«, schrie er und schüttelte eine Faust.
»Beruhige dich, Hasik«, redete Jardir leise auf ihn ein, und sofort kühlte sich der stattliche Krieger ab. »Umarme die Kränkung, dann gleitet sie an dir ab und du vermagst Everams Weg zu erkennen.«
Hasik nickte und ging hinter Jardir her, als der sich von dem Palast entfernte. Vor drei Jahren war Hasik als ein völlig anderer Mann aus dem dama’ting -Pavillon zurückgekehrt. Zwar gehörte er immer noch zu den wildesten Kriegern der Kaji, aber wie ein gezähmter Wolf war er Jardir nun treu ergeben - für ihn die einzige Möglichkeit, nach dieser demütigenden Niederlage seine Ehre zu retten.
»Der Sharum Ka fürchtet dich«, bemerkte Ahsan. »Zu Recht. Wenn du weiterhin so viel Ruhm anhäufst, kann es sein, dass der Andrah es leid wird, seine Truppen von einem schwachen, alten Mann befehligen zu lassen, und dir erlaubt, ihn zu einem Zweikampf herauszufordern.«
»Und wenige Sekunden nachdem er ›Beginnt!‹ gerufen hat, haben wir einen neuen Ersten Krieger«, ergänzte Shanjat.
»Das wird nicht passieren«, widersprach Jardir. »Der Andrah und der Sharum Ka sind alte Freunde. Der Andrah würde seinen loyalen Diener selbst dann nicht verraten, wenn die Damaji ihn dazu aufforderten.«
»Und was sollen wir tun?«, fragte Hasik.
»Du gehst nach Hause zu meiner Schwester und bedankst dich für das Mahl, das sie dir sicher zubereitet hat«, schlug Jardir vor. »Und bei Einbruch der Nacht begeben wir uns in die zehnte Ebene und bitten Everam, er möge uns alagai schicken, damit wir ihnen die Sonne zeigen können.«
Wie immer wartete Inevera auf ihn, als er ihre Unterkunft im Kaji-Palast betrat. Ihr Gewand war heruntergezogen, um eine Brust zu entblößen, an der seine Tochter Anjha saugte. Jardirs Söhne, Jayan und Asome, beides stramme Burschen, klammerten sich an die Falten von Ineveras Robe.
Jardir kniete sich hin, breitete die Arme aus, und die Jungen warfen sich hinein. Sie lachten übermütig, als ihr Vater sie ihn die Höhe hob. Nachdem er sie wieder abgesetzt hatte, rannten sie zu ihrer Mutter zurück. Der Anblick seiner Söhne brachte seine Ausgeglichenheit kurz ins Wanken, ehe er das Gefühl annehmen konnte und seine Ruhe wiederfand. Es ging nicht nur darum, dass der Sharum Ka seinen, Jardirs, Ruf befleckte, sondern er schadete auch diesen beiden Knaben.
»Bekümmert dich etwas, mein Gemahl?«, erkundigte sich Inevera.
»Es ist nichts Wichtiges«, erwiderte Jardir, aber Inevera schnalzte missbilligend mit der Zunge.
»Ich bin deine Jiwah Ka «, erinnerte sie ihn. »Vor mir brauchst du deine Gefühle nicht zu verbergen.«
Jardir sah sie an und ließ seinem Zorn freien Lauf.
»Der Sharum Ka schickt mich heute Nacht in die zehnte Ebene«, fauchte er. »Wie viele Krieger wird er in dieser Nacht verlieren, während seine beste Einheit eine leere Ebene bewacht?«
»Das ist ein gutes Zeichen, mein Gemahl«, fand Inevera. »Es bedeutet, dass der
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