Das Flüstern der Nacht
Sharum Ka dich und deinen Ehrgeiz fürchtet.«
»Und was nützt mir das, wenn er mir die Möglichkeit raubt, meinen Ruhm zu mehren?«
»Das darfst du natürlich nicht zulassen«, pflichtete Inevera ihm bei. »Es ist wichtiger denn je, dass du im Labyrinth Siege erringst. Die Würfel sagen mir, dass der Erste Krieger nicht mehr lange auf dieser Welt weilen wird. Wenn er zu Everam geht, muss dein Erfolg den aller anderen Männer überstrahlen, damit du seinen Platz einnehmen kannst.«
»Und wie soll ich das erreichen, wenn ich mit meinem Speer nur in der leeren Luft herumfuchtele?«, grollte Jardir.
Inevera zuckte die Achseln. »Der Sharak ist dein Leben. Du musst einen Weg finden.«
Jardir brummte etwas in seinen Bart und nickte. Sie hatte natürlich Recht. Es gab Dinge, in denen nicht einmal eine dama’ting einen Rat erteilen konnte.
»Bis zum Sonnenuntergang dauert es noch ein paar Stunden«, bemerkte Inevera. »Ein bisschen Liebe und ein kurzer Schlaf werden deinen Kopf freimachen.«
Jardir lächelte und ging zu ihr. »Ich sage meiner Mutter, sie soll sich um die Kinder kümmern.«
Aber Inevera schüttelte den Kopf und wich ihm aus, als er sie umarmen wollte. »Nicht mit mir«, wehrte sie ab. »Die Würfel sagen, dass Everalia reif ist, ein Kind zu empfangen. Wenn du sie mit viel Kraft von hinten nimmst, wird sie dir einen starken Sohn gebären.«
Jardir blickte finster drein. Everalia war seine dritte Frau. Inevera hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sie ihm vor dem Gelöbnis zu zeigen, sondern ihm lediglich erklärt, sie hätte die Jiwah Sen wegen ihres breiten Beckens und der Voraussage der alagai hora ausgesucht, und nicht aufgrund ihrer Schönheit.
»Immer bestimmen nur die Würfel!«, brauste Jardir auf. »Ich möchte ein einziges Mal die Frau beschlafen, auf die ich Lust habe!«
Inevera hob und senkte die Schultern. »Dann nimm Thalaja, wenn du sie bevorzugst«, empfahl sie ihm seine hübschere zweite Gemahlin. »Sie ist ebenfalls reif. Ich dachte nur, noch ein Sohn wäre dir lieber als eine weitere Tochter.«
Jardir runzelte die Stirn. Er wollte Inevera, aber wie Khevat ihn gewarnt hatte, war sie eine dama’ting , und obwohl er mit ihr verheiratet war, konnte er sie nicht einfach nehmen, wie er es mit jeder anderen Frau getan hätte. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas zu sagen.
Warf sie wirklich für alles und jedes die Würfel? Manchmal argwöhnte er, Inevera würde nur behaupten, dass sie es täte, um ihn unter diesem Vorwand in die Richtung zu lenken, die sie wünschte; aber bis jetzt hatte sie sich noch nie geirrt, und es stimmte, dass er mehr Söhne brauchte, wenn er die Blutlinie des Jardir fortsetzen und seinem Haus die frühere Macht und Größe wiedergeben wollte.
Spielte es überhaupt eine Rolle, welche Frau er beschlief? Von hinten sah Everalia einigermaßen passabel aus.
Also streifte er seine Gewänder ab und steuerte auf das Schlafgemach zu.
Sie warteten.
Während Kampfgeräusche durch die äußeren Ebenen hallten und oben am Himmel Winddämonen kreischten, warteten sie.
Während andere Männer ruhmreich und ehrenvoll zu Everam heimgingen, warteten sie.
»Keine alagai in Sicht«, meldete Shanjat und bestätigte den nie’Sharum auf der Mauer, dass ihr Signal empfangen worden war.
»Es werden auch keine in Sicht kommen«, brummte Hasik, und durch Jardirs Männer ging ein zustimmendes Grollen. Fünfzig der besten Kaji-Krieger kauerten mit ihnen in dem Hinterhalt. Eine Verschwendung.
»Wenn wir uns den anderen Einheiten anschließen, können wir immer noch Ruhm und Ehre erlangen«, schlug Jurim vor.
Jardir wusste, dass er diesen Gedanken im Keim ersticken musste, ehe er bei den anderen Männern auf fruchtbaren Boden fallen konnte. Er rammte Jurim seinen Speer zwischen die Augen und schlug ihn nieder.
»Ich werde eigenhändig jeden aufspießen, der seinen Posten ohne meinen Befehl verlässt!«, donnerte er. Die anderen nickten,
während Jurim taumelnd auf die Beine kam und sich sein blutüberströmtes Gesicht hielt.
Jardir musterte die Männer, die tüchtigsten dal’Sharum die der Wüstenspeer zu bieten hatte, und er schämte sich zutiefst. Die Eifersucht des Sharum Ka richtete sich gegen ihn, aber seine Männer waren es, die darunter leiden mussten. Männer, gezeugt und geboren, um alagai zu töten, wurden von einem alten Mann, der fürchtete, seine Macht zu verlieren, von ihrer Bestimmung ferngehalten. Nicht zum ersten Mal stellte sich
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