Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
Kampf zog.

    »Mein Gemahl«, flüsterte Inevera und berührte seinen Arm. »Wenn der chin wie ein Sharum im Labyrinth kämpfen will, braucht er eine Weissagung.«
    Kein Wunder, dass sie ihn begleitet hatte. Sie wusste, dass dies kein gewöhnlicher Mann war, und für eine echte Prophezeiung benötigte sie sein Blut. Jardir kniff die Augen zusammen und fragte sich, was sie ihm verheimlichte, aber sie bot ihm einen Ausweg aus einer schwierigen Situation, und er wäre ein Narr, wenn er diese Möglichkeit nicht ergriffe. Er richtete das Wort an Abban, der immer noch im Staub kauerte.
    »Sage dem chin , die dama’ting wird die Knöchelchen für ihn werfen. Wenn das Urteil günstig ausfällt, darf er kämpfen.«
    Abban nickte, wandte sich an den Fremden und fing an, in dem harten Zungenschlag des Nordens zu sprechen. Ein Anflug von Gereiztheit huschte über das Gesicht des chin - ein Gefühl, das Jardir nur allzu gut kannte, denn mehr als sein halbes Leben lang war er ein Sklave der alagai hora gewesen. Zwischen den beiden entspann sich ein Wortwechsel, ehe der chin auf die Zähne biss und zum Zeichen seines Einverständnisses nickte.
    »Für die Weissagung nehme ich ihn in den Palast mit«, erklärte Inevera.
    Jardir nickte. »Während des Rituals bleibe ich bei dir, zu deinem eigenen Schutz.«
    »Das ist nicht nötig«, lehnte sie ab. »Kein Mann würde es wagen, eine dama’ting anzugreifen.«
    »Kein krasianischer Mann«, berichtigte Jardir. »Wer weiß schon, wozu diese Barbaren aus dem Norden imstande sind?« Er lächelte hinterhältig. »Ich will nicht riskieren, dass deine unerschütterliche Tugend befleckt wird, indem ich dich mit ihm allein lasse.«
    Jardir wusste, dass sie unter dem Schleier wütend die Zähne bleckte, doch das kümmerte ihn nicht. Was auch immer zwischen ihr und dem Nordländer vorgehen mochte, er war fest entschlossen, alles zu beobachten. Er gab Hasik und Ashan ein Zeichen,
dass sie ihnen in den Palast folgen sollten, denn falls sie doch noch beabsichtigte, ihn von der Sitzung mit den alagai hora auszuschließen, so würde sie sich hüten, ihn im Beisein zweier so bedeutender Zeugen abzuweisen. Abban wurde mitgeschleppt, obwohl er mit seiner Anwesenheit den Boden des Palastes beschmutzte. Man würde ihn mit Blut waschen müssen, um die Schmach zu tilgen.
    Bald befanden sich Jardir, Inevera und der chin allein in einem abgedunkelten Raum. Jardir sah den Fremden an. »Strecke deinen Arm aus, Arlen, Sohn des Jeph«, befahl er.
    Der chin erwiderte nur neugierig seinen Blick.
    Jardir streckte seinen eigenen Arm von sich weg, tat so, als würde er ihn leicht einritzen und hielt ihn dann über die alagai hora .
    Der chin krauste die Stirn, doch ohne zu zögern krempelte er seinen Ärmel auf, trat vor und hielt Inevera seinen Arm entgegen.
    Er ist tapferer, als ich es beim ersten Mal war, dachte Jardir.
    Inevera führte den Schnitt aus, und kurz darauf glühten die Würfel in ihrer Hand in einem wilden Feuer. Der chin bekam große Augen und beobachtete alles wie gebannt. Sie warf die Würfel, und hastig überflog Jardir das Resultat. Er verfügte nicht über die Ausbildung einer dama’ting , aber durch seinen Unterricht im Sharik Hora kannte er viele der Symbole auf den Würfeln. Jeder Dämonenknochen besaß nur ein einziges Siegel, ein Siegel der Weissagung. Die anderen Symbole besaßen lediglich die Bedeutung von Worten. Diese Worte und ihr Muster erzählten, was in der Zukunft geschehen würde … oder was zumindest geschehen könnte .
    In dem Durcheinander erkannte Jardir gerade noch die Symbole für Sharum, dama und »Erster«, bevor Inevera die Knöchelchen mit flinken Fingern wieder einsammelte. Shar’Dama Ka. Was hatte das zu bedeuten? Ein chin konnte doch unmöglich der Erlöser sein. Bestand vielleicht zwischen ihm und Jardir eine Verbindung?

    Zu seiner Überraschung schüttelte Inevera die Würfel und warf sie ein zweites Mal; seit jener ersten Nacht im Labyrinth hatte er nie wieder gesehen, dass sie oder auch eine andere dama’ting die Würfel mehr als einmal befragte. Nach außen hin war Inevera ganz die beherrschte dama’ting , aber die Tatsache, dass sie das Werfen der alagai hora wiederholte, verriet ihm, wie betroffen sie war.
    Sogar ein drittes Mal warf sie die Knöchelchen.
    Was immer sie sieht, dachte Jardir, sie will sich ganz sicher sein und jeden Irrtum ausschließen.
    Er musterte den Fremden, doch obwohl der die Vorgänge mit großer Aufmerksamkeit verfolgte, merkte man

Weitere Kostenlose Bücher