Das Flüstern der Toten (German Edition)
der Böse?«
»Lach du nur, Onkel Bob«, sagte ich und schlürfte geräuschvoll meine Cola. »Wart’s ab, bis sich einer von uns über das Feld schleichen muss. Dann wirst du meine Vorsicht zu schätzen wissen.«
In diesem Augenblick beschloss Garrett, sich einzumischen. »Ich schätze Ihre Vorsicht«, sagte er und klang irgendwie abgelenkt. »Nicht so sehr wie Ihren Vorbau, aber … «
Ich drehte mich um und sah ihn an. »Ich habe Namen für meinen Vorbau, wie Sie so einfallslos zu formulieren belieben.« Damit deutete ich auf meine rechte Brust. »Das ist Danger.« Dann auf die linke. »Und das Will Robinson. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie entsprechend titulieren würden.«
Nach einer langen Unterbrechung, die er nutzte, um mehrmals zu blinzeln, fragte er: »Sie haben Ihren Brüsten Namen gegeben?«
Ich kehrte ihm achselzuckend den Rücken zu. »Meinen Eierstöcken auch, aber die sieht man nicht so häufig. Ist dir schon mal der Gedanke gekommen«, wandte ich mich an Onkel Bob, »dass dieser Einsatz schon nutzlos war, als Carlos Rivera gefoltert wurde? Wenn diese Typen nicht dumm wie Brot sind, haben sie sämtliches Belastungsmaterial beiseitegeschafft, als sie dahinterkamen, was Rivera gemacht hatte.«
»Stimmt«, nickte Onkel Bob. »Aber wir können nur auf eine Art sichergehen.«
»Warum beschaffst du dir nicht einfach einen Durchsuchungsbeschluss, stellst eine kleine Armee auf und stürmst den Laden da drüben?«
»Mit welcher stichhaltigen Begründung? Man kriegt keinen Durchsuchungsbeschluss aufgrund anonymer Hinweise, Kürbiskopf. Wir brauchen den Datenstick.«
Ein Punkt für ihn. Kein sonderlich überzeugender, aber immerhin ein Punkt. Außerdem hatte er mich Kürbiskopf genannt. Als Antwort darauf schlürfte ich so laut, wie es mir kinästhetisch möglich war. Uns wäre geholfen gewesen, wenn wir gewusst hätten, wonach wir eigentlich suchten. Mit einem vernehmlichen Seufzer unterstrich ich meine Ungeduld Schrägstrich Langeweile. Langeweile gehörte zu Beschattungen unbedingt dazu. Als Liebhaberin sarkastischer Kommentare hielt ich es jedoch für meine Bürgerpflicht, für Kurzweil zu sorgen. Also seufzte ich noch mal.
»Leiste doch Taft ein bisschen Gesellschaft«, schlug Onkel Bob hinter seinem Fernglas vor.
»Geht nicht.«
Er setzte das Fernglas ab. »Wieso nicht?«
»Weil ich ihn nicht ausstehen kann.«
»Das passt schon. Er kann dich bestimmt auch nicht ausstehen.«
»Außerdem«, sagte ich, meinen undankbaren Onkel kurzfristig ignorierend, »läuft ihm die ganze Zeit dieser Satansbraten hinterher, weißt du noch?« Dann fiel der Groschen. »Er kann mich nicht leiden?«
Ubie wackelte mit den Augenbrauen.
»Was habe ich ihm denn getan?« Ich funkelte Tafts dämliches Auto an. »Blöder Wichser. Soll er doch sehen, wie er klarkommt, wenn sich die Teufelsgöre blicken lässt.«
Hinter mir summte es elektrisch, als Garrett das Seitenfenster senkte. »Da tut sich was.«
Jetzt blickten wir alle zum Lagerhaus, wo ein vertikaler Lichtstrahl aufflammte. Dann gingen die schweren Türen auf, Licht fiel auf einen wartenden Lieferwagen. Der Wagen rollte in den Schuppen, die Türen schlossen sich wieder.
»So lösen wir den Fall nie, und Mark Weir wird im Knast vergreisen. Diese Beschattung ist scheiße«, moserte ich in mein kalorienarmes Getränk. »Wir sehen nichts. Wir müssen näher ran.«
»Setz deine Leute in Marsch«, sagte Onkel Bob.
»Ich hab niemanden dabei.«
»Was?« Jetzt kriegte er Panik. »Was ist mit Angel?«
Ich zuckte die Achseln. »Hab den kleinen Scheißer seit Tagen nicht gesehen. Was meinst du, warum ich mich so angezogen habe? Obwohl Fettschminke mir den Teint ruiniert.«
»Ich lasse dich bestimmt nicht da rüber, Charlotte Jean Davidson.«
Oh-oh. Ubie schien es mehr als ernst zu meinen. Ich ließ ihm zwei Minuten Zeit. Siebenundsechzig Sekunden und drei ausgiebig schlürfende Schlucke später hatte er seine Meinung geändert.
»Also gut«, sagte er schwer atmend.
Endlich.
»Mach, was du willst.«
Ich wusste, er würde nachgeben.
»Aber sei, um Himmels willen, vorsichtig. Dein Vater macht mich einen Kopf kürzer, wenn dir was zustößt.«
Er gab mir ein Funkgerät, im Gegenzug drückte ich ihm meine Cola in die Hand. »Halt mir den Rücken frei«, ermahnte ich ihn.
»Lass du dich nicht erwischen.« Damit wandte er sich Garrett zu. »Passen Sie gut auf sie auf.«
»Was?«, quiekte ich ins Funkgerät. Mich mitten beim Soundcheck so zu erschrecken!
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