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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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blickte mir von unten entgegen – ohne dass ich sein Gesicht erkennen konnte. Ich wollte meinen Sturz abfangen, unterbrechen, in der Luft schweben, um besser sehen zu können. Doch die Schwerkraft bestand darauf, dass ich meinen Absturz fortsetzte. Dann kam mir irgendwo in den dunklen, unheimlichen – oder irrsinnigen, wie manche sagen würden – Winkeln meines Geistes die Erinnerung an die Worte, die er mir am Tag meiner Geburt zugeflüstert hatte. Mein Verstand wehrte sich gegen den Gedanken, da der Name, den er mir zugeflüstert hatte, nicht mein eigener gewesen war. Er hatte mich Dutch genannt. Am Tag meiner Geburt. Woher hatte er das wissen können?
    Während ich damit beschäftigt war, an meinen ersten Tag auf Erden zu denken, vergaß ich, dass ich dem Tod entgegenstürzte. Verfluchtes ADS. Es fiel mir allerdings ziemlich abrupt wieder ein, als der Sturz endete. Ich prallte hart auf, die Luft entwich meinen Lungen, trotzdem blickte er noch zu mir hoch. Was bedeutete, dass ich nicht auf dem Boden aufgeschlagen war. Ich lag auf etwas anderem, auf einem Eisenrost.
    In meinem Unterleib explodierte ein brennender Schmerz und breitete sich mit der Wucht einer atomaren Detonation aus, so schneidend, so bestürzend durchdringend, dass mir die Luft wegblieb und schwarz vor Augen wurde. Ich hatte das Gefühl, mich zu verflüssigen und durch den Rost zu sickern. Als sich mein Bewusstsein langsam verdunkelte, sah ich ihn wieder, wie er sich über mich beugte und mich in Augenschein nahm.
    Ich gab mir alle Mühe, mich zu konzentrieren, den Schmerz auszublenden, der mir das Wasser in die Augen trieb und meinen Blick trübte. Doch mir lief die Zeit davon, und bevor ich so weit war, wurde es schwarz um mich. Von den Wänden des verwaisten Lagerhauses hallte ein unmenschliches Grollen wider – wütend und schmerzerfüllt – und erschütterte die Wellblechkonstruktion, bis sie in meinen Ohren summte wie eine Stimmgabel.
    Ohne dass ich seine Stimme hätte hören können.
    Mir kam es vor, als käme ich in derselben Sekunde wieder zu mir. Trotzdem schien sich alles verändert zu haben. Immerhin atmete ich und war bei Sinnen. Erstaunlich, aber das alte Sprichwort stimmte: Nicht der Sturz tötet, sondern der Aufprall.
    Ich versuchte die Augen aufzubekommen. Und scheiterte. Entweder war ich noch nicht ganz da, oder Garrett hatte eine Tube Sekundenkleber gefunden und rächte sich nun für die Sache mit dem Salsa. Während ich mich geduldete, bis meine Augenlider kapierten, was ich von ihnen erwartete, hörte ich, wie er irgendwas ins Funkgerät plapperte, bei dem es darum ging, dass ich einen Puls hatte. Was immer erfreulich ist. Seine Finger lagen an meinem Hals.
    »Ich komme«, plärrte Onkel Bob atemlos aus dem Funkgerät. Als Nächstes hörte ich Schritte auf Eisenstufen und im Hintergrund Sirenen.
    Garrett hatte anscheinend mitbekommen, dass ich wach war. »Hey, Detective«, wandte er sich an Onkel Bob, der über den Metallrost auf uns zugetrabt kam. »Ich glaube, wir verlieren Sie, mir bleibt nichts anderes übrig als Mund-zu-Mund-Beatmung.«
    »Unterstehen Sie sich«, sagte ich mit geschlossenen Lidern.
    Er lachte leise vor sich hin.
    »Herrgott, Charley«, ließ sich Onkel Bob keuchend vernehmen. Er klang eher besorgt als wütend. Vielleicht half das Gummiband an seinem Handgelenk ja doch. »Was war denn?«
    »Ich bin gestürzt.«
    »Sag bloß.«
    »Jemand hat mich geschlagen.«
    »Schon wieder? Ich wusste gar nicht, dass wir die Charley-Davidson-Vertrimm-Woche haben.«
    »Kriegen wir da einen Tag frei?«, erkundigte sich Garrett. Onkel Bob hatte ihn wohl mit seinem berühmten bösen Blick bedacht, denn Garrett sprang jetzt auf und sagte: »Okay, ich kümmere mich darum.« Damit verschwand er, vermutlich in der Absicht, meinen Angreifer ausfindig zu machen.
    Die Sirenen kamen näher, dann hörte ich unter mir Männer herumlaufen.
    »Hast du dir was gebrochen?« Onkel Bobs Stimme klang nun deutlich freundlicher.
    »Meine Augenlider, glaube ich, ich krieg sie nicht auf.«
    Er gluckste leise. »Bei jedem anderen würde ich sagen, dass man sich die Augenlider nicht brechen kann. Aber bei dir … «
    Auf meinem Gesicht breitete sich ein schwächliches Grinsen aus. »Ich bin also, äh, was Besonderes?«
    Er schnaubte und tastete mich behutsam nach gebrochenen Knochen ab. »Besonders würde es nicht mal annähernd treffen, Kleines.«
    Wunder gibt es immer wieder. Ich hielt mich für den lebenden Beweis. Nach einem solchen Sturz

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