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Das Flüstern der Toten (German Edition)

Das Flüstern der Toten (German Edition)

Titel: Das Flüstern der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darynda Jones
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Blickes auf mich. Sein Zorn, kompakt und greifbar, heiß und erbarmungslos, überflutete mich und benahm mir den Atem.
    In einem Sekundenbruchteil durchtrennte der Böse Herschels Rückgrat. Das wusste ich, weil er so etwas schon mal getan hatte. Doch im selben Moment drang die Spitze seiner Silberklinge in meine Seite ein. Als ich begriff, dass die Klinge des Bösen mich geritzt hatte, prallte Herschel zurück und krachte mit solcher Wucht gegen die Fahrstuhltür, dass es das ganze Gebäude erschütterte.
    Als Nächstes wandte sich der Böse mir zu, sein Gewand und seine Aura verschmolzen zu einer schwarzen wallenden Masse, in der die Klinge verschwand. Erst da merkte ich, dass ich fiel. Die Welt kippte unter mir weg, als sich auch schon Arme um meine Taille schlossen, und da sah ich zum ersten Mal das Gesicht unter der Kapuze
    Es gehörte Reyes Alexander Farrow.
    Mein Vater reichte mir eine Tasse heiße Schokolade, als wir zusammen vor der Bar an seinen SUV gelehnt standen. Er hatte mir seine Jacke umgelegt, da meine noch Bestandteil der Ermittlungen am Tatort war. Ich verschwand fast unter dem Ding. Was mich überraschte, weil mein Dad so ein Schmalhans war. Die Ärmel hingen mir bis auf die Knie. Doch Dad rollte sie in seiner unendlichen Güte nacheinander auf, wobei er mir die heiße Tasse jeweils in die andere Hand drückte.
    In der Bar kam quietschend der Fahrstuhl zum Stehen, und die Sanitäter brachten Herschel heraus. Mit angehaltenem Atem sah ich zu, wie sie ihn in ihren Rettungswagen schoben und die Türen zuschlugen. Das war der Mann, der schon in einer anderen Bar auf mich eingeschlagen hatte. Derselbe, der seine Frau regelmäßig mit Schlägen gefügig gemacht hatte. Und der gerade mit hasserfülltem Blick eine Schusswaffe auf mich gerichtet hatte. Er war anscheinend dahintergekommen, dass seine Frau ihn sitzen gelassen hatte, hatte zwei und zwei zusammengezählt und sich an meine Fersen geheftet, um sich zu rächen. Und womöglich sogar, um ihren Aufenthaltsort aus mir rauszukriegen.
    Und nun würde er für den Rest seines Lebens gelähmt sein. Ich hätte mich deshalb mies fühlen sollen. Ein normaler Mensch würde sich deshalb mies fühlen. Nur ein Ungeheuer delektiert sich an Qual und Leid. War ich wirklich so anders als der Böse? Als Reyes?
    Mein Herz setzte aus, als mir der Gedanke durch den Kopf ging, dass der Böse und Reyes dasselbe Wesen waren. Dasselbe zerstörerische Geschöpf. Er musste auch der Schemen sein, den ich gesehen hatte. Der Schemen, der Große Böse und Reyes waren also eins. Die unheilige Dreifaltigkeit. Warum nur musste er dabei so verdammt scharf sein?
    Unwillkürlich fasste ich an die Stelle, wo die Klinge eingedrungen war, und staunte über die unverletzte Haut und dass kein Blutfleck meinen Pulli verunzierte. Der Böse führte seine Klinge von innen nach außen. Er hatte mich gestochen, aber nicht tief, und nur ein Kernspin würde den tatsächlich angerichteten Schaden offenbaren.
    Da ich nicht das Gefühl hatte, innerlich zu bluten, beschloss ich, der Notaufnahme vorläufig keinen Besuch abzustatten, da man mich dort wohl eher in die Klapse als zu einem Chirurgen bringen würde.
    »Hier ist die Kugel«, wandte sich ein Polizist an Onkel Bob und hielt ihm einen verschlossenen Beweismittelbeutel unter die Nase. »Sie steckte in der Wand.«
    Wie das? Die Waffe war doch direkt auf mich gerichtet gewesen.
    Cookie schnäuzte sich mal wieder, weil sie nicht darüber hinwegkam, dass ich um ein Haar erschossen worden wäre. Ich klopfte ihr auf die Schulter. Ich spürte, wie aufgewühlt sie war. Sie wollte mit mir schimpfen, mir sagen, ich solle vorsichtiger sein, und mich dann ewig und drei Tage in den Arm nehmen. Doch es sprach für sie, dass sie sich in Gegenwart der vielen Polizisten zusammenriss. Onkel Bob sprach mit Garrett, der, wenn seine Blässe irgendwas besagte, unter Schock stand.
    Er hatte mich auf den Boden gelegt. Reyes. Er hatte mich aufgefangen und auf den Boden gelegt, mir prüfend ins Gesicht geblickt, dann die Stelle in Augenschein genommen, wo er mich mit der Klingenspitze erwischt hatte, und hatte sich dann vor meinen Augen grollend in nichts aufgelöst. Dann war ich zu mir gekommen und hatte Garrett über mir gesehen, der laut auf mich einredete und mir Fragen stellte, die ich nicht verstand. Reyes hatte fühlbare Spuren hinterlassen. Seine Verzweiflung nistete in sämtlichen Molekülen meines Körpers und trat die Rundreise durch meine Blutbahn an. Ich

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