Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
Wieder muss ich Sie bitten, sich präziser auszudrücken. Ich weiß, dass sich hier Interessenvertreter der Regierung, der Irischen Nationalpartei und der Irischen Republikanischen Bruderschaft versammelt haben, doch Sie haben mir noch immer nicht verraten, zu welchem Zweck sich derart unterschiedliche Interessen miteinander verbunden haben.«
    »Einzig zu dem Zweck, dass der Friede gewahrt bleibt. Wir alle unterstützen den Vertrag von Kilmainham, den Premierminister Gladstone und Mr. Parnell geschlossen haben. Es gibt aber gewisse Personen, die nicht bereit sind, sich an die Vereinbarung zu halten, darunter einige Großgrundbesitzer sowie extreme Vertreter der Republikanischen Bewegung, denen der Vertrag von Kilmainham und die Freilassung der Inhaftierten zu moderat erscheint. Zu den heftigsten Kritikern zählen Lord Cowper und sein Staatssekretär, Mr. Forster. Aus diesem Grunde wurden sie gestern von Gladstone ihrer Ämter enthoben.«
    »Welche Rolle spielt mein Bruder dabei?«, wollte Holmes wissen.
    »Ihr Bruder hat uns alarmiert, dass es eine Verschwörung gibt, Irland ins anarchistische Chaos zu stürzen. Er kannte den Namen des Drahtziehers. Als er entführt wurde, war er auf dem Weg zum Trinity College, um sich mit unserem Mittelsmann zu treffen.«
    Holmes beugte sich vor und fragte eindringlich: »Wer hat ihn entführt?«
    »Sind Ihnen die Irish Invincibles, die Unbesieglichen, ein Begriff?«
    »Ich weiß, dass sie sich im vergangenen Jahr formiert haben. Eine Splittergruppe der Irischen Republikanischen Bruderschaft, die Gewalt für ein legitimes Mittel hält.«
    »Es ist nur eine kleine Gruppe«, erklärte der strohblonde Herr zu Maynooths Rechten, als müsse er sich verteidigen. »Sowohl die Irische Republikanische Bruderschaft als auch die Irische Nationalpartei haben sich öffentlich von den Invincibles distanziert.«
    »Wir glauben, dass eine unionistische Interessenvertretung die Invincibles manipuliert«, sagte Lord Maynooth. »Ohne, dass sie es merken natürlich. Sie sollen in Irland für Unruhe und Aufruhr sorgen, den Vertrag von Kilmainham und die Reformen in Frage stellen, Parnell in Verruf bringen – alles, um unsere Hoffnungen auf eine Selbstverwaltung in Irland zunichtezumachen. Die von Mr. Gladstone begründete liberale Regierung würde ebenfalls in Misskredit geraten und letztendlich scheitern. Die Folgen für das Vereinigte Königreich wären verheerend.«
    »Unterstützt die Irische Republikanische Bruderschaft die Strategien, auf die sich Gladstone und Parnell geeinigt haben?«
    »Wir sind Pragmatiker«, erwiderte der Blonde achselzuckend. »Vor fünfzehn Jahren wurde unser Aufstand niedergeschlagen. Die Invincibles sind eine Gefahr für uns, wie sie es auch für alle anderen sind. Jetzt kann uns nur vorwärtsbringen, dass wir Veränderungen der Pachtgesetze erreichen. Das ist ein erster Schritt zur Selbstverwaltung – dem Tag, an dem die irische Nation in der Lage sein wird, ihre Zukunft ohne London zu entscheiden. Wir glauben, dass sich gewisse Personen verschworen haben, um uns in Misskredit zu bringen und Irland in seiner Entwicklung um hundert Jahre zurückzuwerfen, in jene Zeit, als die Strafgesetze noch geltendes Recht waren. Wir wissen, dass der Plan bald in die Tat umgesetzt werden soll.«
    »Warum?«
    »Weil heute Lord Frederick Cavendish, der neue Vizekönig, und sein Staatssekretär, Mr. Burke, in Dublin eintreffen und die jetzige konservative Verwaltung ablösen werden«, erklärte Lord Maynooth.
    Der Mann mit dem dunklen Bart ergriff das Wort: »Mr. Holmes, wir möchten Sie bitten, uns zu helfen, Ihren Bruder zu finden und den Urheber jener Verschwörung zu entlarven, die unser Land ins Chaos stürzen will.«
    Ohne zu zögern antwortete Holmes: »Sie haben meine volle Unterstützung, ebenso die meines Mitarbeiters Dr. Watson. Doch ich brauche Hinweise, meine Herrn …«
    Er brach ab, als es an der Tür klopfte. Der geheimnisvolle »Hauptmann« entschuldigte sich und verließ den Raum. Wir hörten, wie er sich draußen mit jemandem unterhielt.
    Als er wieder eintrat, war er aschfahl. »Zu spät!«, stieß er hervor.
    »Zu spät?«, wiederholte Holmes bestürzt. »Wollen Sie sagen, mein Bruder …?«
    Der Mann starrte ihn verständnislos an. Dann schüttelte er den Kopf und sagte: »Weitaus schlimmer. Meine Herrn, heute Abend wurden Vizekönig Lord Cavendish und Staatssekretär Burke auf dem Weg zur Sommerresidenz des Vizekönigs im Phoenixpark überfallen und erstochen.

Weitere Kostenlose Bücher