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Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition)

Titel: Das Flüstern der verlorenen Seelen: Kriminalgeschichten mit Schwester Fidelma u. a. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Penhallow, seit wann hat Will Keeling hier logiert?«
    »Seit einem Monat, das heißt, eigentlich seit zwei Monaten.«
    »Wisst Ihr, welchen Beruf er ausübte?«
    »Beruf? Er war doch ein Gentleman! Bestimmt hat er nicht gearbeitet. Habt Ihr nicht seine Kleider und seine Juwelen gesehen?«
    »Hat er Euch das erzählt? Dass er ein Gentleman sei?«
    Der Wirt kniff nachdenklich die Augen zusammen. Plötzlich erschien aus dem Halbdunkel im hinteren Bereich des Schankraums eine dunkelhaarige Frau. Vor etwa zwanzig Jahren hatte sie zweifellos große Ähnlichkeit mit dem jungen Mädchen gehabt, dem Drew auf der Treppe begegnet war. In einer Sprache, die Drew nicht kannte, begann sie, auf ihn einzureden. Es hört sich an wie Walisisch, dachte er, aber vermutlich ist es Kornisch.
    »Langsam, gute Frau!«, rief er. »Ich kann Euch nicht verstehen.«
    » Meea navidna cowza Sawsneck
«, sagte die Frau mit resignierter Stimme.
    Ihr Mann herrschte sie an:
» Taw sy!
« Dann lächelte er den Konstabler verlegen an und sagte: »Ihr dürft es meiner Frau nicht übelnehmen, Herr. Sie kommt aus der Grafschaft Kerrier. Zwar versteht sie ein wenig Englisch, kann es aber nicht sprechen.«
    »Was will sie mir also sagen?«
    »Sie hat sich nur beklagt, dass Will Keeling immer so spät einkehrte.«
    »War er gestern Abend lange unterwegs?«
    »Ja.«
    »Wann habt Ihr ihn zum letzen Mal lebend gesehen?«
    »Gestern Mittag. Mein Frau sah ihn allerdings noch, als er heute Nacht zurückkam.«
    Er stellte seiner Frau auf Kornisch einige Fragen, ehe er Drew berichtete: »Sie sagt, er sei gegen Mitternacht zusammen mit einem anderen Herrn eingetroffen. Beide hatten getrunken.«
    Die Frau unterbrach ihn, indem sie mehrmals ein Wort wiederholte, das so ähnlich klang wie
» tervans «
.
    »Was hat sie gerade gesagt?«, wollte Konstabler Drew wissen.
    »Dass sich die beiden Herren heftig gestritten haben.«
    »Wer war denn dieser Freund?«
    Die Eheleute unterhielten sich erneut auf Kornisch. Dann erklärte Penhallow: »Meine Frau sagt, es war ein junger Herr, mit dem Keeling oft zechen ging. Sein Name ist Cavendish.«
    Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf Drews Zügen aus. »Etwa Hal Cavendish?«
    »Jawohl, so heißt er, Konstabler. Ein vornehmer junger Herr. Kennt Ihr ihn vom Hörensagen?«
    »Ja. Die beiden sind also gestern Abend betrunken hierher gekommen und haben sich gestritten. Wisst Ihr, wann Cavendish aufbrach?«
    »Nicht, so lange meine Frau und ich wach waren.«
    »Warum habt Ihr Keeling nicht gesehen, als er kam? Wo ward Ihr?«
    »Ich war … geschäftlich unterwegs.«
    »Geschäftlich?«
    Der Mann zögerte, warf einen Seitenblick auf seine Frau, wie um sich zu vergewissern, dass sie ihn nicht verstand, und nahm den Konstabler beiseite. »Ihr wisst doch, wie das ist«, sagte er einschmeichelnd, »mit Hahnenkämpfen lässt sich der eine oder andere Shilling verdienen…«
    » Kessynsy !«
, stieß seine Frau verächtlich hervor.
    Hardy Drew erriet die Bedeutung des Wortes. »Ihr habt dem Glücksspiel gefrönt, habe ich recht?«
    »Ja, Konstabler, ich gebe es zu.«
    »Also seid Ihr erst spät nach Hause zurückgekehrt. War alles still, als Ihr kamt? Habt Ihr von dem Streit, den Eure Frau erwähnte, noch etwas mitbekommen?«
    »Alles war ruhig, und die Lichter waren gelöscht.«
    »Wie spät war es?«
    »Ungefähr zur Zeit der mittleren Wache. Ich hörte den Nachtwächter oben auf der Brücke rufen.«
    London Bridge war nur wenige Meter entfernt. Drew schätzte, dass es zwischen drei und vier Uhr morgens gewesen war. Er kratzte sich nachdenklich am Kinn und fragte: »Ist Eurer Tochter etwas aufgefallen, ehe sie schlafen ging?«
    Penhallow runzelte die Stirn. »Meiner Tochter?«
    »Das junge Mädchen, dem ich auf der Treppe begegnete. Ich habe zumindest vermutet, dass sie Eure Tochter ist, da sie mich auf Kornisch ansprach.«
    Der Wirt wirkte verärgert. »Ich bitte um Verzeihung, Herr. Ich weiß, dass es sich nicht ziemt, einen Mann Eures Standes in unserem armseligen Dialekt anzureden. Ich werde Tamsyn zurechtweisen.«
    Drew beäugte den Wirt missmutig; er hatte aus den Worten des Mannes kein echtes Bedauern heraushören können. Wie hatte Norden doch geschrieben?«So streitsüchtig sie untereinander auch sind, so eint sie am Ende ein versteckter Neid auf die Engländer, sowie der Wunsch, sich für die Zurückweisung zu rächen, die ihre Ahnen einst erfuhren.« Er musste sich also vor Penhallows gespielter Unterwürfigkeit hüten.

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