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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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wahrnahm, ja überhaupt mit ihm rechnete.

VIER
    Am nächsten Morgen rief er noch zweimal bei Hatto an, erreichte aber auch diesmal nur den Anrufbeantworter. Er schaute auf seine Uhr – wohl wissend, dass es keine Rolle spielte, wie spät es hier, dort oder sonst wo war. Bei den Hattos ging niemand ans Telefon, und Lucas wollte den Grund gar nicht wissen, weil er Ella die schlechte Nachricht nicht überbringen wollte. Das konnte gerne jemand anders übernehmen.
    Er ging zurück zum Auto. Die Sonne brannte schon dermaßen heftig, dass er auf die schattige Straßenseite wechselte und sich durch die Touristen schlängelte. Er gab den Leihwagen zurück und kaufte Tickets für den Zug um zehn. Wenn er die Kinder in Sicherheit bringen wollte, bot sich das Konsulat in Zürich geradezu an. Und wenn es wirklich noch mal Ärger geben sollte, hatte er dort zumindest einen Heimvorteil.
    Er machte sich wieder auf den Weg zum Hotel, hielt unterwegs aber erneut an, um eine Tragetasche, einen Rucksack und ein paar Toilettenartikel zu kaufen. Irgendetwas sagte ihm, dass er sich viel zu viel Mühe machte – und er sie besser der Polizei in Florenz übergeben sollte.
    Wenn Hatto tot war, würde er noch nicht mal den Rest seines Honorars bekommen. Aber er konnte einfach nicht anders. Er wollte Ella wohlbehalten abliefern. Was überhaupt nichts mit Mitgefühl zu tun hatte, sondern nur mit seiner perversen Berufsehre – wie ein Strafverteidiger, der grundsätzlich alle Fälle gewinnen will und nicht danach fragt, wer sein Mandant ist oder was er getan hat.
    Lucas zückte den Zimmerschlüssel, aber als er zur Tür kam, hörte er, dass sie sich unterhielten. Er klopfte. »Hier ist Papa.« Chris öffnete die Tür. Sie hatten sich bereits angezogen, sahen aber noch völlig verschlafen aus. Keiner von beiden hatte die Pistole in der Hand.
    Er warf die Sachen aufs Bett.«Hier sind Zahnbürsten und so was. Macht euch fertig, wir müssen los.«
    »Wohin?«
    »In der Nähe ist ein Kaufhaus. Wir besorgen euch ein paar Klamotten, die ihr dann in diesen Taschen verstauen könnt. Und danach nehmen wir den Zug und verschwinden.«
    Ella sah ihn beunruhigt an: »Versteh ich nicht. Ich dachte, Sie wollten meinen Vater anrufen und uns dann mit dem Flieger nach Hause schicken.«
    Lucas schaute auf die Uhr, um die Frage zu überspielen. Er wollte sie von der Wahrheit fernhalten, die sie womöglich in seinen Augen entdecken würde.
    »Ich rufe ihn in Mailand an, wenn wir umsteigen. Ich möchte so schnell wie möglich von hier weg.«
    Auch Chris war sichtlich nervös »Wohin wollen Sie uns denn bringen?«, fragte er.
    »In die Schweiz.« Er drückte Ella eine Badetasche in die Hand. »Und denkt dran: Wenn wir uns in der Öffentlichkeit bewegen, nennt mich ›Vater‹.«
    Ella lächelte »Sie sehen viel zu jung aus, um als unser Vater durchgehen zu können.«
    »Dann sagt eben gar nichts. Nennt mich nur nicht Lucas, wenn andere Leute dabei sind.«
    Ihr Lächeln verflog, und er merkte zu spät, dass sie ihm ein Kompliment gemacht hatte, dass sie ihm ein paar nette Worte sagen wollte – und dass es wohl angemessener gewesen wäre, sich dafür zu bedanken und selbst etwas Nettes zu sagen.
    Die Stimmung hellte sich auf, als sie das Kaufhaus betraten und beim Einkaufen sogar ein paar Scherze machten. Als Lucas zahlte, strahlte Ella übers ganze Gesicht und sagte: »Danke, Papa.«
    »Ja, vielen Dank … Vater.«
    »Gern geschehen.« Er versuchte, auch der Kassiererin ein Lächeln zu schenken, aber die verkniff nur griesgrämig das Gesicht. Er vermutete fast, dass sie das Theater durchschaute und ahnte, dass er kein Vater war – und das nicht nur, weil er noch so jung aussah.
    Er war erleichtert, dass auch Chris etwas lockerer wurde. Er scherzte mit Ella, als sie mit den Einkaufstüten zurück zum Hotel gingen. Ihre gute Laune würde wohl kaum den Tag überstehen, aber Lucas hielt es für hilfreich, dass Chris sein Gleichgewicht wiederfand, damit er sie trösten konnte, wenn die Stunde der Wahrheit gekommen war.
    Nach wie vor warf er prüfende Blicke auf die Passanten. Es schienen ausschließlich Touristen zu sein, doch er war trotzdem froh, Florenz verlassen zu können. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass Touristenstädte der ideale Ort zum Morden waren.
    Selbst als sie im Hotel ankamen, wollte er auf die Vorsichtsmaßnahmen nicht verzichten. Er ging in die Eingangshalle und checkte die Lage, bevor er sie eintreten ließ. Als Ella und Chris zum Fahrstuhl

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