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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Wignall
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ihn zu und schien seinen Ärger nur mit Mühe unterdrücken zu können. Ella machte einen verzweifelten Versuch dazwischenzugehen, aber alles, was Lucas noch sah, war Chris und die Tatsache, dass er Ella fast umgebracht hatte.
    »Tut mir leid. Ich wollte …« Lucas griff ihn am Hemd und stieß ihn von sich. Chris stolperte und fiel auf die Bettkante. Lucas packte ihn erneut und drückte ihm die Pistole zwischen die Augen.
    »Es war knapp. So knapp! Du gottverdammter Idiot.«
    Chris heulte inzwischen und stammelte nur noch unverständliches Zeug. Lucas hörte, wie Ella flehte: »Bitte Lucas, nicht. Bitte Lucas, tu ihm nichts.« Und dann roch er plötzlich Urin, und Chris’ Gesicht verzog sich zu einer Grimasse vollständiger Erniedrigung. Mit einem Mal sah er nur noch einen Jungen, der wehrlos vor ihm lag. Er schämte sich, ihn so hemmungslos fertiggemacht zu haben, obendrein noch in Anwesenheit seiner Freundin.
    »Es tut mir leid«, sagte er und trat einen Schritt zurück.
    Chris rutschte auf den Fußboden und sagte nur: »Arschloch.«
    »Ich weiß. Tut mir leid, ich war wütend.« Er war sich nicht sicher, ob Ella den nassen Fleck auf seiner Hose bemerkt hatte, also sagte er: »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Ella, geh ins Bad, zieh dir ein frisches Hemd an und wasch dir das Blut vom Gesicht.« Sie schaute ihn an, als brauche sie eine Bestätigung, dass er sein Mütchen wirklich gekühlt hatte und Chris nun in Ruhe ließ. »Es ist alles in Ordnung. Beeil dich.«
    Sie ging ins Bad und hielt dabei noch immer die Einkaufstüten fest in der Hand. Als sie die Tür geschlossen hatte, sagte Lucas: »Ich glaube nicht, dass sie’s überhaupt bemerkt hat. Zieh dich schnell um, stopf die Sachen in eine Tüte und steck sie dann in den Abfalleimer.« Da Chris sich nicht rührte, fügte er noch an: »Es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Ich kenne ’ne Menge harter Jungs, denen ist das Gleiche passiert – wenn nicht sogar noch Schlimmeres.«
    Chris warf ihm einen giftigen Blick zu und sagte: »Hören Sie gefälligst auf, mir Vorschriften zu machen.« Er stand auf und holte sich ein paar Sachen aus der Einkaufstasche.
    »Okay. Und noch mal: Es tut mir leid. Ich war stinksauer. Mein Gott, siehst du dir denn keine Actionfilme an?«
    »Doch, tu ich.« Er war wütend und fühlte sich offensichtlich zu Unrecht angegriffen. »Aber Sie haben uns schließlich erzählt, dass es sich hier um eine Entführung handeln würde. Ich hab keine Ahnung, was hier abläuft, und ich hab auch den Eindruck, dass Sie’s selbst nicht wissen. Aber eines weiß ich: Kein Entführer zapft das Telefon der Familie eines Jungen an, der zufällig mit dem Opfer befreundet ist. Und der Mann, den Sie unten erschossen haben, sah auch nicht gerade wie ein Kidnapper aus.« Lucas fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Offensichtlich spürte Chris, dass er mit der Situation überfordert war, dass Personenschutz nicht gerade zu seinen Stärken zählte.
    »Jetzt pass mal auf. Letzte Nacht dachte ich auch, ich hätte es etwas übertrieben. Inzwischen weiß ich, dass meine Vorsicht völlig berechtigt war. Wir haben es hier mit sehr mächtigen Leuten zu tun. Und ja: Man versucht, Ella zu ermorden.«
    »Aber warum?«
    »Ich weiß es nicht. Also, Chris: Wir müssen ja nicht gleich Freunde werden, aber um eines bitte ich dich trotzdem: Du musst einen kühlen Kopf bewahren. Für mich und für Ella.« Chris nickte, und Lucas gab ihm die Schlüssel zum zweiten Zimmer. »Zieh dich um, mach dich frisch und klopf, wenn du fertig bist.«
    Chris nahm den Schlüssel, aber bevor er hinausging, sagte er noch: »Es tut mir wirklich leid, dass ich telefoniert habe.«
    »Das war mein Fehler. Ich hätte die Fakten klipp und klar auf den Tisch legen müssen. Aber das ist auch nicht gerade die Art von Job, die ich gewöhnlich übernehme.«
    »Versteh ich nicht. Was für Jobs machen Sie denn sonst?«
    »Ich bringe Leute um.« Chris starrte ihn an, als wollte er sich vergewissern, dass es kein Scherz war. Schließlich verließ er das Zimmer. Lucas schloss hinter ihm ab und fiel erschöpft in den Lehnstuhl.
    Eines wusste er: Menschen umzubringen war leichter, als sich mit ihnen arrangieren zu müssen. Und wenn er an die letzten vierundzwanzig Stunden zurückdachte, hatte er wohl so ziemlich alles falsch gemacht: Er hatte nicht Klartext mit ihnen geredet und es so versäumt, ihnen den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Außerdem hatte er bei Chris überreagiert, wo er doch vor allem

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