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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ich beschloß, mir erst einmal Rückendeckung zu verschaffen. Sagte also, ich ginge in der Freizeit weiter meinen Studien über die Templer nach — laut Wolfram von Eschenbach hätten die Templer damals Europa verlassen und wären nach Indien gegangen, und nach Ansicht mancher ins Reich von Agarttha. Nun war es an ihm, aus der Deckung zu kommen. »Die Frage ist eher«, sagte ich, »wieso Sie sich dafür interessieren.«
    »Och, wissen Sie«, antwortete er, »seit Sie mir damals dieses Buch über die Templer empfohlen haben, versuche ich, mich über das Thema ein bißchen zu informieren, und Sie 374
    wissen ja besser als ich, daß man von den Templern ganz automatisch auf Agarttha kommt.« Touché, Volltreffer!
    Dann fügte er hinzu: »Nein, ich mache nur Spaß. Ich habe das Buch aus anderen Gründen gesucht. Nämlich weil...«, er zögerte, »weil ich in meiner Freizeit gerne in Bibliotheken gehe. Um keine Maschine zu werden, oder um kein Bulle zu bleiben, suchen Sie sich selber die nettere Formel aus. Aber erzählen Sie mir von sich.«
    Ich gab ihm einen autobiographischen Kurzbericht, bis zum wunderbaren Abenteuer der Metalle.
    »Aber in dem Verlag da«, fragte er, »und in dem andern daneben, machen Sie da nicht Bücher über mysteriöse Wissenschaften?«
    Woher wußte er von Manuzio? Informationen aus der Zeit, als er Belbo überwachte, vor Jahren? Oder war er noch immer hinter Ardenti her?
    »Nach all diesen Typen wie Oberst Ardenti, die bei Garamond aufgekreuzt sind und die Garamond dann auf Manuzio abzuladen versucht hat«, sagte ich, »hat Signor Garamond nun beschlossen, diesen Zweig zu kultivieren. Scheint daß es sich lohnt. Wenn Sie Typen wie den alten Oberst suchen, die finden Sie da in rauhen Mengen.«
    »Ja schon«, sagte er. »Aber Ardenti ist verschwunden. Die anderen, hoffe ich, nicht«
    »Noch nicht, und ich möchte fast sagen: leider. Aber verzeihen Sie meine Neugier, Herr Kommissar: Ich stelle mir vor, daß Sie mit Leuten, die verschwinden oder noch Schlimmeres, in Ihrem Beruf jeden Tag zu tun haben. Beschäftigen Sie sich mit allen so... lange?«
    Er sah mich amüsiert an. »Und was bringt Sie auf den Gedanken, daß ich mich noch immer mit Ardenti beschäftige?«
    Okay, er spielte und begann eine neue Runde. Ich mußte den Mut haben, sehen zu wollen, und er würde seine Karten aufdecken müssen. Ich hatte nichts zu verlieren. »Also hö-
    ren Sie, Kommissar«, sagte ich, »Sie wissen alles über Garamond und Manuzio, Sie sind hier, um ein Buch über Agarttha zu suchen...«
    »Wieso? Hatte Ardenti über Agarttha gesprochen?«
    Wieder getroffen. Tatsächlich hatte Ardenti, soweit ich mich erinnerte, auch über Agarttha gesprochen. Aber ich 375
    parierte gut: »Nein, aber er hatte eine Geschichte über die Templer, Sie werden sich erinnern.«
    »Richtig«, sagte er. Dann fügte er hinzu: »Aber Sie dürfen nicht glauben, wir verfolgten immer nur einen Fall, bis er gelöst ist. Das passiert nur im Fernsehen. Die Arbeit des Polizisten ist wie die eines Zahnarztes: ein Patient kommt, man macht ihm eine Plombe, verarztet ihn, er kommt nach zwei Wochen wieder, und in der Zwischenzeit hat man hundert andere Patienten. Ein Fall wie der des Oberst Ardenti kann zehn Jahre im Archiv liegenbleiben, dann plötzlich, im Verlauf eines anderen Falles, durch das Geständnis von ir-gendwem, kommt ein Indiz zutage, peng, mentaler Kurzschluß, und man denkt neu drüber nach... Bis es zu einem weiteren Kurzschluß kommt, oder auch zu keinem mehr, und dann gute Nacht.«
    »Und was haben Sie kürzlich entdeckt, das so einen Kurzschluß bei Ihnen ausgelöst hat?«
    »Eine indiskrete Frage, meinen Sie nicht? Aber da gibt’s keine Geheimnisse, glauben Sie mir. Der Oberst ist mir ganz zu-fällig wieder eingefallen. Wir haben einen Typ überwacht, aus ganz anderen Gründen, und fanden heraus, daß er den Club Picatrix frequentierte, Sie werden davon gehört haben...«
    »Nein, ich kenne bloß die Zeitschrift, nicht den Verein.
    Was geht denn da vor?«
    »Och nichts, gar nichts, das sind ruhige Leutchen, vielleicht ein bißchen exaltiert. Aber mir ist eingefallen, daß auch der Ardenti da verkehrte — die ganze Geschicklichkeit des Polizisten besteht darin, sich zu erinnern, wo er einen Namen schon mal gehört, ein Gesicht schon mal gesehen hat, auch nochnach zehn Jahren. Und da habe ich mich gefragt, was wohl bei Garamond vorgeht. Das ist alles.«
    »Und was hat der Club Picatrix mit der Politischen Polizei zu

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