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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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»Das Pendel ist erst im vorigen Jahrhundert erfunden und installiert worden. Lassen wir das lieber erst mal beiseite.«
    »Das Pendel beiseite lassen?« fragte Belbo. »Haben Sie nie einen Blick auf die Hieroglyphische Monade von John Dee geworfen, den Talisman, der alle Weisheit des Universums in sich vereinigen sollte? Sieht der nicht aus wie ein Pendel?«
    »Na schön«, sagte ich, »nehmen wir an, daß sich ein Zusammenhang zwischen den beiden Fakten herstellen läßt Aber wie gelangt man von Sankt Alban zum Pendel?« Ich wußte es nach wenigen Tagen. »Also, der Prior von Saint Albans war Abt von Saint-Martin-des-Champs, das infolgedessen zu einem protempletischen Zentrum wurde. Bacon stellte über seinen Stammsitz einen Initiationskontakt zu den Druiden im Gefolge von Sankt Alban her. Und jetzt aufgepaßt: Genau zu der Zeit, als Bacon seine Karriere in England beginnt, endet in Frankreich die von Guillaume Postel.«
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    (Ich bemerkte ein winziges Zucken in Belbos Gesicht und dachte an den Dialog auf der Vernissage von Riccardo: Postel erinnerte ihn an den, der ihm Lorenza entfremdet hatte.
    Doch es war nur ein kurzer Augenblick.)
    »Postel lernt Hebräisch und versucht zu beweisen, daß es die gemeinsame Matrix aller Sprachen sei, er übersetzt den Sohar und den Bahir, er nimmt Kontakt zu den Kabbalisten auf, lanciert ein Projekt für den Weltfrieden ähnlich dem der Roserkreuzer, sucht den König von Frankreich für ein Bündnis mit dem Sultan zu gewinnen, bereist Griechenland, Syrien und Kleinasien, lernt Arabisch — mit einem Wort, er reproduziert den Bildungsweg des Christian Rosencreutz.
    Und nicht zufällig unterzeichnet er einige seiner Werke mit dem Namen Rosispergius, ›Morgentau-Sprenger‹. Und Gas-sendi schreibt in seinem Examen Philosophiae Fluddanae, daß Rosencreutz nicht von rosa komme, sondern von ros, also Morgentau. In einem seiner Manuskripte spricht er von einem Geheimnis, das es zu hüten gelte, bis die Zeit gekommen sei, und sagt: ›Damit die Perlen nicht vor die Säue geworfen werden.‹ Und wissen Sie, wo dieses Bibelzitat wieder auftaucht? Auf dem Frontispiz der Chymischen Hochzeit.
    Und Pater Marinus Mersenne sagt, um den Rosenkreuzer Fludd anzuprangern, er sei vom selben Schlage wie der atheus magnus Guillaume Postel. Andererseits scheint es, daß Dee und Postel sich anno 1550 getroffen haben, und vielleicht wußten sie da noch gar nicht und sollten es erst drei-
    ßig Jahre später wissen, daß sie die beiden Großmeister waren, die sich dem Großen Plan zufolge anno 1584 treffen sollten... Nun erklärt aber Postel, hört, hört, daß der König von Frankreich in seiner Eigenschaft als direkter Nachfahre des ältesten Sohnes von Noah — also des Stammvaters der keltischen Sippe und somit der Druidenkultur — der einzige legitime Anwärter auf den Titel des Königs der Welt sei.
    Jawohl, des Königs der Welt von Agarttha, und das sagt Postel drei Jahrhunderte vor Saint-Yves d’Alveydre! Lassen wir auf sich beruhen, daß er sich in eine alte Vettel namens Johanna verliebte und sie als die göttliche Sophia betrachtete, der Gute hatte wohl in dem Punkt nicht alle richtig beisammen. Beachten wir aber, daß er mächtige Feinde hatte, die ihn als elenden Hund beschimpften, als schändliches Ungeheuer, als Kloake aller denkbaren Häresien, besessen 501
    von einer Legion Dämonen. Und trotzdem, ungeachtet des Skandals mit der Johanna, betrachtete ihn die Inquisition nicht als einen Häretiker, sondern nur als amens, sagen wir: ein bißchen plemplem. Mit anderen Worten, man wagt es nicht, den Mann zu vernichten, weil man weiß, daß er der Sprecher einer ziemlich mächtigen Gruppe ist. Speziell für Diotallevi weise ich darauf hin, daß Postel auch den Orient bereist hatte und ein Zeitgenosse von Isaak Luria war, ziehen Sie daraus die Ihnen passend erscheinenden Schlüsse.
    Tja, und 1564 (im selben Jahr, als Dee seine Monas Ieroglyphica schreibt) widerruft Postel seine Häresien und zieht sich zurück in — na, raten Sie mal, wohin? —, in das Kloster Saint-Martin-des-Champs! Und worauf wartet er dort? Offenkundig auf das Jahr 1584.«
    »Offenkundig«, bestätigte Diotallevi.
    »Eben. Und ist Ihnen klar, was das heißt? Postel war der Großmeister der französischen Gruppe, der auf das Treffen mit der englischen Gruppe wartete. Aber er starb 1581, drei Jahre vor dem Treffen. Woraus zweierlei folgt: erstens, zu dem Zwischenfall von 1584 ist es gekommen, weil im entscheidenden

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