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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Statussymbol. Da fand sich alles zusammen, Cagliostro, Mesmer, Casanova, Baron d'Holbach, d'Alembert... Aufklärer und Alchimisten, Libertins und Hermetiker. Und man sah's ja beim Ausbruch der Revolution, als die Mitglieder ein und derselben Loge sich plötzlich geteilt fanden und es schien, als trete die große Brüderschaft ein für allemal in die Krise... «
    »Gab es da nicht einen Gegensatz zwischen Großem Orient und Schottischer Loge?«
    »In Worten, ja. Ein Beispiel: In die Philosophenloge der Neuf Soeurs war auch Benjamin Franklin eingetreten, dem es natürlich um ihre laizistische Umwandlung ging — ihn interessierte nur die Unterstützung der amerikanischen Revolution —, aber zur selben Zeit war einer der Großmeister jener Graf von Milly, der nach einem Elixier für langes Leben suchte. Da er ein Idiot war, vergiftete er sich bei seinen Experimenten und starb. Oder denken Sie an Cagliostro: einerseits erfand er ägyptische Riten, andererseits war er in die Affäre mit dem Halsband der Königin involviert, also in einen Skandal, den die neuen bürgerlichen Schichten betrieben hatten, um das Ancien Regime zu diskreditieren. Jawohl, auch Cagliostro hatte die Finger mit drin, verstehen Sie? Versuchen Sie sich nur mal vorzustellen, mit was für Leuten man damals zusammenleben musste...«
    »Muss hart gewesen sein«, sagte Belbo verständnisvoll.
    »Aber was für Leute«, fragte ich, »waren diese Barone von Hund, die nach den Unbekannten Oberen suchten... «
    »An den Rändern der bürgerlichen Farce waren Gruppen mit ganz anderen Zielen entstanden, die sich, um Anhänger zu gewinnen, notfalls auch mit den Freimaurerlogen zusammentaten, aber auf Höheres aus waren. An diesem Punkt kam es zur Diskussion über die Unbekannten Oberen. Leider jedoch war der Baron von Hund kein seriöser Mensch. Zuerst ließ er seine Adepten glauben, die Unbekannten Oberen seien die Stuarts. Dann erklärte er, Ziel seines Ordens sei die Wiedergewinnung der ursprünglichen Templergüter, und sammelte Gelder, wo er sie kriegen konnte. Da er nicht genug zusammenbekam, fiel er einem gewissen Starck in die Hände, der behauptete, er habe das Geheimnis der Goldfabrikation von den wahren Unbekannten Oberen erfahren, die in Petersburg säßen. Daraufhin scharten sich um von Hund und Starck allerlei Theosophen, Alchimisten, Gold- und Rosenkreuzer der letzten Stunde, und alle gemeinsam wählten als ihren Großmeister einen höchst integren Aristokraten, den Herzog Ferdinand von Braunschweig. Der freilich sofort begriff, in was für eine schlechte Gesellschaft er da geraten war. Ein anderes Mitglied der Strikten Observanz, der Landgraf Carl von Hessen-Kassel, rief den Grafen von Saint-Germain an seinen Hof, im Glauben, dieser Edelmann könne ihm Gold machen — und was wollen Sie, damals musste man sich den Launen der Herrschenden fügen... Doch jener Fürst hielt sich obendrein noch für Sankt Petrus. Ich versichere Ihnen, einmal musste der gute Lavater, als er bei dem Landgrafen zu Gast war, der Herzogin von Devonshire eine Szene machen, weil sie sich für Maria Magdalena hielt... «
    »Aber all diese Willermoz und Martines de Pasqually, die eine Sekte nach der anderen gründeten... «
    »Pasqually war ein Abenteurer. Er vollführte Geisterbeschwörungen in einer geheimen Kammer, die Engel erschienen ihm in Gestalt von Leuchtspuren und hieroglyphischen Zeichen. Willermoz hatte ihn ernst genommen, da er ein Enthusiast war, ehrlich, aber naiv. Er war fasziniert von der Alchimie, er dachte an das Große Werk, dem die Auserwählten sich widmen müssten, um den Verbindungspunkt der sechs edlen Metalle zu finden durch Erforschung der Maße in den sechs Lettern des ersten Namens Gottes, den Salomo seinen Erwählten kundgetan hatte.«
    »Und weiter?«
    »Willermoz gründete viele Obedienzen und trat in viele Logen gleichzeitig ein, wie es damals üblich war, stets auf der Suche nach einer definitiven Enthüllung und stets in der Furcht, sie könnte sich immer woanders ereignen, wie es in Wahrheit ja auch geschah — und dies ist vielleicht die einzige Wahrheit... So schloss er sich den Elus Cohens von Pasqually an. Doch 1872 verschwand Pasqually, fuhr übers Meer nach Santo Domingo und ließ alles im Stich. Wieso verdrückte er sich? Ich habe den Verdacht, dass er in den Besitz eines Geheimnisses gelangt war, das er mit niemandem teilen wollte. Jedenfalls verschwand er dann in Übersee so obskur, wie er's verdient hatte, Friede seiner Seele...

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