Das Foucaultsche Pendel
es etwa Rosemary's Baby?«
»Na, wird schon nicht so schlimm kommen. Aber wir müssen bereit sein, es so zu nehmen, wie's kommt, auch wenn es zwei Köpfe hat.«
»Warum nicht? Dann würde ich ihm beibringen, Duette zu spielen, für Trompete und Klarinette... Nein, dazu brauchte es auch vier Hände, und das wäre denn doch zu viel — obwohl, denk bloß mal, was für ein Klaviervirtuose es dann werden könnte, von wegen Konzert für die linke Hand. Brr... Und übrigens, das wissen auch meine Diaboliker, an jenem Tag in der Klinik kommt es dann auch zum Weißen Werk, es wird der Rebis geboren, der androgyne Hermaphrodit... «
»Na, der hat uns gerade noch gefehlt. Hör zu, jetzt mal im Ernst: Wir werden es Giulio oder Giulia nennen, nach meinem Großvater. Ist dir das recht?«
»Warum nicht, klingt gut.«
Es hätte genügt, wenn ich bis hierher und nicht weiter gegangen wäre. Wenn ich ein Weißbuch geschrieben hätte, ein gutes Zauberbuch für alle Adepten der Entschleierten Isis, um ihnen zu erklären, daß es nicht länger nötig war, nach dem Mysterium der Mysterien zu suchen, daß die Lektüre des Lebens keinen geheimen Sinn verbarg, daß alles schon da war, in den Bäuchen aller Lias der Welt, in den Geburtsstationen der Kliniken, auf den Strohlagern, in den Kiesbetten der Flüsse, daß die Steine aus dem Exil und der Heilige Gral nichts anderes sind als schreiende Äffchen mit herunterhängender Nabelschnur, denen der Onkel Doktor einen Klaps auf den Po gibt. Und daß die Unbekannten Oberen für unser Kleines Ding niemand anderes waren als Lia und ich, aber daß es uns dann sofort erkennen würde, ohne erst lange den alten Trottel de Maistre danach zu fragen.
Doch nein, wir — die Sardoniker — wollten ja unbedingt mit den Diabolikern Verstecken spielen und ihnen zeigen, daß, wenn sie partout ein kosmisches Komplott haben wollten, wir eins zu erfinden wussten, das kosmischer gar nicht mehr sein konnte.
Geschieht dir ganz recht, sagte ich mir vorgestern Abend im Periskop. Jetzt bist du hier, um zu warten, was unter dem Foucaultschen Pendel geschehen wird.
78
Gewiß kommt diese monströse Kreuzung nicht aus einem Mutterleib, sondern aus einem Ephialtes, einem Incubus oder anderen schrecklichen Dämon, als wäre sie von einem faulen und giftigen Pilz geboren, ein Kind von Faunen und Nymphen, ähnlicher einem Teufel als einem Menschen.
Athanasius Kircher, Mundus Subterraneus, Amsterdam, Jansson, 1665, II, p. 279-280
An jenem Tag wollte ich lieber zu Hause bleiben, ich ahnte etwas, aber Lia hatte gesagt, ich solle nicht den Prinzgemahl spielen und ganz normal zur Arbeit gehen. »Es ist noch Zeit, Pim. Es kommt noch nicht. Auch ich muß noch aus dem Haus. Geh.«
Ich war gerade vor der Tür des Büros angekommen, da öffnete sich nebenan die Tür von Signor Salon. Der Alte erschien in seinem gelben Arbeitskittel. Ich konnte nicht umhin, ihn zu grüßen, und er fragte mich, ob ich nicht für einen Moment hereinkommen wollte. Ich hatte sein Laboratorium noch nie gesehen und folgte der Einladung.
Wenn hinter der Tür eine Wohnung gewesen war, musste Salon die Trennwände entfernt haben lassen, denn was ich sah, war eine weite dämmrige Höhle. Aus unerfindlichen architektonischen Gründen hatte dieser Teil des Gebäudes ein Mansardendach, und das Licht fiel durch schräge Scheiben ein. Ich weiß nicht, ob die Scheiben schmutzig oder aus Mattglas waren oder ob Salon sie verhängt hatte, um das direkte Sonnenlicht abzuschirmen, oder ob es am Gedränge der Objekte lag, die allenthalben den Horror vacui verkündeten, jedenfalls lag die Höhle in einem fast abendlichen Dämmerlicht, auch weil der weite Raum unterteilt war durch breite Regale, wie man sie aus alten Apotheken kennt, hohe Möbel mit geschnitzten Säulen und Kolonnaden, die Durchblicke, Passagen und Perspektiven erlaubten. Die vorherrschende Farbe war braun, braun waren die Gegenstände, die Regale und Tische, die diffuse Melange aus trübem Tageslicht und dem Schein jener alten Lampen, die einige Zonen fleckig erhellten. Mein erster Eindruck war, in die Werkstatt eines Geigenbauers getreten zu sein, die seit den Zeiten von Stradivari nicht mehr benutzt worden ist, so daß sich der Staub immer dicker auf alles gelegt hat.
Dann, als meine Augen sich langsam angepasst hatten, begriff ich, daß ich mich, wie es nicht anders zu erwarten gewesen war, in einem erstarrten Zoo befand. Dort hinten kletterte ein kleiner Bär mit glänzenden
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