Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
ebenfalls im Schließfach«, vermutete Adrian.
»Irrtum.« Isabella grinste so spitzbübisch, als habe sie ihre helle Freude an diesem Ratespielchen.
»Tu mir einen Gefallen und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen«, sagte Purdy und sah Isabella dabei sehr ernst an. »Wo sind die Papiere?«
»Immer noch im Auto. Ich habe sie gar nicht mitgenommen.« Wieder starrten alle sie an. »Schien mir das Sicherste zu sein. Erst hab ich Adrian weggeschickt, dann die Papiere aus dem Koffer genommen und sie im Wagen unter der Fußmatte versteckt. Mit dem leeren Koffer bin ich dann abgehauen. Ich dachte, das würde Adrian und Mr Talbot etwas Luft verschaffen.« Sie erzählte ihnen, wie sie die Nacht auf dem Bahnhof verbracht hatte und danach kreuz und quer durch die Stadt gelaufen war, den Koffer als Köder benutzend.
»Ganz schön ausgekocht für so ein junges Mädchen«, meinte Purdy, nicht ohne Bewunderung. »Da hast du aber einiges an Gefahr auf dich genommen. Das hätte auch übel ausgehen können, ist dir das eigentlich klar?«
»Äh!« Isabella machte eine wegwerfende Handbewegung. »Da müssen die schon früher aufstehen. Eine Bonaparte trickst man nicht so schnell aus. Wie haben Sie mich überhaupt gefunden? Ich dachte, ich hätte Sie abgehängt.«
»Das kann dir gleich meine Kollegin Miss Miller erklären«, sagte Purdy und stand auf. »Sie wartet im Van auf uns und brennt förmlich darauf, euch kennenzulernen.«
Im Van der Agency
Mit Talbots Citroën waren es nur zehn Minuten bis zum Gare de Cornavin gewesen, wo Isabella in Agent Purdys Begleitung den Holzkasten aus dem Schließfach holte. Nun saßen sie schon eine ganze Weile im Van der Agency und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Adrian war fasziniert von der hoch komplizierten Technik im Innern des Mercedes. Auf dem großen Monitor, der die eine Wand des Wagens beherrschte, war ein Videobild der Umgebung zu sehen. Alle drei Sekunden wurde eine neue Einstellung angezeigt.
»Eine Fliege, die Kamera-Eier legen kann?« Isabella konnte es immer noch nicht fassen. »Wie abgefahren ist das denn?«
Millycent hatte ihr eben erklärt, wie sie in der Lage gewesen war, Isabella zu verfolgen, ohne selbst anwesend sein zu müssen. »Siehst du?«, fragte sie und drückte auf einen blinkenden Knopf auf dem Bedienungspaneel. Die sonnenbeschienene Gasse verschwand vom Monitor und das Innere des Vans war plötzlich darauf zu sehen. »Die Kamera klebt immer noch an deiner Schulter. Das Ding hat Widerhaken wie eine Klette.« Und sie winkte lächelnd hinein.
Währenddessen hörte Adrian zu, wie Agent Purdy und Lawrence Talbot über die Verbrechen sprachen, die wegen der Papiere im Koffer verübt worden waren. »In allen drei Fällen wurden die Opfer mit einem 9x19-mm-Projektil getötet«, erklärte Purdy und hielt Fotografien in die Höhe, auf denen riesenhaft vergrößerte Patronenhülsen zu sehen waren. »Der Täter benutzte eine halb automatische Schnellfeuerwaffe. Jedes Mal dieselbe, das haben die ballistischen Gutachten ergeben. Wahrscheinlich eine Glock 17, möglicherweise auch eine Heckler & Koch.«
»Ihr habt sogar für den Mord an Monsieur Lombard schon ein ballistisches Gutachten?« Talbot war beeindruckt.
»Ja, wir sind ziemlich schnell. Es hat sich technisch einiges getan, seit du …« Er klopfte Talbot freundschaftlich auf die Schulter.
»Wie, in drei Teufels Namen, seid ihr denn auf mich gekommen, verdammt noch mal?«, fragte Talbot. »Das leuchtet mir immer noch nicht ein.«
»Fingerspuren, Larry«, sagte Purdy. Er zog einen schmalen Pappordner aus einer Ablage und reichte ihn Talbot. »Sieh dir das an. Sowohl bei Frau Bertram als auch bei dem Antiquitätenhändler hier in Genf wurde ein Daumenabdruck gefunden, den wir dir zuordnen konnten. Und zu der Schauspielerin in London hast du nachweislich Kontakt gehabt.«
Talbot warf nur einen raschen Blick hinein, ehe er den Ordner wieder zuklappte und Purdy zurückgab. »Aber ich war nicht mal in der Nähe von Lombards Antiquitätenladen.«
»Ja«, sagte Purdy. »Und das rettet dir auch den Arsch.«
»Würde mich nicht wundern«, meinte Talbot, »wenn sich auch an der Leiche der Schauspielerin in London meine Fingerabdrücke finden würden.«
»Fehlanzeige. Aber sie wurde mit derselben Waffe erschossen wie die beiden anderen. Hast du eine Erklärung dafür, wie dein Fingerabdruck an zwei der Tatorte kommt?«
»Nein, hab ich nicht.«
»Dann müssen Sie wohl jemanden ziemlich verärgert
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