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Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Das Frankenstein-Projekt (German Edition)

Titel: Das Frankenstein-Projekt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert C. Marley
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verkauft.«
    Er glaubte, kurz Millycents Kichern zu hören, ehe sie antwortete: »Ich bleib an der Kleinen dran. Hol du nur das Stöckchen. Lauf!«
    »Sehr witzig.« Purdy sah die Gasse auf und ab. Ein Mann mit einem breitkrempigen, tief ins Gesicht gezogenen Filzhut betrat das Geschäft mit einem Metallkoffer und verließ es nach kaum zwei Minuten wieder. Außer einem seltsamen Kauz, der wie ein vergessener Hochzeitsgast aussah, war nun keine Menschenseele mehr zu sehen. Er trug einen schwarzen, schlecht sitzenden Anzug, der ihm offensichtlich ein paar Nummern zu klein war. Und sein strähniges schwarzes Haar klebte ihm wie schwarz gefärbte Spaghetti an den Schläfen. »Irgendein konstruktiver Vorschlag von deiner Seite?«
    Millycents Stimme klang wie ein Schnarren. »Geh rein und kauf ihm das Ding wieder ab.«
    »Warte mal.« Purdy sah zu, wie jetzt der Mann mit den Spaghettihaaren zielstrebig Lombards Antiquitätenladen betrat. »Da war eben dieser Typ, Milly. Sieht aus wie der Kerl, von dem du mir erzählt hast. Der aus der Villa, der gestern Nacht deine X-FLY gegessen hat. Jetzt ist er in den Laden gegangen«, sagte Purdy. »Ich glaube, er ist hinter dem Koffer her!«
    »Ich frage mich, warum du dann hier lange Vorträge hältst? Sieh zu, dass du den Koffer kriegst.«
    Millycent hatte es kaum ausgesprochen, da kam der Mann auch schon wieder aus dem Geschäft heraus. Ohne Koffer!
    »Alles in Ordnung, Milly. Fehlalarm. Er hat den Koffer nicht«, sagte Purdy erleichtert. »Ich geh jetzt rein.«
    Das Glöckchen über der Tür bimmelte schwach, als Purdy den Laden betrat. Ein Hauch von Pulverdampf und Karamell lag in der Luft, der ihm seltsam vertraut vorkam.
    »Hallo, jemand da?«, rief Purdy auf Französisch. Doch es blieb still. Nichts tat sich. Nur das hektische Ticke-Tacke-Ticke-Tacke der zahllosen Taschen- und Armbanduhren in den Vitrinen erfüllte die Stille. Dazwischen das asthmatische Chiff–Chaff zweier uralter Standuhren. Purdy hatte gleich ein komisches Gefühl. Wo war der Inhaber des Geschäfts?, fragte er sich.
    »Hallo! Ist da jemand?«, rief er noch einmal. Als wieder keine Antwort kam, ging er an der großen Theke vorbei, um in den angrenzenden Raum zu gelangen, den ein halbdurchsichtiger Vorhang vom Verkaufsraum trennte.
    Da entdeckte er die Leiche!
    Der alte, fast kahlköpfige Mann lag zusammengesunken gleich hinter der Theke. Den linken Arm hinter dem Rücken, den rechten angewinkelt, den Unterarm über den Augen, so als habe er der schrecklichen Wahrheit nicht ins Gesicht sehen wollen. Ein hässliches Einschussloch klaffte in seiner Stirn wie die Stanzmarke einer bösen Stempelmaschine. Unter dem Kopf hatte sich eine Blutlache gebildet, die immer größer wurde.
    Der Mord musste eben erst geschehen sein.
    Purdy stieg über den toten Mann hinweg und sah sich im Nebenraum um. Es war ein bis unter die Decke mit Aktenordnern und Papieren vollgestopftes Büro. Die Fenster waren fest von innen verschlossen. Dort konnte der Mörder nicht hinausgelangt sein. Trotz intensiver Suche war der Koffer nirgends zu finden.
    Das Mädchen hatte den Laden ohne den Koffer verlassen. Dasselbe galt für den Mann mit den Spaghettihaaren. Wenn er unterstellte, dass der Koffer den Laden durch die Eingangstür wieder verlassen hatte, kam nur einer als Täter infrage: der Mann mit dem Metallkoffer.

Alte Bekannte

    Café du Clos, Rue du Clos, 9, Genf
     
    Schon 15:00 Uhr durch. Talbot warf abermals einen Blick auf seine Armbanduhr. Allmählich wurde er unruhig. Hoffentlich war dem Mädchen nichts zugestoßen.
    »Hey, Leute!« Wie aus dem Nichts tauchte sie plötzlich auf. Rauschte heran wie ein Irrwicht.
    »Hättest du dir nicht einen etwas billigeren Treffpunkt aussuchen können?«, knurrte Talbot.
    »Nun fahren Sie sich mal wieder runter, Mann«, sagte Isabella und warf sich in einen der Korbstühle. »Sie sind eingeladen.«
    »Woher hast du denn plötzlich das Geld?«, fragte er, besann sich dann aber. »Verstehe, ich will es lieber gar nicht wissen. Also, wo hast du gesteckt?«
    »Hier und da.« Sie winkte dem Kellner und bestellte eine weitere Cola für Adrian und ein Mineralwasser für sich selbst. Talbot nippte nach wie vor an seinem halb vollen Glas Bier. »Ich hab Ihnen die Nacht über den Rücken freigehalten, könnte man sagen.«
    »Ach, wirklich?«
    »Wissen Sie eigentlich, wie viele Leute hinter diesem blöden, alten Koffer her sind?« Isabella fischte mit spitzen Fingern die halbe Zitronenscheibe aus ihrem

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