Das Frankenstein-Projekt (German Edition)
haben«, meinte Isabella. »Wenn er sogar versucht, Ihnen drei Morde anzuhängen.«
Purdy sah Talbot an. »Fällt dir da spontan jemand ein?«
Talbot schüttelte den Kopf. »Außer meinem Bankberater niemand.« Dann sah er Millycent Miller an und fragte: »Wie lange kann es dauern, bis der Kerl seinen Fehler bemerkt?«
»Kommt darauf an, was er mit den Papieren vorhat«, meinte Millycent. »Wenn er sie verkaufen will, merkt er es möglicherweise erst bei der Übergabe.«
»Wie dem auch sei, ihr müsst dringend mit Night darüber sprechen.«
»Worüber müssen Sie so dringend mit mir sprechen, Larry?« Es war Darwin Night, dessen Gesicht plötzlich auf dem Hauptschirm erschien. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, er schaltete sich automatisch dazu, sobald irgendwo auf der Welt sein Name fiel.
»Hallo, Sir. Schön, Sie zu sehen«, sagte Talbot.
Nachdem Agent Miller Night auf den neuesten Stand gebracht hatte, zog Talbot den größten Bogen Papier unter Frankensteins Notizbuch hervor, das zusammen mit Mary Shelleys Briefen und dem uralten Watts Blaster vor ihm auf einem kleinen, ausklappbaren Kunststofftischchen lag.
»Auf dieser Karte ist der Standort von Dr. Frankensteins Laboratorium verzeichnet«, erklärte er, während er die Grundrisszeichnung auseinanderfaltete. »Sie zeigt, wo sich die Apparaturen seiner Maschinerie des Lebens befinden. Ich könnte mir vorstellen, der Killer hat es auch darauf abgesehen.«
»Sie dürfen ihm niemals in die Hände fallen. Das müssen wir verhindern«, sagte Night. »Wo lagern die Apparate?«
»So, wie es aussieht, in einem verborgenen Raum in der Alten Anatomie in Ingolstadt, Sir. Offenbar gelangt man von einem angrenzenden Gebäude aus über eine Geheimtür hinein. Die Funktionsweise des Mechanismus ist in den Papieren genau beschrieben.«
»Haben Sie schon irgendwelche Erkenntnisse, was den Killer betrifft?«
»Nein, Sir. Aber wer immer der Kerl ist«, sagte Talbot, »noch glaubt er, die Papiere zu besitzen. Daher ist Eile geboten. Was Sie da vorhaben, sollten Sie möglichst schnell durchziehen. Ehe er merkt, was gespielt worden ist.«
»Ach, meinen Sie?« Night rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augenbrauen. Er sah nicht sehr glücklich aus. »Sie machen sich ja keine Vorstellung davon, um was es hier geht. Ein Fehlschlag hätte weitreichende Folgen. Der Fortbestand unserer Agency, wenn nicht gar der Monarchie in unserem Land hängt vom Erfolg dieser Mission ab.«
»Die einzelnen Gründe, warum Sie es tun müssen, kenne ich natürlich nicht«, sagte Talbot. »Und vielleicht ist das sogar besser so. Aber ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was Sie zu tun beabsichtigen.«
»Haben Sie das, ja?«
»Sie wollen Lord Byron, den Dichter, mithilfe von Frankensteins Erfindung wieder lebendig machen.«
Einen Moment herrschte auf der anderen Seite absolute Stille. Dann: »Wie kommen Sie darauf?«
»Man braucht doch nur eins und eins zusammenzuzählen. Im Grunde steht es in Mary Shelleys Briefen.«
»Die haben Sie auch gelesen?« Night war entrüstet. »Ich nahm an, sie seien verschlüsselt.«
»Auf sehr simple Weise, Sir. Sie waren mit unsichtbarer Tinte geschrieben. Ich bitte Sie! Adrian hat gerade mal fünf Minuten gebraucht, die Schrift wieder sichtbar zu machen«, sagte Talbot mit unverhohlener Anerkennung in der Stimme. »Mit Zitronensäure.«
Adrian hob die Hand und grüßte so lässig wie möglich in Richtung Monitor.
»Der Junge hat …« Night fehlten die Worte. »Sehen Sie nur zu, dass Sie den Rest der Mission nicht gefährden.«
Millycent strich sich mit beiden Händen die blonden Locken hinter die Ohren und fragte: »Und wie lauten die Befehle, Sir?«
»Beschaffen Sie diese Maschinen, Miss Miller. Die Kinder nehmen Sie mit. Sie sind mir für ihre Sicherheit verantwortlich. Ich werde veranlassen, dass ihnen innerhalb von sechs Stunden gültige Papiere ausgestellt werden. Sie liegen am Grenzposten bereit. Und dann werden wir Byron in aller Eile exhumieren müssen – mit großem Tamtam.«
»Aber wozu das alles?«, wollte Talbot wissen. »Warum lassen Sie die Toten nicht ruhen? Wozu dieser riesige Aufwand?«
»Weil wir auf eine ganz spezielle Information angewiesen sind, Larry«, sagte Night. »Und die können wir nur von Byron selbst bekommen. Ich rechne von jetzt an mit ihrer tatkräftigen Unterstützung, Larry. Vermasseln Sie es also nicht auf dem letzten Stück.«
Der Bildschirm wurde schwarz.
Purdy klopfte dem verdutzt
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