Das Frauen-Hormone-Buch
als 60 Jahren. Sie hat das Leben und die Kultur des 20. Jahrhunderts grundlegend verändert. Inzwischen nehmen weltweit mehr als 100 000 000 Frauen täglich entsprechende Präparate. Die Pille ist damit das am meisten verordnete Arzneimittel überhaupt.
Was ist drin in der Pille?
Grundsätzlich besteht die Pille aus zwei Komponenten:
einem Östrogen, bis vor wenigen Jahren war das ausschließlich das Ethinylestradiol,
und einem Gestagen, einem chemisch veränderten Gelbkörperhormon.
Das Gestagen ist dabei im Wesentlichen verantwortlich für die Empfängnisverhütung. Das Östrogen wird zugefügt, um einen stabilen Zyklus zu erreichen.
Zwei Entwicklungen haben die Pille über die letzten Jahrzehnte hinweg zu einem immer differenzierter einsetzbaren Präparat gemacht:
Zum einen wurde die Dosierung des bis vor wenigen Jahren immer verwendeten Ethinylestradiols kontinuierlich reduziert. Dadurch werden unerwünschte Nebenwirkungen und vor allem das Thromboserisiko vermindert. Heutige Pillen enthalten teilweise nur noch ein Fünftel der Östrogendosis derjenigen Präparate, die Anfang der 1960er Jahre auf dem Markt kamen. Allerdings ist eine noch weitere Reduktion des Östrogenanteils (unter 20 µg) wohl nicht mehr möglich, da es dann zu unregelmäßigen Zyklen kommt. Heute stehen aber die ersten Präparate mit bioidentischen Hormonen zur Verfügung (siehe Kasten).
Bei den Gestagenen steht uns heute eine große Bandbreite unterschiedlicher Substanzen zur Verfügung. Diese besitzen häufig spezielle Zusatzwirkungen, die man sich auch über die Empfängnisverhütung hinaus nutzbar machen kann. Bekannt ist etwa die antiandrogene (gegen männliche Geschlechtshormone gerichtete) Wirkung einiger Gestagene. Das macht diese Substanzen zu idealen Präparaten bei Vorliegen von Akne, fettiger Haut und Haarausfall. Andere Gestagene unterdrücken den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Sie eignen sich vor allem bei starken Monatsblutungen oder auch dann, wenn die Blutungen sehr schmerzhaft sind.
Wir werden bei den einzelnen Krankheitsbildern auf diese speziellen Gestagene noch detaillierter eingehen. An dieser Stelle sei aber bereits festgehalten: Ein Arzt, der von Hormonen etwas versteht, verordnet nicht einfach irgendeine Pille zur Empfängnisverhütung. Er zieht immer auch die persönliche Situation und eventuelle Beschwerden mit in Betracht, um dann ein Präparat mit einem möglichst großen Zusatznutzen auszuwählen.
Wann kann man mit der Einnahme der Pille beginnen?
Wann mit der Pille begonnen werden sollte, lässt sich relativ einfach festlegen: Unmittelbar vor dem ersten Geschlechtsverkehr, vorausgesetzt, es besteht bereits ein stabiler Zyklus. Wie lange eine Frau die Pille im Alter einnehmen kann oder sollte, darüber gehen die Meinungen allerdings immer noch auseinander. Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, ab dem 35., spätestens aber ab dem 40. Lebensjahr sollte die Pille abgesetzt werden, weil sonst das Thromboserisiko zu hoch würde. Diese Empfehlung gilt heute nicht mehr. Die modernen Mikropillen können problemlos bis zum 50. Lebensjahr oder auch darüber hinaus verwendet werden – vorausgesetzt, es bestehen keine zusätzlichen Risikofaktoren. Solche Risikofaktoren sind:
Rauchen
starkes Übergewicht (BMI >30)
Bluthochdruck
Fettstoffwechselstörungen
schlecht eingestellter Diabetes
familiär gehäufte Thrombose
WISSEN
Bioidentische Hormone – jetzt auch in der Pille
Wann immer möglich, sollte man bei Hormongaben den körpereigenen Hormonen den Vorzug vor synthetisch veränderten geben. Bei der Anti-Baby-Pille war dies bisher allerdings nicht möglich. Da das körpereigene Östrogen von der Leber sehr schnell abgebaut wird, musste man ein synthetisches, länger wirksames Östrogen, das Ethinylestradiol, verwenden.
Seit einigen Jahren nun gibt es erstmals Präparate, die statt dieses klassischen »Pillenöstrogens« das körpereigene Östradiol enthalten. Man erhofft sich von diesen Pillen, dass sie noch weniger Nebenwirkungen haben als die bisherigen Präparate. Insbesondere das Thromboserisiko soll weiter reduziert werden. Ob sich diese Hoffnung erfüllt, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Denn insgesamt sind Thrombosen unter der Pille so selten, dass man zehntausende von Frauen über viele Jahre hinweg beobachten muss, um aussagekräftige Daten zu erhalten. Was man allerdings bereits jetzt messen kann, sind Laborwerte, die Auskunft über die Beeinflussung des Gerinnungssystems geben.
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