Das Frauen-Hormone-Buch
der Bio Aging GmbH
Herz und Hormone – was schützt vor Herzinfarkt?
Die Blutgefäße sind es, die alle Organe in unserem Körper mit Sauerstoff und Energie versorgen und damit die Grundlage für deren Funktion bilden. Werden die Blutgefäße geschädigt, z. B. durch eine zunehmende Verkalkung, so hat das Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit des gesamten Organismus. Gelegentlich können sich einzelne Blutgefäße sogar ganz verschließen, was für die betroffenen Organe dramatische Konsequenzen hat. Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den gefürchteten, manchmal sogar tödlich verlaufenden Folgen von Gefäßverschlüssen.
Ähnlich wie die Osteoporose (→ Seite 91 ) verläuft auch die Arterienverkalkung anfangs weitgehend unbemerkt. Ist die Knochenentkalkung der »schleichende Dieb« unter den Erkrankungen, so ist die Arteriosklerose der »schleichende Killer«, denn Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen an erster Stelle der Todesursachen in Deutschland.
Gefäßschutz durch Östrogene?
Der Zusammenhang zwischen der Arteriosklerose und den Östrogenen ist nicht ganz so eindeutig wie bei der Osteoporose. Allerdings scheinen auch hier die weiblichen Geschlechtshormone eine Schutzwirkung zu haben. Ein Indiz für diese These ist folgendes: Herzinfarkte und Schlaganfälle kommen bei Frauen vor dem 50. Lebensjahr nur selten vor. Männer dagegen sind in diesem Alter vier- bis fünfmal häufiger betroffen. Ab dem 50. Lebensjahr, also ziemlich genau mit dem Einsetzen der Wechseljahre, steigt dann allerdings auch für Frauen das Herzinfarktrisiko deutlich an. Und bereits mit 60 Jahren ist bei Frauen der Herzinfarkt genauso häufig wie bei Männern.
Dass es die Östrogene sind, die Frauen vor den Wechseljahren gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen, legen eine ganze Reihe von Untersuchungen nahe. So senken Östrogene zum Beispiel nicht nur das Gesamtcholesterin, sondern auch gezielt das gefäßschädigende LDL-Cholesterin. Dagegen steigt das schützende HDL-Cholesterin unter Östrogeneinfluss an. Östrogene haben auch eine gefäßerweiternde Wirkung. So verbessern sie den Blutfluss im Gefäß und damit in jedem Organ. Und schließlich wirken Östrogene als Radikalenfänger. Sie fangen also jene aggressiven Moleküle ab, die nicht nur unsere Blutgefäße, sondern den gesamten Organismus altern lassen.
Wenn nun Östrogene vor den Wechseljahren die Blutgefäße schützen, dann sollten sie dies nach den Wechseljahren ja wohl auch tun. Mit dieser Überlegung wurde in den 1980er und 1990er Jahren die Hormonersatztherapie massiv propagiert. Nicht nur zur Behandlung von Hitzewallungen und anderen Symptomen, sondern auch zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten die Hormone dienen.
Herbe Rückschläge …
Diesbezüglich haben sich die Hoffnungen jedoch nicht unbedingt erfüllt. Im Gegenteil: Gerade auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Vorbeugung hat die Hormonersatztherapie herbe Rückschläge hinnehmen müssen. Erste Zweifel an der gefäßschützenden Wirkung dieser Therapieform kamen bereits 1997 auf. Damals wurde eine Studie veröffentlicht, in der zur großen Überraschung aller Experten Hormonanwenderinnen mit vorausgegangenem Herzinfarkt häufiger als Infarktpatientinnen ohne Hormontherapie einen Zweitinfarkt erlitten. Was als Schutz gedacht war, erwies sich als zusätzlicher Risikofaktor.
Die Verwirrung war zunächst groß. Waren Östrogene vielleicht gar nicht jene Gefäßschutzstoffe, für die man sie über Jahre hinweg gehalten hatte? Inzwischen hat sich die Sachlage einigermaßen geklärt. Wobei eine klare Antwort nicht unbedingt aus einem eindeutigen Ja oder Nein bestehen muss. So auch hier.
… und ein neues Erklärungsmodell
Auf einen kurzen Nenner gebracht lässt sich die derzeitige Erkenntnislage so formulieren: Gesunde Blutgefäße bleiben durch Östrogene länger gesund. Bereits geschädigte Blutgefäße werden durch Östrogene schneller zur Gefahr.
Erklären lässt sich dieser scheinbar paradoxe Sachverhalt folgendermaßen: Bei einer Arteriosklerose kommt es zur Ablagerung von Fetten und anderen Blutbestandteilen im Bereich der inneren Gefäßwand. Dieser krankmachende Effekt wird durch Östrogene verhindert. Sind diese Ablagerungen, die man auch als arteriosklerotische Plaques bezeichnet, allerdings bereits vorhanden, so können sie unter dem Einfluss von Östrogenen aufbrechen und als Blutgerinnsel verschleppt werden. Diese sogenannte Plaqueruptur führt dann zu den gefürchteten
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