Das Frauen-Hormone-Buch
Alterserkrankung, und die allgemeine Lebenserwartung steigt immer weiter an. Während von den 65- bis 74-Jährigen nur drei Prozent von einem Morbus Alzheimer betroffen sind, ist es in der Gruppe der 75- bis 84-Jährigen bereits jeder Fünfte. Bei den über 85-Jährigen leidet knapp die Hälfte an einer Demenz.
Insgesamt erkranken dreimal mehr Frauen als Männer – ein Unterschied, der sich nicht allein durch die höhere Lebenserwartung von Frauen erklären lässt. Offensichtlich spielt auch hier der Östrogenmangel eine gewisse Rolle. Doch müssten dann nicht die Männer, die ja deutlich weniger Östrogene haben, viel häufiger an Alzheimer erkranken?
Aus zwei Gründen erkranken Männer deutlich seltener an Alzheimer: Zum einen schützen auch die männlichen Hormone, die Androgene, das Gehirn. Zum anderen produzieren Männer selbst auch Östrogene, und zwar durch Umbau ihrer Androgene.
Schützen Hormone?
Eine ganze Reihe von Studien aus den 1980er und 1990er Jahren zeigt eine deutliche Risikoreduktion für die Alzheimer-Demenz bei denjenigen Frauen, die Hormonersatzpräparate einnahmen. In Langzeitstudien konnte das Risiko, an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken, durch eine Hormonersatzthepraie sogar um bis zu 45 Prozent gesenkt bzw. der Erkrankungsbeginn um geschätzte 5–10 Jahre hinausgeschoben werden. Allerdings war für den besten Demenzschutz eine HRT von mehr als zehn Jahren Voraussetzung. Und eine so lange Hormoneinnahme ist aus anderen Gründen nicht unbedingt zu empfehlen. Aber immerhin: Östrogene scheinen ein Ansatz zur Demenzvorbeugung zu sein.
Der Wermutstropfen kam einmal mehr durch die WHI-Studie. Sie kam zu dem Ergebnis, dass Frauen unter einer Hormonsubstitution nicht seltener, sondern sogarfast doppelt so häufig eine Demenz erlitten wie die Frauen aus der Gruppe, die nur Scheinmedikamente einnahm.
Ein Ergebnis, das eine ähnlich negative Überraschung darstellte wie die erhöhte Herzinfarktrate bei den Hormonanwenderinnen in dieser Studie. Und tatsächlich lässt sich das Geschehen auch ganz ähnlich erklären. Neben der Alzheimer-Demenz, die im Wesentlichen auf der Ansammlung von Eiweißabfällen im Gehirn beruht, gibt es nämlich noch eine weitere Form der Demenz, die für rund ein Drittel aller Fälle verantwortlich ist. Bei dieser »vaskulären Demenz« kommt es aufgrund von Verkalkungen in den Blutgefäßen des Gehirns zu vielen kleinen Hirninfarkten, wodurch nach und nach immer mehr Hirngewebe zugrunde geht. In der Praxis ist diese Demenzform von der Alzheimer-Demenz nicht zu unterscheiden. Und wenn Sie sich über die schon mehrfach erwähnte WHI-Studie (→ Seite 107 ) bereits informiert haben, wissen Sie auch, warum in der WHI-Studie die Demenzrate unter den Hormonanwenderinnen so drastisch angestiegen ist. Bei den Teilnehmerinnen handelte es sich um ältere Frauen mit zusätzlichen Risikofaktoren (Übergewicht, Rauchen, etc.). Die Hirngefäße waren bei diesen Frauen also bereits vorgeschädigt und wiesen zahlreiche arteriosklerotische Plaques auf. Unter der Hormongabe lösten sich nun diese Plaques und führten zu vermehrten Hirninfarkten. Die Rate an vaskulären Demenzen stieg also stärker an als die Experten erwartet hatten und verzerrte das Ergebnis.
So weit eine Erklärung. Was bedeutet dies für die Praxis der Hormontherapie? Für das Gehirn gilt im Wesentlichen das Gleiche wie für das Herz: Frauen, deren Blutgefäße noch keine Schädigungen aufweisen, profitieren auch im Hinblick aufSchutz vor vaskulärer Demenz von einer Hormontherapie. Patientinnen, deren Blutgefäße bereits geschädigt sind, laufen dagegen Gefahr, dass die Demenz beschleunigt auftritt. Das »zeitliche Fenster«, von dem wir bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesprochen haben, schließt sich auch für das Gehirn im höheren Lebensalter. Wer sich also mit der Einnahme von Hormonen vor der altersbedingten Demenz schützen will, der sollte damit möglichst bald nach der Menopause beginnen. Ist die Demenz hingegen schon eingetreten, so hatten Östrogene in verschiedenen Studien keinen günstigen Effekt mehr.
WISSEN
Demenzvorbeugung: Use it or lose it
Man kann es auf einen kurzen Nenner bringen: Was gut ist fürs Herz, ist auch gut fürs Gehirn. Eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung und die reichliche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren, regelmäßiger Sport und moderater Alkoholkonsum – das Lifestyle-Programm zur Herz-Kreislauf-Prophylaxe schützt Sie genauso vor Demenz. Und ansonsten gilt auch
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