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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
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manövriert.
    »Das ist kein armer Junge!« Mari schüttelte zur Unterstützung ihrer Aussage noch den Kopf und schob abschätzig die Unterlippe vor. »Der lässt sich gerade kaufen!«
    Ich sah Mari an. Sie hatte die Situation offenbar im ganzen Umfang erfasst. Sie war ja Profi! Meine Gehässigkeit tat mir im nächsten Moment schon wieder leid. Denn Mari fuhr fort.
    »Der junge Mann schämt sich dafür. Er hat wohl die Vorstellung, dass ihm das Geld, für das er sich hier mit seinem Vater verabredet hat, nicht zusteht, oder dass es nicht richtig ist, dass er es nimmt.« Sie hatte recht. Tobias schämte sich offensichtlich, weil er hier ohne Wissen seiner Mutter war.
    »Warum nimmt er die Kohle nicht und hebt den Kopf hoch? Vielleicht hat er ein Recht auf ein bisschen finanzielle Unterstützung?« Mari schaute mich fragend an und wartete auf eine Antwort.
    »Ich weiß nicht. Darum geht es aber nicht. Friedbert hat Tobias hierhin geholt, um seine Mutter zu kränken. Friedbert ist der Ex-Mann meiner Cousine Ruth. – Ruth, mit der ich gestern auf der Silberhochzeit war, und bei der ich wohne.«
    »Ich weiß.«
    Natürlich wusste Mari über die Geschichte von Friedbert und Ruth Bescheid, jedenfalls so weit diese Geschichte im Dorf bekannt war. Schließlich hatte sie heute Morgen mit Klaus und Monika gefrühstückt und wusste wahrscheinlich noch viel mehr.
    »Ja, was du aber nicht weißt, ist, dass Ruth gestern …« Ich brach ab, denn ich hatte eigentlich keine Lust weiterzusprechen, weil ich zu aufgebracht war. In einem solchen Gefühlschaos bin ich nicht in der Lage, eine Geschichte einigermaßen ruhig und sachlich zu erzählen. Und ich wusste, dass die Geschichte von Friedberts Diebstahl – denn das war es und nichts anderes – eigentlich keine Übertreibung brauchte, sondern in der Kürze aller gebotenen Sachlichkeit am düstersten dröhnte. Deshalb erzählte ich nicht weiter.
    »Ach, Mari. Es sind nicht alle Frauen so klug und ausgeschlafen wie du.« Auf dem Weg zum Auto gingen wir schweigend nebeneinander her.
    Als Mari den Motor startete und mich fragte, ob ich jetzt nach Hause wolle, nickte ich. Ich sah sie an, und merkte, dass ich ihr gern mehr erzählt hätte.
    »Weißt du«, meinte Mari, als sie anhalten musste, um auf die Hauptstraße einzubiegen, »ich glaube, ich kann dich und Ruth besser verstehen, als du glaubst.« Sie bog auf die Hauptstraße ein und setzte hinzu: »Aber Tobias ist kein armer Junge. Er ist für alles, was er tut, selbst verantwortlich.«
    Wir hatten Nomburgshausen hinter uns gelassen und fuhren durch die Wiesen zurück zu Ruths Häuschen. Diese Landschaft hat für mich immer etwas Beruhigendes. Ich schaute aus dem Fenster und dachte an nichts. Ich fand, dass das im Moment das Beste war.
    *
    Ruth und ich saßen vor der Glotze und tranken Tee. Alkohol hatten wir uns untersagt. Tee verbreitet immer ein Gefühl von Gesundung. Man tut etwas für seinen Körper und – wenn man den Aufschriften auf den Teebeutelpackungen glaubt – auch etwas für die Seele. Wir versuchten es mit Entspannungstee und ayurvedischer Frauen-Fitness. Beides wirkte nicht. Ruth zappelte vor dem Fernseher herum und konnte sich nicht auf den Tagestipp der Fernsehzeitung konzentrieren. Eigentlich liegen wir beide gern vor der Glotze und versuchen bei Melodramen oder seichterer Unterhaltung, die Dialoge vorzusprechen, bevor sie im Film geäußert werden. Dafür verteilen wir Punkte. Wir schließen auch oft Wetten ab über den Fortgang der Action-Filme. Für jeden richtig getippten Toten gibt es fünf Punkte.
    *eute waren wir nicht in der Stimmung. Sondern zappten durch 32 Programme und blieben zum Schluss auf einem Astro-Sender stehen und brachten eine gewisse Begeisterung auf für die Frauen, die dort professionelle Lebensberatung anboten.
    »Ich sollte da mal anrufen!« Ruth nippte am Entspannungstee. Die Damen hatten gerade gewechselt, die Glaskugel-Guckerin wurde abgelöst. Miriam legte Karten und erweckte den Anschein, als würde sie neben dem Halbtagsjob am Astrosender ihr Geld an der Kasse eines Autoscooters oder als Barchefin im Provinzpuff verdienen.
    »Wer ist denn da? … Hallo, Rita … Ja, wir sind in der Schnellrunde. Was willst du denn wissen, Rita? Ah ja … ob es was wird, mit der Liebe. In diesem Jahr!« Sie mischt die Karten und schaut in die Kamera. »Ja, da ist ein Mann«, Rita grunzt, »Ja, der steht da im großen Haus.« – Rita bestätigt, sie hätte vor drei Monaten einen Mann kennengelernt.

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