Das Frauenkomplott
frühestens Montag, falls sie überhaupt zur Bank in Nomburgshausen ging, mitkriegen, dass sie plötzlich 10.000 Euro von Friedbert auf dem Konto hatte.
Ein bisschen eiliger war die Sache mit Mari. Ich wollte auf keinen Fall, dass Friedbert ohne Vorwarnung von mir bei Mari anrief. Ich spuckte einen weiteren Kirschkern in den Eimer. Jeder zweite landete drinnen, einige waren über die Brüstung gegangen, der Rest lag an der kleinen Mauer, die den Balkon begrenzte. Ich legte die Beine übereinander auf den zweiten Stuhl auf meinem Balkon, ließ den Kopf in den Nacken sinken und schaute in den klaren, fast wolkenlosen Himmel über Berlin. Mein Blick heftete sich an eine kleine Schäfchenwolke und ich verfolgte ihre unmerkliche Bewegung. Sie zog nicht weiter, schien stillzustehen, nur ihre Ränder wurden diffuser vor dem dunkelblauen Abendhimmel, der von den Lichtern der Großstadt beleuchtet wurde. Ich genoss den Blick auf den Himmel und wunderte mich, dass ich so ruhig war. Ohne konkrete Perspektive auf Arbeit hatte ich mir zwei kleine Abenteuer organisiert. Martha Baum kroch in meine Brust und fragte mich, wie viel passieren müsste, damit ich mich einmal wirklich mit mir selbst und meinen eigenen Anliegen beschäftigen würde. Ich nahm eine neue Kirsche, spuckte den Kern in den Eimer und antwortete Martha pampig, dass das durchaus etwas mit mir zu tun hätte. Wenn auch nicht unmittelbar. Das ist ja das Problem, hörte ich meine Therapeutin sagen und ich wusste, dass sie es schaffen würde, mich zu überzeugen, diese Nebenschauplätze in meinem Leben aufzugeben. So beschloss ich – und verschlang eine weitere Kirsche – ihr am folgenden Dienstag nichts davon zu erzählen und bis dahin diese Geschichten nicht nur zu lösen, sondern auch wirklich zu meinen zu machen.
Das Telefon riss mich aus diesen Gedanken und ich nahm das gleichzeitig als einen Wink des Schicksals. Es war Mari! Sie fragte, ob ich sie begleiten wolle, um das Dachgeschoss in Lichterfelde anzuschauen. Sie hatte mit dem Verkäufer kurzfristig einen Termin vereinbaren können, und da sie die nächste Woche in Frankfurt und anschließend in München sei, hätte sie zugesagt, sich die Wohnung jetzt sofort anzusehen.
Ich schluckte. »Ich weiß nicht …«
Mari lachte. »Komm, du kannst doch wenigstens gucken!«
»Ich habe keine Ahnung von Wohnungen, … und von Dachstühlen auch nicht!«
»Dafür habe ich einen Fachmann!«, sie machte eine kleine Pause. »Manuel ist nicht dabei, falls du das befürchtest, er hat einen Extratermin mit dem Vertreter der Eigentumsgemeinschaft in der nächsten Woche. Ich will mich dort jetzt einfach nur so, sagen wir, aus rein ästhetischen Gründen, umsehen. Komm mit, du bist doch professionelle Ästhetin!«
Mein Magen krampfte sich zusammen, ich hatte mich selbst erwischt, es war die Freude, die mir gleich wieder genommen wurde, Enttäuschung, dass Zimmermann Manuel Schröder nicht mit dabei war bei der Besichtigung. Allerdings lasse ich mich nicht gern ertappen. Darum versuchte ich es als entspannte 14-Jährige. »Wieso befürchten? Dass dieser Manuel kommt! Das ist mir doch ganz egal!«
Mari lachte nur und streichelte mir wie die weise Fee mit ihrer Stimme über meine krausen Haare. »Natürlich, ja, natürlich.« Wieder lachte sie und fragte die 14-jährige Karoline in dem gleichen mütterlichen Ton, ob es ihr recht sei, wenn sie morgen um 14.00 mit dem Taxi abgeholt werden würde.
Ich schluckte und sagte Ja. Wenig später war mir schlecht, ich hatte fast ein Pfund Kirschen gegessen. Ich fegte die Steine auf meinem Balkon zusammen und versuchte, meine Beklommenheit in Sachen Manuel Schröder loszuwerden. Ich hatte keine Zeit, mich mit schönen Männern zu verzetteln und mich von ihnen durcheinanderbringen zu lassen. Dass Mari mich durchschaute, war mir unangenehm, auf der anderen Seite war es aber auch entlastend. Endlich wusste mal ein anderer Mensch außer meiner Therapeutin, was in mir – zumindest, was Männer betrifft – vorging.
10. Kapitel
Mari würde die Wohnung kaufen. Schon von außen war das Haus schön anzusehen. Es hatte verschiedene Erker, an vielen Ecken, denn das Haus war aus mehreren Blöcken und verschachtelt konstruiert. Es war sandfarben gestrichen und zeigte dekoratives Fachwerk – eine der typischen Prachtvillen der Gründerzeit, kennzeichnend für Lichterfelde. Die riesige Villa war bereits in vier Eigentumseinheiten aufgeteilt. Zum Erdgeschoss gehörte der Garten, in der ersten Etage
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