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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
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interessiert und konzentriert zu. Sie unterbrach mich nicht und schien sich zu amüsieren. Und weil ich schon einen ganz trockenen Mund und eine klebrige Zunge hatte von meiner langen Rede, wagte ich ihr die Frage zu stellen, wie sie das alles fände.
    Sie lehnte sich etwas zurück gegen die Tür des Wagens, schien einen Moment zu überlegen und sagte dann: »Bemerkenswert!«
    Sie fand es – bemerkenswert! Das war alles, was sie dazu anzumerken hatte. Bemerkenswert. Das hätte mir die Sprache verschlagen, hätte ich nicht bereits den Mund gehalten. Ich hatte seit fast einer halben Stunde ununterbrochen gesprochen, und sie fand dafür nur ein Wort. Was sollte ich dazu sagen? Ich zuckte die Schultern und nickte wie ein alter Marabu. Ja, da hatte sie in der Tat nicht unrecht. Es war bemerkenswert.
    Ich betrachtete sie von der Seite und wartete irgendwie auf mehr. »Das ist doch allerhand, dass jemandem deine Adresse und Telefonnummer 10.000 Euro wert sind!«
    Sie schob ihre Unterlippe etwas vor und nickte in gespielter Selbstgefälligkeit mit dem Kopf. »Hältst du das nicht für angemessen?«
    Königliche Eleganz, ach, hätte ich ein klein wenig davon! Aber ich bleibe immer und ewig ein Aschenbrödel. Noch nicht einmal die Unterlippe kann ich so vorschieben, ich sehe garantiert eher aus wie ein koketter Koalabär.
    Sie sah mich nun rundheraus an. »Ich meine etwas anderes.« Abwehrend hob sie ihre grazile Hand und die Abendsonne legte einen Kupferglanz auf ihre zarte Haut. Meine Güte. Noch nicht einmal jetzt konnte ich es lassen, triviale Sätze zu denken.
    »Also, was meinst du, was ist bemerkenswert?«, bohrte ich nach.
    »Du hast kein schlechtes Gewissen, Friedbert 10.000 Euro abgeknöpft zu haben!«
    »Nein, wieso denn? Es ist doch nicht sein Geld.« Das fand ich nun völlig abwegig, deshalb ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich war unschuldig und lauter und konnte diesen ungerechten Vorwurf entschieden zurückweisen. »Ich habe – in gewisser Weise – einen Teil seiner Beute wieder zurückgegeben. An die, der es wirklich gehört!«
    »Robina Hood!« Mari lehnte sich abermals halb gegen die Wagentür, um mir richtig gegenüberzusitzen auf der Rückbank und mich genau im Blick zu haben. Sie nickte erneut mit ihrer vorgeschobenen Unterlippe und schaute mich unverwandt, aber freundlich an.
    »Wenn du so willst. Ja.« So hatte ich das noch nicht gesehen, fand es aber ein tolles Angebot und fühlte mich gleich ein kleines bisschen edel – und trotzig.
    Das Taxi hielt vor meinem Haus. Ich hatte nur am Rande mitbekommen, wo wir entlangfuhren. Jetzt war es mittlerweile fünf Uhr, und ich musste mit all meinen ungeklärten Fragen zurückbleiben. Denn Mari wollte direkt weiter zum Flugplatz. Ich stieg aus und reichte ihr von außen die Hand. Ich wollte sie fragen, wann sie zurück sei – oder ob wir telefonieren sollten.
    Da beugte sie sich leicht vor, griff mit einer Hand um meinen Nacken, zog mich zu sich heran und gurrte in mein Ohr: »Und du würdest gern noch mehr gute Werke tun, oder?« Dann ließ sie mich los, gab dem Taxifahrer das Zeichen zum Losfahren und ließ mich mit einem königlichen Winken ihrer rechten Hand im lauen Sommernachmittag zurück.

11. Kapitel
    Mitunter verändert sich das Leben ganz schnell. Während es andere Lebensphasen gibt, in denen es scheint, als trete das Leben auf der Stelle.
    Vor drei Wochen hoffte ich noch, dass meine Stelle erneut verlängert werden würde, hoffte, dass ich wieder einige Jahre Sicherheit hätte, und dass ich mich erst danach auf die Pirsch nach Geldern für weitere Projekte machen müsste. Ich saß in meiner kleinen, hübschen Wohnung – ohne Liebhaber, aber auch ohne Liebeskummer – und kaufte mein Gemüse auf dem Weg von der U-Bahn bei meinem türkischen Gemüsehändler und manchmal mein China-Fast-Food beim Chinesen, der aus Siam stammte. Mit Beate verbrachte ich meine Mittagspausen und gelegentlich ging ich ins Kino mit zwei Freundinnen, die einen kleinen Designer-Schneiderladen im Prenzlauer Berg aufgemacht hatten.
    Es war erst drei Wochen her, dass mich Adrian Weber im Zug aus Mitleid mit in sein Abteil genommen und mich Mari mit ihrer Erscheinung und vor allem mit ihrem Lebenswandel ins Schleudern gebracht hatte. Ruths Niederlage vor Gericht schien vor Monaten geschehen und weit entfernt, und Friedbert, den ich mir fast 20 Jahre von Leib und Seele gehalten hatte, war ein Bestandteil meines Alltags geworden. Wie ich ab Oktober meine Miete bezahlen

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