Das Frauenkomplott
Lotussitz, während ich meine Knie mühsam zusammendrückte, wie eine Frau der 60er-Jahre, und meine Beine parallel verschwenkt irgendwie mit der Fußspitze unter einem kleinen Holzfuß des niedrigen Holztisches fixierte.
»Yoga?«, fragte ich ihn.
»Nein, Tai Chi Gong.«
Allerhand, das hätte ich ihm nicht zugetraut. Dann waren wir ja hier genau richtig, und mit einer aufmunternden Handbewegung auf die hohen Holzsäulen des Raumes, die eine fein gearbeitete Holzdecke und mit Schnitzereien verzierte Balken stützten, wartete ich auf ein zustimmendes Zeichen für meine Wahl der Lokalität. Adrians Blick folgte mir zu den kristallbehangenen Kronleuchtern, die den mit Teppichen ausgestatteten Raum in eine Atmosphäre von Exotik tauchten.
Ich nahm einen Jasmintee und Adrian einen Ingwertee, und während wir warteten, offenbarte er mir seine Schwäche für chinesisches Essen und Medizin. Täglich trinke er zwei Liter Ingwerwasser. Das sei Labsal für seinen Magen.
Vielleicht war er deshalb so mager, weil er sich als chinesischer Asket von Tees und leicht parfümierten Wässern ernährte. Ich überlegte, ob ich erwägen sollte, meine nicht gerade gesunde Ernährung umzustellen. Denn ich wollte mindestens drei Kilo abnehmen, und das schon seit ich denken kann.
Im Anschluss kamen wir zur Sache.
Adrian Weber hatte die Finanzkrise offenbar unbeschadet überstanden, zumindest hatte er seinen Job in den oberen Etagen seiner Bank noch. Aber er schien sich Sorgen zu machen, dass ihm sein privates Geld, das er ziemlich konventionell auf die sichere hohe Kante gelegt hatte, durch die Aktivitäten seiner Kollegen verdampfte. Spekulieren taten sie mit dem Vermögen ihrer Anleger und das eigene Geld legten sie, im Wissen um riskantes Zocken, lieber auf ein ganz normales Sparbuch. Einen Moment war ich froh, dass ich kein Vermögen hatte, um das ich mich sorgen musste. Die Probleme der Welt sind ungerecht verteilt. Die einen sorgen sich um das Geld, das sie nicht haben, die anderen um das, das sie haben. Adrian Weber gehörte zu den anderen. Aus Angst, dass ihm die Inflation sein Gespartes zusammenschnurren ließ, war er auf der Suche nach Dingen, die er in der Hand halten konnte. Und so dachte er an Kunst.
»Da muss ich Sie enttäuschen, Ihre Kollegen verticken zurzeit unter der Hand die in den letzten Jahren zusammengekauften Stücke.«
Ja, das wusste der Ingwer trinkende Adrian Weber, der langsam an seinem Tässchen schlürfte, wie – so jedenfalls nach meinen Kenntnissen der Bankszene, die ich aus Fernsehfilmen bezog – die Businessmänner an ihrem abendlichen Glenfiddich.
»Deshalb sind die Preise doch eher akzeptabel und halten sich im Rahmen, was meinen Sie?«
Fuchs Adrian wollte sich also mit günstig abgestoßener Kunst eindecken, und, wie unsereins bei Tschibo, auf seinem Feld ein Schnäppchen machen. Ich war mir nicht sicher, ob ich diesem Leichenfledderer helfen sollte, als er mir mit einem Vorschlag kam, der mir interessant erschien.
»Soweit ich das beurteilen kann, handelt es sich beim Kunstmarkt im Moment um einen ausgesprochenen Käufermarkt.« So formuliert der Fachmann, wenn von Notverkäufen die Rede ist und die Preise fallen.
Er hob wieder sein Tässchen zum Mund und saß immer noch regungslos auf seinem Kissen, während mich das rechte Bein, das ich unter das linke geklemmt hatte, langsam schmerzte. Ich verschob beide Beine in die andere Richtung und klemmte sie nun auf der linken Seite ein.
»Aber ich weiß nicht so genau, welche modernen Künstler sich auf Dauer durchsetzen werden«, fügte Adrian hinzu und setzte sein Tässchen mit seinen schlanken Fingern zurück auf das niedrige Intarsientischchen.
»Na, wenn wir das wüssten, wären wir ja aus dem Schneider!« Ich zuckte innerlich zusammen, denn ich wollte Maris Weberknecht nicht brüskieren, immerhin bat er mich um Hilfe. Also fügte ich versöhnlich hinzu: »Der Kunstmarkt verhält sich ähnlich wie die Modeindustrie. Die Galerien schmeißen jedes Jahr irgendeine neue Kollektion auf den Markt und hoffen darauf, dass durch Presse und Events irgendwelche Stimmungsmacher der Branche dafür sorgen, dass genügend Radau entsteht, und alle auf den Zug aufspringen.«
Das – so erläuterte mir Maris Knecht – verstünde er genau, gleichwohl gäbe es ja gute und schlechte Kunst.
»Das ist eben das Problem!«, lächelte ich ihn an. »Auf mich hört ja keiner!«
Adrian Weber räusperte sich und schien einen Moment zu überlegen, ob es sinnvoll
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