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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
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sich sehr chic und begrüßte uns deshalb nicht.
    Adrian schlenderte an den Exponaten vorbei. Ich begleitete wortlos seinen Rundgang. Hier waren die Werke eines der letzten Shootingstars ausgestellt. Mit Farbe beschmierte Müllsäcke auf Leinwand.
    »Wer kauft denn so was?«, fragte mich Adrian mit gesenkter Stimme.
    Ich zuckte die Schultern. »Reich gewordene 68er«, und mit einem Blick auf ihn fügte ich hinzu: »Sie sind dafür wahrscheinlich ein bisschen zu jung!« Jedenfalls gefielen ihm diese Sachen nicht. Weber war pragmatisch, das wurde schon deutlich. Er wollte noch nicht einmal wissen, was die Müllsäcke kosten sollten. Wir bummelten zurück zum Tresen.
    »Vielen Dank!«, sagte Weber und »Auf Wiedersehen!«
    Die blonde Mieze fuhr sich mit ihren fünf Zentimeter langen Fingernägeln durch die Haare und gönnte uns einen Augenaufschlag. »Ciao!«, spitzte sie die Lippen und schob zwei Kataloge von der einen Seite zur anderen. Dann bleckte sie die Zähne, stützte erneut die Hand auf ihre Kralle und verfolgte uns mit gelangweiltem Blick bis zur Tür.
    Auch in der nächsten Galerie, die ich vorschlug, um Adrians Geschmack ein wenig einzugrenzen, am Kupfergraben gelegen, empfing uns eine Kaugummi kauende magersüchtige junge Frau, allerdings kastanienbraun.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, begrüßte sie uns immerhin. Und schob den Kaugummi nach der Begrüßung hinter die linken Backenzähne. Die verzerrten Mickymäuse auf Riesenleinwand schienen es Adrian jedenfalls auch nicht angetan zu haben. Vor allem aber nicht der Preis. Auf seine Frage, was die Riesenmäuse kosteten, antwortete die brünette Magersüchtige mit einem gewissen Stolz und Schnalzen: »Tjsch, 180.000 bis 250.000 Euro.«
    Adrian machte ein erstauntes Gesicht und hob die linke Braue. »Warum, wegen des Rahmens?«
    Der Mann fing an, mir zu gefallen.
    »Hoffentlich sagen Ihnen wenigstens unsere Galerieräume zu«, wandte sie sich beleidigt ab, verkroch sich hinter ihrem Tresen und kümmerte sich zur Strafe nicht mehr um uns.
    Nach dem Abendessen in einem sündhaft teuren, aber hervorragenden Restaurant – ich lebte heute auf großem Fuß – brachte mich Adrian nach Hause. Mir hatte der Tag gefallen, ich wusste, was er wollte und was ihm nicht gefiel, und die drei Stunden, die wir im Lokal verbrachten, ließen mich ein weiteres Vorurteil fallen lassen. Adrian Weber war ein netter Kerl. Nicht alle, die reich sind, sind blöd. Zudem hatte ich einen Auftrag, und damit den Grundstock für meine weitere Zukunft gelegt.

12. Kapitel
    Die Zeit kroch vor sich hin. Es wurde heiß und schwül in Berlin. Alle warteten auf ein Gewitter, aber es kam nicht. Die warme Dunstglocke drückte alle herunter, die Menschen aus den großen Büros erkälteten sich, wenn sie aus den klimatisierten Räumen nach draußen kamen und von der dicken, heißen Luft in die Knie gezwungen wurden. Die Menschen sahen elend aus, zwischen den Häuserzeilen stand die Luft. Die Plätze vor den Museen schienen zu flimmern, der Himmel hatte eine bleiche Farbe und senkte sich auf das Pflaster. Die Menschen eilten über die Straßen. Sie wurden aggressiv, ungeduldig und ungehalten. Mehr Stress als sonst schien sie zu treiben, aus der dunstigen Sonne in den Schatten, aus dem Büro nach Hause, ins Schwimmbad oder irgendwohin, wo sie glaubten, es einigermaßen aushalten zu können.
    Ich war froh, dass ich nicht mehr U-Bahn und Bus fuhr und mit meiner Größe von 1,68 mit der Nase direkt in der Achselhöhle eines durchweichten Mannes im kurzärmligen Hemd zwei Kilometer durchhalten musste. Ich war zwar schweißgebadet, wenn ich mit meinem Fahrrad nach Hause kam, aber ich wusste wenigstens, dass ich das war, was ich da roch und nicht irgendwelche anderen Menschen.
    Die Nächte waren unerträglich, die geöffneten Fenster ließen keinen Lufthauch herein, nur den Lärm der Autos und den Schwall der Redefetzen der Menschen, die sich auf der Straße bewegten, weil sie im Sommer draußen bleiben wollten, obwohl es keine Erfrischung gab. Es war Ende Juli, die Ferien hatten begonnen, Berlin schien leerer und wie sediert unter der Wärmeglocke. Und die Menschen, die arbeiten mussten und nicht in Ferien oder Urlaub waren, hatten das bizarre Gefühl, privilegiert und wichtig zu sein. Denn eigentlich war an Arbeiten nicht zu denken.
    Meine Zeit im Museum sollte in knapp sechs Wochen beendet sein. Die zwei letzten Septemberwochen würden mir noch einmal vom Senat finanziert werden: mein letzter bezahlter

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