Das Frauenkomplott
sei, weiter mit mir zu sprechen. Er entschied sich dafür und weihte mich in seine Pläne ein. »Ich möchte – auf Sie hören!«
War es das, was Mari so an ihm fesselte? Er hörte bestimmt auch auf Mari, wenn sie ihm in bestimmtem Ton anwies, ihr einen Wein zu bringen, die Schuhe auszuziehen und sich an ihre Knie zu lehnen. Gemeines Aas, schalt ich mich nach diesem Gedanken und brachte ihm wieder neue Aufmerksamkeit entgegen.
»Ich möchte zweigleisig fahren. Natürlich möchte ich einige arrivierte Künstler kaufen, von denen sicher ist, dass sie ihren Wert behalten – wie …«, er kramte die drei Maler aus seinem Gedächtnis, die er kannte, »wie Picasso, Immendorf, Richter!«
Eine eigenartige Reihenfolge, aber sei’s drum. »Da müssen Sie aber einiges auf der hohen Kante liegen haben!«
Er nickte nur freundschaftlich und führte seinen Einkaufsplan weiter aus. »Auf der anderen Seite möchte ich aber auch neuere Papierarbeiten kaufen. Und zwar die, die Sie mir empfehlen, die heute auf dem Markt sind und Potenzial für die Zukunft haben.«
Weil er den ganzen Abend Zeit hatte – warum hatte er das eigentlich nicht so organisiert, dass Mari anwesend war, wenn er einmal zufällig in Berlin sein musste? – wollte er mich zum Edelfress einladen und so schlug ich ihm vor, vorher noch einige Galerien aufzusuchen, damit er sich selbst ein Bild machen und mir ungefähr eine Idee davon geben könnte, was ihm persönlich denn gefalle. Denn schließlich geht es beim Kauf von Kunst nicht nur um Geld, sondern auch um das, was einem gefällt.
Wir nahmen ein Taxi zur Kochstraße – in den letzten zehn Jahren meines Lebens bin ich insgesamt nicht so viel mit dem Taxi gefahren wie in den vergangenen drei Wochen –, um einen Galeriekomplex zu besuchen. Innerlich glänzten meine Augen, denn hier tat sich, ohne dass ich etwas dafür getan hatte, meine Zukunft auf: Ich als Expertin hatte meinen ersten selbstständigen Auftrag, ein Geschäft im sechsstelligen Bereich abzuwickeln. Ich zählte heimlich an meinen Fingern ab, wie hoch die Provision sein könnte, und rechnete das um auf die Miete und die Monate, die ich meine Wohnung würde bezahlen können.
Denn ich hatte schon was für Maris Weber. Die Expertise für den Privatmann, die mich Jerôme neulich hatte anfertigen lassen, war für ein Bild, das genau den Vorstellungen meines einzigen Kunden entsprach. Eine Picassografik aus der blauen Periode, ich kannte den Anbieter, er war bereit zu verkaufen. Ich war ganz aufgeregt, und rechnete, als wir an der roten Ampel warteten, bevor wir in die Kochstraße einbogen, zum dritten Mal, wie viel Minimum dabei für mich herausspringen würde. Adrian, mein liebster Kunde, saß im Fond des Taxis neben mir, und ich versuchte mich zu fühlen wie eine selbstständige, erfolgreiche Galeristin und Art »Consultorin«, lehnte mich zurück, schaute aus dem Fenster und gab mir die größte Mühe, entsprechend souverän zu wirken.
Da überquerte er direkt vor uns die Straße, bog rechts ein und ging an meiner Seite vorbei: Manuel Schröder. Ich verfolgte ihn mit den Augen und verdrehte den Kopf, bis es nicht mehr ging. Ich verrenkte mir dabei den Hals, und beobachtete, wie er hinter uns weiter geradeaus lief und sich entfernte. Es durchzuckte mich, mein Magen krampfte sich zusammen und mein Herz flatterte. Ich riss den Kopf wieder nach vorn und starrte auf meine Hände, mit denen ich gerade noch meine Buchhaltung durchgeführt hatte.
»Ein Bekannter?«, interessierte sich Adrian Weber.
»Nein!«, meine Stimme war rau und ich räusperte mich. »Doch, ich …« Aber es war schon zu spät. Mein eigenes Luftbild von der Geschäftsfrau war gerade zerplatzt. »Er ist Zimmermann, … er baut Dachstühle, … er ist …« Erfolgreiche Geschäftsfrauen würden sich von einem schwarz gelockten Mann nicht aus der Fassung bringen lassen.
Der Wagen hielt vor dem Galeriebau in der Kochstraße und ich stellte mein Gestammel ein. In diesem Gebäude residierten einige Galerien, wir gingen über die Treppe nach oben – Adrian wie eine Gliederpuppe, der man die Kniegelenke hochzog, ich ein wenig atemlos, weil ich innerlich schnaubte und mich darüber ärgerte, dass ich immer noch einen Druck auf dem Solarplexus hatte.
Die Galerie war kahl und menschenleer. Als wir den großen weißen Raum betraten, hob eine blasierte unterernährte Blondine nur kurz den Kopf. Sie saß hinter einem weiß gestrichenen Tresen und legte nun das Kinn auf die Hand. Sie fand
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