Das Frauenkomplott
doch Ihre Karte dort drüben bei meinem Sohn.« Er wies mit seiner rechten Hand auf einen in Jeans und einfachem weißem Hemd gekleideten jungen Mann von Anfang 20, der an dem einzigen Möbel stand, das außer einem großen Bösendorfer Konzertflügel in diesem Raum verblieben war. Es war ein großer Eichentisch von etwa acht Metern, auf dem ein Gästebuch aufgeschlagen war und ein kleines silbernes Tablett stand, auf dem einige Visitenkarten lagen.
Der Junge sah ganz normal aus, aber ich musste passen. »Ich bin leider ohne Karte hier, aber mit umso größerem Interesse. Wenn Sie mir also dennoch die Bilder zeigen wollen, spreche ich Sie später noch einmal an, wenn Ihre Gastgeberpflichten Ihnen Zeit lassen.« Ich nickte freundlich und Baron Eugen forderte mich auf, einfach nachher – es gäbe gleich eine Kleinigkeit zu essen – zu ihm und seiner Frau zu kommen.
»Wenn Ihre Gastgeberpflichten Ihnen Zeit lassen …«, echote Beate, als wir wieder auf der Terrasse standen.
»Tja, da staunst du!« Ich staunte selbst nicht schlecht. Geht doch. Mit einem gewissen Stolz blickte ich hinunter in den weiten Garten und fühlte mich einen Moment ganz großartig. Wie wohl es tut, jemand anderen gut über sich selbst sprechen zu hören. Mit meiner notorischen Griesgrämigkeit beschimpfe ich mich meist selbst und bin damit, wie mir Martha Baum immer versicherte, nicht die einzige Frau, die das tut. Beates Worte klingelten mir noch in den Ohren und in dem Gefühl des mir gegenüber wiedergewonnenen Wohlwollens wandte ich mich aufgeräumt meiner Kleingruppe zu, die hier auf mich gewartet hatte.
»Komm, Mari, wir pudern uns mal die Nase!«, sagte ich an Rudolf Schmerbusch gewandt, der Maris Hand nur widerwillig losließ. Da nun aber eine Reihe schmaler Kellner in Schwarz durch die großen Flügeltüren auf die Terrasse traten und ihren Weg in den Garten fortsetzten, konnte Schmerbusch sich mit seiner zweiten Leidenschaft trösten.
Mari lachte ihrem alten Liebhaber noch einmal zu und ging mit mir die drei Treppenstufen der Terrasse hinunter. Der ganze Garten war voller Lachen und gedämpftem Stimmengewirr. Die Gruppen standen an hohen Teakholz-Stehtischen, Biertischgarnituren für den Adel. Alle hielten sich noch aneinander fest, blieben bei ihren Begleitungen stehen, lustwandelten durch den Garten und betrachteten die Skulpturen. Einige aber saßen bereits an einem der zahlreichen Gartentisch-Ensembles. Wenn die Menschen nicht da gewesen wären, hätte es das Arrangement für einen Garpa-Katalog sein können. Ich fragte mich, ob das Gartenmobiliar geliehen war, oder ob Baron Eugen Tische, Sessel und Bänke immer in einer der großen Scheunen aufbewahrte.
»Nein, isch finde es superb, dass ein Privatmann sisch mit seinem Geld so wohltuend engagiert!« Das war ja mein Freund Jerôme, dessen Stimme ich hinter einem akkurat geschnittenen Buchsbaum vernahm. Ich war nicht überrascht, dass er sich hier herumtrieb, immerhin war er der Kustos unserer Abteilung. Er war im Gespräch mit Professor Marin von der Hochschule der Künste, wie sich mir offenbarte, als wir um den Buchs herum waren, und begleitet von seiner Praktikantin Melanie, die in ihrem hautengen Stretchkleid aussah wie eine sehr schlanke Wurst.
»Sie wissen ja selbst am besten, dass sisch die öffentlische Hand und damit wir von den Müseen oft gar nischt mehr an den Versteigerungen beteiligen können. Isch bin desalb froh, dass sisch ein verantwortungsvoller Sammler mit Verstand und Geschmack beteiligt.« Die Praktikantin nickte Jerôme bestätigend zu. Auch der Professor murmelte seine Zustimmung und nickte heftig und energisch, als einer der Kellner, die mit den Platten durch den Garten schwärmten, fragte, ob die gnädige Frau und die Herren Lust hätten auf einen kleinen Willkommensgruß der Küche. Er reichte je ein kleines Porzellanschälchen auf Untertasse mit Löffelchen:
»Eine Mousse vom Hummer mit Chili-Eis auf einem Jus de Cassis!«
»Oh, homard!«, stöhnte Jerôme.
»Bon appétit!«, grüßte ich Jerôme und zog Mari gleichzeitig mit mir weiter. Jerôme sah mich verblüfft an und zwang sich ein Lächeln ab. Professor Marin schaute uns hinterher, als er – in welcher Weise auch immer – von Jerôme wohl eine Einordnung meiner Person bekam. Er schien sich dunkel an mich zu erinnern und winkte mir vage mit der Hand zu.
»So, jetzt erzähl mal«, forderte ich Mari auf, »wieso warst du mit Friedbert Hansen zusammen!« Wir schlenderten den gebogenen
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