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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Kroneck
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und Papierarbeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte, konnte dort jeder nachlesen.
    Aber Beate setzte sich schon wieder in Bewegung, sodass ich meine gesellschaftlichen Beobachtungen an dieser Stelle nicht weiterführen konnte, und erklärte mir, was richtig reich ist. »Richtig reich ist, wenn jemand nicht mehr weiß, in welchem seiner Schlösser er wohnen soll.« Von Mautzenbach hatte nämlich nicht nur dieses Schloss in der Uckermark, sondern neben seinem Familiensitz am Niederrhein noch je ein Château in Südfrankreich und in der Schweiz. Das kleine uckermärkische Juwel war ihm von der Treuhand 1991 für einen Euro angeboten worden. Denn von Mautzenbachs Opa hatte 1945 ausziehen müssen, später quartierte sich die Verwaltung einer LPG ein und die Ländereien wurden sozialistisch begradigt. Papa von Mautzenbach hatte kurz vor seinem Tod wieder durch das zurückerworbene Schloss und den Park wandeln können. Weil die Erben der Sozialisten an diesem Schloss nichts als zukünftige Kosten hinterlassen hatten und sich angesichts der Einschränkungen des Denkmalschutzes und horrender Erhaltungskosten niemand fand, der die sozialistische Ruine übernehmen wollte, investierte der wohlgeborene Enkel des enteigneten Großvaters erst einen Euro für die Übernahme und später mehrere Millionen für die Renovierung des Schlosses seiner Ahnen. Nun verbrachte er seit etwa zehn Jahren jedes Jahr zwei Monate im Sommer in diesem Schloss.
    »Richtig reich ist auch, wer seine Schlösser nicht besichtigen lassen muss!« Deshalb wollte Beate uns auch unbedingt hierhin schleifen. Denn eine andere Gelegenheit gab es nicht. Sie selbst kannte sich aus im deutschen Hoch- und Niederadel, informiert durch die »Gala«, die sie ohne Scham abonniert hatte und nicht beim Zahnarzt las, und durch den leidenschaftlichen Konsum der Sendungen von Seelmann-Eggebert, dem Adelsexperten. Sie war ausgewiesene Fachfrau. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie ihre kunsthistorische Promotion über illusionistische Deckenmalerei in den Schlössern Norddeutschlands verfasst und war somit nicht nur über die Behausungen des Adels, sondern auch über deren Familienverhältnisse bestens informiert.
    Ja, neben dem Besitz derer von Mautzenbach nahm sich Friedberts Reichtum verhältnismäßig lächerlich aus. Wir gingen die breiten Stufen zur Terrasse herauf und durch die einladend geöffneten Doppeltüren in den Salon. Hier hatte sich eine kleine, lockere Schlange gebildet, denn die Gastgeber begrüßten alle Gäste mit Handschlag und sprachen – ganz demokratisch – mit jedem ein, zwei Sätze. Wir stellen uns ein wenig abseits und warteten, bis wir an der Reihe waren. Schmerbusch und Mari gesellten sich zu uns und so geduldeten wir uns gemeinsam.
    In diesem Sommersalon gab es keine illusionistische Deckenmalerei mehr. Entweder hatte es sie nie gegeben, oder sie war dem Kunstverständnis realsozialistischer Bürokratie zum Opfer gefallen. Nun waren die Felder der durch Eichenpaneele kassettierten Wände in gebrochenem Weiß gestrichen und bildeten den neutralen Hintergrund für ein paar ausgewiesene Stücke der Sammlung Mautzenbach. Neben Hödicke, Getting und Salomé hatten die Hausherren noch andere neue Anschaffungen aus den letzten 20 Jahren hingehängt.
    »Frau Dr. Schulzendorf, schön, dass Sie gekommen sind!« Baron von Mautzenbach reichte Beate die Hand und stellte sie seiner Frau vor, die Beate anstrahlte, als habe sie eine gute alte Freundin wiedergesehen. Beate strahlte auch und schien überrascht, dass Eugen von Mautzenbach sich noch an sie erinnern konnte. Es war immerhin acht Jahre her, dass sie ihn wegen ihrer Arbeit an der illusionistischen Deckenmalerei am Niederrhein in seinem Büro aufgesucht, sein dortiges Schloss besichtigt und von ihm weitere Empfehlungen an die Herren Kollegen Adlige in Mecklenburg, Schleswig und in der Uckermark erhalten hatte.
    Derart hervorgehoben präsentierte Beate nun ihrerseits ihre Kleingruppe, zuerst Mari und Dr. Schmerbusch, anschließend mich. Sie stellte mich den beiden Gastgebern als Kollegin und – ich schluckte, weil es für mich so ungewohnt klang – als selbstständige Kunst-Agentin und -Beraterin vor, spezialisiert auf Papierarbeiten des 19. und 20. Jahrhunderts.
    »Sehr erfreut, Frau Dr. Brauer. Wenn es Ihnen recht ist, zeige ich Ihnen nachher zwei Arbeiten von Beuys und Hann Trier, mein ganzer Stolz.« Eugen von Mautzenbach lächelte mich freundlich und gelassen an. »Hinterlassen Sie

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