Das Frauenkomplott
unerwartet zuteil wurde, folgte ich dem Gastgeber in die Belle Étage, die Räume, die er privat bewohnte, wo er mir seinen Beuys und seinen Hann Trier zeigte. Wir unterhielten uns einige Minuten über die aktuelle Lage auf dem Kunstmarkt. Im Anschluss präsentierte er mir eine Mappe mit Bleistiftarbeiten und Lithografien verschiedener Examensstudenten und fragte mich, welche mir gefielen. In dem Höhenflug, auf dem ich mich befand, nahm ich kein Blatt vor den Mund und ging sie mit ihm durch. Ich verstand mich mit Eugen von Mautzenbach – er fand mich bezaubernd, das hatte ich nicht vergessen – und deshalb konnte ich auch gewinnend sein.
Während wir wieder die Treppe heruntergingen, sagte er: »Frau Dr. Brauer, wenn Sie etwas haben, das mich interessieren könnte, melden Sie sich. Ich glaube, wir liegen auf einer Wellenlänge!«
Ich verabschiedete mich vom edlen Eugen und schwebte – bezaubernde Frouwe, zu der er mich geschlagen hatte – durch den Empfangssalon, in dem die Gäste mit ihren kleinen Leckerbissen standen und parlierten und zu dieser späten Stunde nun nicht mehr auf die Bilder schauten. Frau Dr. Karoline Brauer war von Baron von Mautzenbach nach oben geführt worden und damit quasi emporgehoben: Wie leicht den Menschen zu schmeicheln ist.
Damit war für mich der absolute Höhepunkt des Abends erreicht. Mich konnte nichts mehr verärgern oder erschüttern. Die kurze Stunde, die wir noch blieben, konnte ich gut gelaunt dem schönen Theater zusehen, das hier alle spielten. Ich hatte auch eine Rolle bekommen.
Rudolf Schmerbusch fuhr uns bald danach brav eine nach der anderen nach Hause. Schließlich durfte er bei Mari bleiben. Er war ein Ausbund an Freude und Herzlichkeit. Beschwingt verabschiedeten wir uns.
Es war tatsächlich nicht mehr schwül geworden, die Nacht war lau, durch die geöffneten Fenster wehte ein leichtes Lüftchen. Es ging mir gut, als ich mich hinlegte.
Ich träumte von Manuel Schröder. Er stand auf der Terrasse bei von Mautzenbach und spielte, begleitet vom Junior des Hauses, auf der Geige, Mari tanzte mit Schmerbusch Csárdás. Beate rannte die drei Stufen der Terrasse rauf und runter wie aufgezogen und Jerôme stand bei Marin und schüttelte den Kopf wie eine ausgestopfte Großmutter. Immer heftiger und mechanischer schüttelte er den Kopf, der viel größer war als ein normaler Kopf, wie ich nun feststellte, denn plötzlich stand ich weit unter ihm, wie geschrumpft, und schaute nach oben. Mari flog herbei, hob mich hoch, setzte mich auf den Tisch, der sich sofort in eine schiefe Ebene verwandelte, und ich drohte abzustürzen. Ich klammerte mich an die obere Kante und die Ebene verwandelte sich fast in eine senkrechte Wand. Ich hing dort oben und hielt mich verzweifelt in der Ecke fest. Bevor ich abstürzte, dachte ich, sollte ich wach werden, wie das gewöhnlich bei dieser Art Träumen ist. Aber ich schlief zu meiner Verblüffung weiter und sah meinem Traum weiter gespannt zu.
Diesen Fortgang kannte ich noch nicht: Die Ebene schob sich wieder in die Waagerechte und begann zu rotieren. Ich drehte mich um mich selbst und drohte von der Scheibe zu fliegen. Als ich dem nichts mehr entgegensetzte, wurde ich in die Luft geschleudert und flog los. Ich war leicht und hatte lange Arme wie Schwingen und schwebte wie eine Elfe über das tiefe Grün und flog weiter über die Erde, die unter mir wie ein Satellitenfoto aussah.
Ich landete auf einer Wiese, auf der Friedbert auf einem Maulwurfshügel saß. Mari lachte Friedbert an, legte ihm ein Band um den Arm und zog ihn fort. Sie hatte einen Fischschwanz und bewegte sich über die Wiesen wie ein Delfin über das Wasser. Ich ging zum Maulwurfshügel und stellte fest, dass er aus Gold war.
Als ich wach wurde, wusste ich einen Weg, wie wir an das Geld von Friedbert kommen könnten.
14. Kapitel
Der Morgen war genau so schön, wie die Nacht geendet hatte. Nicht zu heiß, nicht zu feucht. Das Thermometer am Fenster zeigte bereits 25 Grad. Wieder ein neuer Beweis, wie sich das Wetter mit der persönlichen Laune ändert. Es würde also sehr heiß werden heute, und mir machte das nichts aus. Das wollte ich übermorgen Martha Baum als neues Ereignis in meinem Leben mitteilen. Es gibt Wichtigeres als Temperaturbeobachtungen und Wettervoraussagen. Vielleicht hatten die Therapiestunden gefruchtet.
Mit meinen neuen Ideen saß ich allerdings erst einmal fest. Mari war die nächsten zwei Wochen nicht in Berlin. Zuerst begleitete sie
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