Das Frauenkomplott
völlig aufgeweicht war und die Haut meiner Finger anfing, Wellen zu schlagen, riss ich mich aus meiner träumerischen Duselei und beendete den exzessiven Luxus. Eingecremt mit einem sündhaft teuren Huile sèche, das ich vor einigen Tagen in Aussicht auf diesen Tag erstanden hatte, und eingewickelt in einen alten, knöchellangen Morgenmantel aus Seide, die Haare unter einem Handtuchturban, kam ich mir vor wie eine Filmdiva aus einem alten Streifen.
Allerdings musste ich mir in der Küche selbst das Frühstück machen. Die Diven saßen, soweit ich mich erinnerte, meist mit großer Sonnenbrille auf einer riesigen Terrasse und ließen sich frisch gepressten Orangensaft und heiße Würstchen und Toast servieren. Dazu die Zeitung auf einem Silbertablett. Ich mache mir nichts aus Bratwürstchen zum Frühstück, aber Orangensaft sollte es sein am heutigen Luxusmorgen.
Der Morgen war grau, denn in der Nacht hatte es sich bezogen, und ein leichter, aber dauerhafter Regen hatte eingesetzt, doch der Orangensaft und die Tageszeitung stimmten. Ich rubbelte mir die Haare ein bisschen trocken und warf das Handtuch über eine Stuhllehne. Gemächlich legte ich die Füße hoch auf einen anderen Stuhl, nahm die Zeitung und wollte mich gerade wohl fühlen.
Da klingelte es. Ich wartete einen Moment, denn wahrscheinlich war es die Post für einen Nachbarn oder die Müllabfuhr oder eine Hauswurfsendung. So war es, denn nach dem ersten Klingeln hörte es auf, irgendjemand im Haus hatte schon reagiert. Ich las zuerst »Vermischtes und Totschlag aus aller Welt«.
Da klingelte es ein zweites Mal. Jetzt aber direkt an meiner Wohnungstür. Ich schmiss die Zeitung auf den Fußboden, tapste mit nackten Füßen durch den Flur und riss die Tür auf. »Ja, bitte!«
Da stand er. Manuel. Er schaute mich an, ein wenig von oben, und lächelte leicht, entschuldigend oder irgendwie. Ich weiß es nicht mehr. Er sagte nichts, kein einziges Wort, und ich starrte ihn an. Er lächelte weiter und ich sah ihn weiterhin unvermindert an – und wollte gerade etwas sagen. Da berührte er mit seinem Zeigefinger meine Stirn und zog mit dem Finger eine unsichtbare Spur, ganz langsam auf meinem Nasenrücken entlang bis auf die Nasenspitze.
Ich machte gar nichts.
Ich wollte auch gar nichts tun.
Vor allen Dingen wollte ich nichts Falsches sagen.
»Ich konnte es nicht mehr aushalten!«, flüsterte er. Und dann griff er mit seiner Hand in meine noch feuchten Haare, zog meinen Kopf zu sich und küsste mich.
Bis zu dieser Stelle kann ich mich genau erinnern.
Aber schon an dieser Stelle werden es zwei Geschichten. Denn Manuel meinte später, es wäre ein bisschen anders gewesen.
Natürlich habe ich ihn daraufhin wiedergeküsst. All meine elenden kummervollen Gedanken, meine Selbstzweifel und atemlosen Hoffnungen, die meinen Solarplexus zum Flattern gebracht hatten, wenn nur irgendwo in der Ferne sein Name auftauchte, schienen auf diesen Moment hingezittert zu haben. Ich habe ihn umschlungen, mit all meiner Freude, und war erlöst. Ich griff ihm in seine schwarzen Locken und glaubte mich besinnungslos, dachte an Mari und ihren Unsinn von Zurückhaltung und Vorsicht, und zog ihn an seinem weißen, offenen Hemd in die Wohnung.
Da hörte er auf, mich zu küssen, ließ seine schwarze, schwere Ledertasche fallen, folgte mir und sah mich weiterhin genau so leicht lächelnd an, wie er vor der Tür gestanden hat, und ich dachte, gut, dass er nicht sprechen kann, und du sagst jetzt auch nichts. Er ließ sich von mir willig ziehen, erst vor meinem ungemachten Bett hielt ich an und drehte mich zu ihm.
Da schubste er mich.
Wir fielen übereinander her und lachten und gegen Mittag fragte ich ihn: »Musst du nicht arbeiten heute?«
»Nein, es regnet.«
Gut, dass Zimmermänner nicht arbeiten können, wenn es regnet. Einer der schönsten Tage in meinem Leben mit einem wunderbaren grauen Himmel und anhaltendem Dauerregen.
Er lag in meinem Bett, hatte sich die Kissen in den Nacken geschoben und einen Arm hinter den Kopf gelegt, um sich gegen die Wand abzustützen. Ich betrachtete ihn und konnte es nicht fassen, dass der schönste Mann der Welt nackt in diesem Bett lag.
»Wieso bist du hier?«
»Das habe ich doch schon gesagt: Weil ich es nicht mehr aushalten konnte!«
Um zur Abwechslung auch etwas anderes zu machen, fütterte ich ihn im Bett mit einem Rest Baguette und gab ihm meinen Orangensaft, der noch in der Küche stand. Dann holte ich mir ein bisschen trockenes Brot
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