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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Headhunting-Geschäft?«
    »Nicht gut.«
    »Du hast uns fünfundvierzigtausend Dollar vorgestreckt, während wir darauf gewartet haben, daß Eds Leiche gefunden wird.«
    Er machte plötzlich ein strenges Gesicht. »Catherine, das mach’ ich gerne. Ich wünschte bloß, ich könnte mehr zahlen. Wenn wir Beweise für Eds Tod haben, kannst du’s mir aus der Geschäftsversicherung zurückzahlen.«
    Sie legte eine Hand auf seine. »Das kann ich nicht zulassen, Phillip. Der alte Pat würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüßte, daß ich von geliehenem Geld lebe. Falls wir nicht irgendeinen Beweis finden, daß Edwin doch bei dem Unglück umgekommen ist, werde ich, so wie die Lage ist, das Lokal verlieren, das mein Vater in lebenslanger Arbeit aufgebaut hat, und mein Zuhause muß ich dann ebenfalls verkaufen.« Sie schaute Meghan an. »Gott sei Dank hab’ ich dich, Meggie.« In diesem Augenblick entschied Meg, nicht wie geplant nach New York zurückzufahren, sondern über Nacht dazubleiben.

    Als sie und ihre Mutter wieder nach Hause kamen, sprachen sie in stillschweigendem Einvernehmen nicht mehr über den Mann, der ihr Ehemann und Vater gewesen war. Sie schauten sich statt dessen die Zehn-Uhr-Nachrichten an, machten sich anschließend fürs Bett fertig. Meghan klopfte an die Tür zum Schlafzimmer ihrer Mutter, um gute Nacht zu sagen. Ihr wurde klar, daß sie es nicht mehr als das Schlafzimmer ihrer Eltern ansah. Als sie die Tür öffnete, sah sie mit einem schmerzlichen Stich, daß ihre Mutter ihr Kopfkissen in die Mitte des Betts gerückt hatte.
    Meghan wußte, daß dies ein sicheres Zeichen dafür war, daß Edwin Collins, falls er noch lebte, in diesem Haus nicht mehr willkommen war.

    12
    Bernie Heffernan verbrachte den Sonntag abend mit seiner Mutter beim Fernsehen in dem armseligen Wohnzimmer ihres bungalowartigen Hauses in Jackson Heights, Queens.
    Er schaute wesentlich lieber in dem
    Kommunikationszentrum fern, das er sich in dem roh verputzten Kellerraum geschaffen hatte, blieb aber stets oben, bis seine Mutter um zehn schlafen ging. Seit ihrem Sturz zehn Jahre zuvor ging sie nie mehr in die Nähe der wackeligen Kellertreppe. Meghans Bericht über die Manning Clinic wurde in den Sechs-Uhr-Nachrichten ausgestrahlt. Bernie starrte gebannt auf den Bildschirm, mit Schweißperlen auf der Stirn. Wäre er jetzt unten gewesen, hätte er Meghan auf seinem Videorecorder aufnehmen können.
    »Bernard!« Mamas scharfe Stimme drang in seine Träumereien ein.
    Er setzte ein Lächeln auf. »Tut mir leid, Mama.«
    Ihre Augen waren hinter der randlosen Bifokalbrille vergrößert. »Ich hab’ dich gefragt, ob sie je den Vater von der Frau gefunden haben.«
    Er hatte ein einziges Mal Meghans Vater Mama gegenüber erwähnt und es seither immer bereut. Er tätschelte die Hand seiner Mutter. »Ich hab’ ihr gesagt, daß wir für sie beten, Mama.«
    Er mochte es nicht, wie ihn Mama anschaute. »Du denkst doch nicht etwa über diese Frau nach, oder, Bernard?«
    »Nein, Mama. Natürlich nicht, Mama.«
    Nachdem seine Mutter zu Bett gegangen war, lief Bernie in den Keller hinunter. Er fühlte sich müde und entmutigt.
    Es gab nur einen Weg, wie er sich Erleichterung verschaffen konnte.
    Er machte sich sofort an seine Anrufe. Erst diesen religiösen Sender in Atlanta. Mit Hilfe seines Apparats zur Veränderung der Stimme warf er dem Prediger Beleidigungen an den Kopf, bis die Leitung unterbrochen wurde. Dann wählte er eine Talk-Show in Massachusetts an und berichtete dem Moderator, er habe mitgehört, wie ein Mordkomplott gegen ihn geschmiedet wurde.
    Um elf begann er, Frauen anzurufen, deren Namen er im Telefonbuch markiert hatte. Eine nach der anderen warnte er, er sei drauf und dran, bei ihr einzubrechen. Vom Klang ihrer Stimmen konnte er sich ausmalen, wie sie aussahen.
    Jung und hübsch. Alt. Unansehnlich. Dünn. Dick. In seiner Vorstellung schuf er sich jedesmal ein Gesicht und fügte die Details mit jedem weiteren Wort, das sie sagten, nach und nach hinzu.
    Außer heute abend. Heute abend hatten sie alle dasselbe Gesicht.
    Heute abend sahen sie alle wie Meghan Collins aus.

    13
    Als Meghan Montag morgen um halb sieben nach unten ging, fand sie ihre Mutter schon in der Küche vor. Der Duft von Kaffee erfüllte den Raum, Saft stand in Gläsern bereit, und Brot steckte im Toaster. Meghans Protest, daß ihre Mutter nicht so früh hätte aufstehen sollen, erstarb ihr auf den Lippen. Die tiefen Schatten um Catherine Collins’
    Augen

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