Das fremde Gesicht
herum ließen keinen Zweifel daran, daß sie kaum geschlafen hatte.
Genau wie ich, dachte Meghan, während sie nach der Kaffeekanne griff. »Mutter, ich hab’ gründlich nachgedacht«, sagte sie. Bedachtsam wählte sie ihre Worte, als sie fortfuhr. »Ich kann mir keinen einzigen Grund vorstellen, warum Dad sich dazu entschließen würde, zu verschwinden. Nehmen wir an, da wäre eine andere Frau. Das könnte sicherlich vorkommen, aber wenn es so wäre, hätte Dad dich um eine Scheidung bitten können. Du wärst natürlich total unglücklich gewesen, und ich wär’ ganz schön zornig geworden, aber letzten Endes sind wir beide Realisten, und Dad wußte das. Die Versicherungen nageln alles an der Tatsache fest, daß sie weder seine Leiche noch das Auto gefunden haben und daß er auf seine eigenen Policen Geld aufgenommen hat.
Aber es waren seine Policen, und wie du ja gesagt hast, wollte er vielleicht irgendeine Art von Investition machen, von der er wußte, daß du nicht damit einverstanden gewesen wärst. Ist doch möglich.«
»Alles ist möglich«, sagte Catherine Collins ruhig,
»einschließlich der Tatsache, daß ich nicht weiß, was ich tun soll.«
»Aber ich weiß es. Wir werden eine Klage einreichen und die Auszahlung dieser Policen verlangen, inklusive der doppelten Entschädigung bei Tod durch Unfall. Wir legen doch nicht die Hände in den Schoß und lassen uns von diesen Leuten weismachen, daß Dad dir das angetan hat.«
Um sieben Uhr saßen sich Mac und Kyle an ihrem Küchentisch gegenüber. Kyle hatte sich, als er zu Bett ging, noch immer geweigert, über seine kühle Art Meg gegenüber zu sprechen, doch jetzt am Morgen war seine Stimmung verändert. »Ich hab’ nachgedacht«, begann er.
Mac lächelte. »Das ist schon ein guter Anfang.«
»Nein, wirklich. Weißt du noch, wie Meg gestern abend von dem Fall da erzählt hat, wegen dem sie am Mittwoch den ganzen Tag im Gericht war?«
»Ja.«
»Dann kann sie Mittwoch nachmittag gar nicht hier gewesen sein.«
»Nein, war sie auch nicht.«
»Dann hab’ ich sie nicht am Haus vorbeifahren sehen.«
Mac blickte in die ernsten Augen seines Sohns. »Nein, Mittwoch nachmittag kannst du sie nicht gesehen haben.
Da bin ich mir sicher.«
»Dann war’s wahrscheinlich einfach ’ne Frau, die ganz ähnlich wie sie ausgesehen hat.« Kyles erleichtertes Lächeln legte zwei Zahnlücken frei. Er blickte zu Jake hinunter, der unter dem Tisch ausgestreckt lag. »Also, bis Meg Jake wieder zu sehen kriegt, wenn sie nächstes Wochenende heimkommt, kann er schon perfekt bitte-bitte sagen.«
Als sein Name erklang, sprang Jake auf und hob seine Vorderpfoten.
»Ich finde, der kann jetzt schon perfekt betteln«, kommentierte Mac trocken.
Meghan fuhr direkt zum Garageneingang des PCD-Gebäudes an der Sechsundfünfzigsten Straße West. Bernie hielt ihr genau in dem Moment, als sie die automatische Schaltung auf Parken stellte, die Fahrertür auf. »Hallo, Miss Collins.« Sein strahlendes Lächeln und die warme Stimme entlockten auch ihren Lippen ein Lächeln. »Meine Mutter und ich haben Sie in dieser Klinik gesehen, ich meine, wir haben gestern abend die Nachrichten gesehen, wo Sie drin waren. Hat Ihnen bestimmt Spaß gemacht, bei all den Kindern zu sein.« Seine Hand kam ihr entgegen, um ihr aus dem Wagen zu helfen.
»Sie waren ungeheuer niedlich, Bernie«, stimmte Meghan zu.
»Meine Mutter hat gesagt, daß es schon irgendwie komisch ist – Sie wissen, was ich meine –, wenn man so wie diese Leute Kinder kriegt. Ich bin nicht so für all diese verrückten wissenschaftlichen Spinnereien.«
Errungenschaften, nicht Spinnereien, dachte Meghan.
»Ich weiß, was Sie meinen«, sagte sie. »Es kommt einem wirklich ’n bißchen wie aus der ›Schönen Neuen Welt‹ vor.«
Bernie starrte sie verständnislos an.
»Bis später.« Sie ging in Richtung Aufzug, ihre Ledermappe unter dem Arm.
Bernie sah ihr nach, stieg dann ins Auto und fuhr es in die tiefergelegene Ebene der Garage. Mit Absicht stellte er es in einer dunklen Ecke an der Wand ganz hinten ab.
Während der Mittagspause suchten sich all die Typen hier einen Wagen zum Ausruhen aus, um zu essen, Zeitung zu lesen oder zu dösen. Als einzige Regel des Managements galt es zu beachten, daß man die Sitzpolster nicht mit Ketchup verschmierte. Seit einmal so ein Kiffer die Lederarmstütze in einem Mercedes verbrannt hatte, durfte niemand mehr rauchen, nicht einmal in Autos mit Aschenbechern voller Kippen. Die
Weitere Kostenlose Bücher