Das fremde Gesicht
verpflanzt worden war, hatten die Andersons noch zwei Embryos, seinen eineiigen Zwilling und noch einen weiteren. Das Röhrchen mit seinem eineiigen Zwilling hatte ein besonderes Etikett.«
Tom stand von seinem Schreibtisch auf und streckte sich. Er hatte sein Jackett abgelegt, die Krawatte gelockert und den Kragenknopf aufgemacht. Das hatte zur Wirkung, daß seine ansonsten unnahbare Erscheinung etwas gemildert wurde.
Er ging zu dem Fenster hinüber, starrte auf das Gewühl des Verkehrs auf der Sechsundfünfzigsten Straße West hinunter, drehte sich dann abrupt um. »Es hat mir gefallen, was Sie gestern mit dem Manning-Treffen gemacht haben.
Die Zuschauerreaktionen waren positiv. Gehen Sie’s an!«
Er ließ es sie wirklich machen! Meghan nickte und hielt sich dabei vor Augen, daß Begeisterung nicht angebracht war.
Tom kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. »Meghan, schauen Sie sich das an. Es ist eine Skizze von der Frau, die am Donnerstag abend erstochen worden ist.« Er reichte sie ihr.
Obwohl sie das Opfer gesehen hatte, wurde Meghans Mund trocken, als sie die Zeichnung musterte. Sie las die Angaben dazu: »Weiße Abstammung, dunkelbraune Haare, blaugrüne Augen, 1,65 m, schlank gebaut, 54 kg, 24-28 Jahre alt.« Zwei Zentimeter größer, und die Beschreibung würde auf sie selbst zutreffen.
»Wenn dieses ›Versehen‹-Fax dazu paßt und bedeutet, daß man es eigentlich auf Sie abgesehen hatte, ist es ziemlich klar, warum dieses Mädchen tot ist«, sagte Weicker. »Sie war genau hier in der Nachbarschaft, und die Ähnlichkeit mit Ihnen ist unheimlich.«
»Ich versteh’ es einfach nicht. Genausowenig verstehe ich, wie sie an den Zettel mit der Schrift meines Vaters geraten ist.«
»Ich hab’ noch mal mit Lieutenant Story gesprochen.
Wir sind übereingekommen, daß es besser wäre, Sie von den Nachrichten abzuziehen, bis der Mörder gefunden ist, nur für den Fall, daß irgendein Verrückter hinter Ihnen her ist.«
»Aber, Tom –« protestierte sie. Er ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Meghan, konzentrieren Sie sich auf diese Sondersendung. Daraus könnte eine verdammt gute Story von allgemeinem Interesse werden. Wenn es klappt, machen wir dann später Kurzberichte über diese Bengel.
Vorläufig aber bleiben Sie von den täglichen Nachrichten weg. Halten Sie mich auf dem laufenden«, sagte er kurz angebunden, während er sich hinsetzte und eine Schreibtischschublade herauszog, womit sie eindeutig entlassen war.
16
Montag nachmittag war in der Manning Clinic nach der Aufregung des Wochenendtreffens wieder Ruhe eingekehrt. Alle Spuren der festlichen Veranstaltung waren verschwunden, und der Empfangsraum hatte seine gewohnte ruhige Eleganz wiedergewonnen.
Ein Paar gegen Ende Dreißig blätterte in Erwartung seines ersten Besuchstermins in Zeitschriften. Die Sprechstundenhilfe, Marge Walters, betrachtete die beiden voller Anteilnahme. Sie hatte keine Probleme damit gehabt, drei Kinder in den ersten drei Jahren ihrer Ehe zu bekommen. An der gegenüberliegenden Seite des Raums hielt eine offensichtlich nervöse Frau in den Zwanzigern die Hand ihres Mannes fest. Marge wußte, daß die junge Frau einen Termin zur Einpflanzung von Embryos in ihre Gebärmutter hatte. Zwölf ihrer Eier waren im Labor befruchtet worden. Drei würde man in der Hoffnung einsetzen, daß eines davon zu einer Schwangerschaft führen würde. Manchmal entwickelten sich mehrere Embryos weiter und ergaben Mehrfachgeburten.
»Das wäre ein Segen und nicht ein Problem«, hatte die junge Frau Marge gegenüber versichert, als sie sich anmeldete. Die übrigen neun Embryos wurden dann tiefgekühlt. Falls es diesmal nicht zu einer Schwangerschaft kam, würde die junge Frau wiederkehren und einige jener Embryos eingesetzt bekommen.
Dr.
Manning hatte seine Mitarbeiter unerwartet zur Mittagszeit zusammengerufen. In Gedanken strich sich Marge mit den Fingern durch ihr kurzes blondes Haar.
Dr.
Manning hatte sie alle darüber informiert, PCD
Channel 3 werde eine Fernsehsondersendung über die Klinik bringen und dabei auch die bevorstehende Geburt von Jonathan Andersons eineiigem Zwillingsbruder einbeziehen. Er bat, man möge Meghan Collins in jeder Weise unterstützen, dabei aber natürlich die Privatsphäre der Klienten respektieren. Nur mit Patienten, die sich schriftlich einverstanden erklärten, würde es Interviews geben.
Marge hoffte auf die Chance, in der Sendung dabeizusein. Ihre Jungs würden das ganz super finden.
Rechts von
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