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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Feindseligkeiten, auch wenn man sie später vielleicht bereute, machten kurzfristig gesehen viel mehr Spaß.
    »Ich helfe gern, wenn ich kann«, entgegnete Alice, »aber … könnte ich Sie zunächst etwas fragen?«
    »Schießen Sie los.«
    »Glauben Sie, Simon wird mir jemals vergeben?«
    Das war eine Frage, die Charlie ehrlich beantworten konnte. »Keine Ahnung«, sagte sie. »Vielleicht hat er das längst. Oder er wird Ihnen bis in alle Ewigkeit grollen. Ich kann nur eins garantieren. Er wird niemals mit irgendjemandem darüber sprechen.« Insbesondere nicht mit mir.
    Alice war vor einer Holzbank direkt am Seeufer stehen geblieben, die unter einer Trauerweide stand. Sie wischte das Laub weg und beugte sich vor, um die Inschrift auf der goldenen Plakette zu studieren. »Ich kann nie an einer dieser Gedenkplaketten vorbeigehen, ohne sie zu lesen«, sagte sie. »Das wäre irgendwie ein Gefühl, als würde ich jemanden ganz allein sterben lassen. Schauen Sie sich das an – zwei Brüder, beide am 29. April 2005 gestorben. Einer war zweiundzwanzig, der andere einundzwanzig.«
    »Autounfall wahrscheinlich«, sagte Charlie sachlich. Sie wollte nicht mit Alice über traurige Dinge reden. Oder mit sonst jemandem. Sie suchte in ihrer Handtasche nach den Zigaretten und stellte sich vor, dass sie und Liv am selben Tag sterben könnten. Plötzlich wollte sie unbedingt eine Zigarette im Mund haben und sie anzünden. Sie nahm einen tiefen Zug. »Wenn ich sterbe, will ich, dass auf meiner Parkbank-Plakette steht: ›Sie wollte immer damit aufhören‹.«
    Alice lachte. »Der ist gut.«
    »Simon macht sich Sorgen um Connie Bowskill.« Höchste Zeit, dass wir aufhören, so zu tun, als wären wir Freundinnen, die einen schönen Spaziergang machen . Bei jemandem wie Alice Bean gab es so etwas wie Smalltalk sowieso nicht. Bislang hatte sie Vergebung, einsamen Tod und Familientragödien angesprochen – welches Thema würde als Nächstes anstehen, Tierquälerei?
    »Ich mache mir auch Sorgen.«
    »Wissen Sie, wo Connie ist?«, fragte Charlie.
    »Nein. Sie geht weder ans Telefon noch ans Handy.«
    »Wann haben Sie zuletzt mit ihr gesprochen?«
    »So gern ich Ihnen das auch sagen würde, ich kann es nicht«, antwortete Alice. »Schweigepflicht.«
    Charlie nickte. »Ich verstehe, dass Sie Connies Privatsphäre schützen wollen. Ich weiß aber auch, dass Sie nicht abgeneigt sind, ihre moralischen Maßstäbe zu überdenken, wenn jemand in Gefahr sein könnte. Vor sieben Jahren haben Sie das getan, als es um Sie selbst ging. Wenn Sie mit einer etwas lockereren Einstellung gegenüber Ihrer beruflichen Integrität Connie vor einer Gefahr bewahren könnten, wäre es das nicht wert?«
    »Vor sieben Jahren habe ich es um meiner Tochter willen getan«, berichtigte Alice, offensichtlich war sie nicht verärgert. »Und ich weiß nicht mit Sicherheit, ob Connie in Gefahr ist. Oder ob Simon sie schützen könnte, wenn sie es wäre.«
    »Aber Sie glauben, sie könnte in Gefahr sein.« Du hast versucht, dir das Gegenteil einzureden, und es ist dir nicht gelungen.
    »Ich war ziemlich erschrocken, als sie zuletzt zu mir kam«, gab Alice zu. »Da ich selbst einmal in dieser Lage war, erkenne ich ein Geschöpf, das von Auslöschung bedroht ist, wenn ich einem begegne. Es ist eine ernsthaft schadenbringende Energie um Connie, die versucht, das Leben aus ihr herauszupressen. Es ist unverkennbar – es war nie einfach, mit ihr in einem Raum zu sein, aber in letzter Zeit ist es eine echte Herausforderung für mich, auch nur dazubleiben. Ich muss mich ständig daran erinnern, dass sie jemand ist, der meine Hilfe braucht. Ich kann nur nicht sagen, ob die Bedrohung von außen kommt und sie sie internalisiert hat oder ob die Schadensenergie von Connie selbst kommt. Es ist nicht so einfach, zwischen diesen beiden Sachverhalten zu unterscheiden – wenn jemand uns zerstören will, reagieren wir oft mit Selbstbestrafung, wir machen uns zu seinem Komplizen.«
    »Besteht die Chance, dass ich einen Teil davon oder alles in für einen Laien verständlichen Begriffen erklärt bekomme?«, fragte Charlie.
    Alice blieb stehen. »Mein Instinkt sagt mir, dass Connie möglicherweise nicht überleben wird. Entweder ist da draußen jemand, der versucht, sie auszulöschen, oder sie tut sich das selbst an.«
    »Und auf wen würden Sie Ihr Geld setzen?«
    Charlie erwartete keine Antwort darauf und war überrascht, als Alice sagte: »Auf den Ehemann.«
    »Kit?«
    »Gestern war Connies

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