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Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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Tageslicht zu bringen, die in ihrer Geschichte verborgen liegen, damit die Bank gegenüber der amerikanischen Justizbehörde reinen Tisch machen kann.
    Wie alle, denen Kit davon erzählt, wirkt Sam K. gleichermaßen beeindruckt und verwirrt. »Also haben Sie auch eine Niederlassung in London?«, fragt er. »Oder pendeln Sie?«
    »Connie arbeitet nur hier, ich halb und halb«, antwortet Kit. »Ich habe eine Wohnung in Limehouse gemietet – eigentlich nur ein Loch mit einem Bett darin. Was mich anbelangt, ich habe nur ein Zuhause, und das ist Melrose Cottage.« Er schaut mich an, als er das sagt. Erwartet er, dass ich applaudiere?
    »Ich kann mir vorstellen, dass eine kleine Wohnung in London hiermit kaum konkurrieren könnte.« Sam K. schaut sich in unserem Wohnzimmer um. »Es hat jede Menge Charakter.« Er dreht sich um und studiert den gerahmten Druck, der an der Wand hinter ihm hängt – ein Foto von King’s College Chapel mit einem lachenden Mädchen, das auf den Stufen sitzt. Weiß er, dass er ein Foto von Cambridge vor sich hat? Wenn ja, erwähnt er es nicht.
    Der Druck war ein Geschenk von Kit. Ich habe das Bild immer gehasst. In der unteren Ecke des Passepartouts steht handschriftlich vermerkt: 4/100.
    »Keine wirklich gute Bewertung«, bemerkte ich, als Kit es mir überreichte. »Vier Prozent.«
    Er lachte. »Es ist der vierte von einhundert Drucken, du Närrchen. Es gibt nur hundert dieser Drucke auf der Welt. Ist das nicht wunderschön?«
    »Ich dachte, du magst keine Massenerzeugnisse«, entgegnete ich und war fest entschlossen, undankbar zu sein.
    Er war verletzt. »Das handschriftliche 4/100 macht den Druck einmalig. Deshalb werden Drucke nummeriert.« Er seufzte. »Es gefällt dir nicht, oder?«
    Ich merkte, wie selbstsüchtig ich war, und tat so, als würde ich das Bild mögen.
    »Meine Frau nennt Häuser wie diese ›kameratauglich‹«, sagt Sam K. »Ich fühle mich minderwertig, sobald ich über die Schwelle trete.«
    »Sie sollten mal unsere Autos von innen sehen«, entgegnet Kit. »Oder vielmehr unsere beiden Mülleimer auf Rädern. Ich habe schon in Erwägung gezogen, sie mit geöffneten Türen neben der Tonne abzustellen, wenn die Müllabfuhr kommt – vielleicht würde die Gemeinde sich ja doch erbarmen und sie mitnehmen.«
    Ich stehe auf. Blut strömt in meinen Kopf und das Zimmer schwankt, verschwimmt vor meinen Augen. Es ist ein Gefühl, als würden meine Körperteile sich voneinander lösen, abbrechen und davonschweben. Ein unklares Dröhnen erfüllt meinen Kopf. Das passiert mir immer wieder. Mein Hausarzt hat keine Ahnung, was die Ursache sein könnte. Er hat Blutuntersuchungen gemacht, Ultraschall, Computertomografie, alles Mögliche. Alice, meine Homöopathin, hält es für die körperliche Manifestation einer seelischen Belastung.
    Es dauert ein paar Sekunden, bis der Schwindel vergeht. »Sie können ebenso gut wieder gehen«, sage ich zu Sam K., als ich wieder in der Lage bin zu sprechen. »Sie glauben mir ganz offensichtlich nicht, also warum sollten wir beide unsere Zeit verschwenden?«
    Er sieht mich nachdenklich an. »Warum meinen Sie, dass ich Ihnen nicht glaube?«
    »Vielleicht leide ich unter Wahnvorstellungen, aber ich bin nicht blöde«, fahre ich ihn an. »Sie sitzen hier, essen Kekse und reden über Mülltonnen und Inneneinrichtung …«
    »Das hilft mir, ein bisschen mehr über Sie und Kit zu erfahren.« Mein Ausbruch lässt ihn ungerührt. »Ich will wissen, wer Sie sind, nicht nur, was Sie gesehen haben.«
    Der holistische Ansatz. Alice wäre ganz auf seiner Seite.
    »Ich habe gar nichts gesehen.« Kit zuckt mit den Achseln.
    »Das ist nicht wahr«, widerspreche ich. »Du hast nicht nichts gesehen – du hast ein Wohnzimmer ohne die Leiche einer Frau gesehen. Das ist nicht nichts.«
    »Warum ein Immobilienportal?«, fragt Sam K. erneut. »Warum Cambridge?«
    »Vor ein paar Jahren haben wir überlegt, dorthin zu ziehen«, sage ich, unfähig, ihm in die Augen zu sehen. »Wir haben uns dagegen entschieden, aber … manchmal denke ich noch daran, und … ich weiß nicht, es war eine ganz spontane Sache – es gab keinen besonderen Grund dafür. Ich gucke alle möglichen komischen Sachen im Internet nach, wenn ich unruhig bin und nicht schlafen kann.«
    »Also gestern Nacht sind Sie auf die Roundthehouses-Website gegangen und haben … was? Erzählen Sie es mir, Schritt für Schritt.«
    »Ich habe mir Objekte angesehen, die in Cambridge zum Verkauf stehen, dabei bin ich

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