Das fremde Haus
»Willst du mich fragen, ob ich dich heiraten will? Ist es das?« Ich muss aufgeregt gewirkt haben.
»Das nicht, nein, obwohl, da du es gerade ansprichst … Willst du?«
»Lass mich darüber nachdenken. Gut, ich habe darüber nachgedacht. Ja, ich will.«
»Wunderbar.« Kit nickte stirnrunzelnd.
»Du siehst besorgt aus«, sagte ich. »Eigentlich solltest du vor Glück strahlen.«
»Ich bin glücklich. Und verliebt.« Er lächelte, aber da war ein Schatten hinter seinen Augen. »Besorgt bin ich allerdings auch. Es ist wirklich ein Riesenzufall, aber ich muss mit dir über meinen Job reden und … nun ja, über Cambridge.«
Ich hielt den Atem an, weil ich dachte, er würde mir jetzt die Geschichte anvertrauen, die er mir vor drei Jahre nicht hatte erzählen wollen. Stattdessen fing er an, von Deloitte zu reden und einer beruflichen Chance, die sich aufgetan hatte. Ihm war angeboten worden, ein neues Team in der Cambridger Niederlassung zu leiten, was neue, aufregende Tätigkeiten beinhaltete und beste Beförderungsaussichten. Mein Herz begann zu hämmern. Kit sprach immer schneller, sodass ich die Einzelheiten nicht richtig aufnehmen konnte, und einiges von dem, was er sagte, ergab keinen Sinn für mich. Wendungen wie »kundenorientiert« und »Detailgenauigkeit« – aber das Wesentliche verstand ich. Kits Firma wollte ihn nach Cambridge versetzen, was bedeutete, dass ich, die Frau, die gerade zugestimmt hatte, ihn zu heiraten (auch wenn ich sozusagen selbst gefragt hatte), die Chance hatte, meiner Familie und dem Culver Valley zu entkommen.
»Du musst unbedingt Ja sagen«, zischte ich Kit zu, als der Kellner mit unseren Tiramisus kam. »Wir müssen weg aus Rawndesley. Seit wann weißt du es?«
»Seit zwei Tagen.«
»Seit zwei Tagen? Du hättest es mir sofort sagen sollen. Was ist, wenn sie inzwischen ihre Meinung geändert haben?«
Kit legte seine Hand auf meine Hand. »Sie werden ihre Meinung nicht ändern, Con.«
»Woher willst du das wissen?« Ich geriet in Panik.
»Deloitte gehört zu den führenden Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterfirmen in Großbritannien. Das ist keine Gruppe hysterischer Teenager. Sie haben ihr Angebot vorgelegt – ein ausgesprochen großzügiges Angebot –, und jetzt warten sie auf meine Entscheidung.«
»Ruf sofort an«, befahl ich.
»Jetzt? Es ist Viertel nach neun.«
»Was, schlafen sie etwa schon? Natürlich nicht! Wenn ich eine der führenden detailgenauen kundenorientierten Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterfirmen Großbritanniens wäre, würde ich aber bis halb elf aufbleiben, um mir die Spätnachrichten anzusehen.«
»Connie, nun mal langsam«, sagte Kit, der verblüfft war über meine Verzweiflung. »Willst du nicht erst mal darüber nachdenken? Dir etwas Zeit lassen, es dir in Ruhe durch den Kopf gehen lassen?«
»Nein. Warum, du etwa?« Was war, wenn Kit gar nicht umziehen wollte? Er hatte bereits an mehreren verschiedenen Orten gelebt. Geboren war er in Birmingham, mit zehn war er nach Swindon gezogen, mit fünfzehn nach Bracknell. Studiert hatte er in Cambridge, danach kam Rawndesley. Er saß nicht so in der Falle wie ich und würde daher meinen verzweifelten, dringlichen Wunsch, von hier zu entkommen, nicht notwendigerweise teilen.
»Die neue Aufgabe wäre eine Verbesserung, keine Frage«, sagte er. »Und es stimmt, Cambridge ist eine wunderbare Stadt. Rawndesley … eher nicht. Aber … bist du dir auch ganz sicher, Con? Fast hätte ich es gar nicht erwähnt. Gestern hätte ich das Angebot fast abgelehnt, ohne dich überhaupt zu fragen. Ich hätte nicht gedacht, dass du bereit wärst, deine Familie zu verlassen. Ihr seid alle so …«
»Ungesund co-abhängig?«, schlug ich vor.
»Was ist mit deinem Job?«, fragte Kit.
»Ich suche mir was Neues. Ich würde alles machen – Rasen mähen, Büros putzen. Frag doch mal bei Deloitte, ob sie noch eine Reinigungskraft brauchen.«
Als wir das Restaurant verließen, erschien uns Rawndesley fast wie eine Stadt, in der wir früher mal gelebt hatten. Wir waren Geister, die in unserem alten Leben umgingen und nur für die Hoffnung auf ein neues Leben lebten.
Am nächsten Tag erzählte ich es meinen Eltern, meiner Schwester und Anton. Ich fürchtete, dass sie irgendwie eine Möglichkeit finden würden, mich aufzuhalten, obwohl Kit sein Bestes getan hatte, mir zu versichern, dass das nicht möglich sei, dass ich ein freier Mensch sei.
Auf meine Ankündigung folgte langes Schweigen. Ich verfolgte in den
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