Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fremde Haus

Das fremde Haus

Titel: Das fremde Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
Vom Netzwerk:
eingeloggt. Während du dich über mein mangelndes Interesse aufgeregt und mich garantiert mit Kit durchgehechelt hast, habe ich mir die Fotos von diesem Haus angesehen. Ich habe den ganzen Abend nichts anderes getan, obwohl die Fotos sich nicht veränderten. So desinteressiert war ich.«
    Irgendetwas hat sie dazu gebracht, Bentley Grove 11 mit mir und Kit in Verbindung zu bringen. Es bereitet mir Mühe, den Tee hinunterzuschlucken, den ich im Mund habe. »Was hast du gesehen?«, frage ich, wobei sich meine Stimme überschlägt. »Sag es mir.« Warum habe ich es nicht gesehen, was immer es war? Ich habe Stunden damit zugebracht, auf diese Fotos zu starren.
    »Du bist so was von jämmerlich, Connie«, stellt Fran ganz sachlich fest. Meine Frage ignoriert sie. »Du sitzt da und denkst das Schlimmste von allen Leuten, hegst und pflegst deinen heimlichen Groll und deine Verachtung, blähst irgendwelche blöden Kleinigkeiten zu Riesenproblemen auf und grübelst endlos darüber nach. Und natürlich verlierst du nie ein Wort darüber, damit ja niemand die Chance hat, dir zu erklären, dass er vielleicht nicht ganz so schlimm ist, wie du beschlossen hast anzunehmen.«
    »Was hast du gesehen, Fran?«
    »Du zuckst jedes Mal zusammen, wenn Mutter den Mund aufmacht, als wäre sie der Teufel in Topfhandschuhen. Ja, sie kann einen zur Raserei bringen, aber du solltest es so halten wie ich. Sag ihr, sie soll sich mal ein bisschen am Riemen reißen, und dann vergiss es. Dasselbe gilt für Vater. Sag uns allen, dass wir uns verpissen sollen, wenn es das ist, was du willst, aber sei ehrlich, verdammt noch mal.«
    Sie ist klug, meine Schwester. Bei ihr klingt alles so einfach und normal. Wenn man ihr zuhört, könnte man fast meinen, die Familie Monk sei eine vollkommen harmlose Organisation, deren Mitgliedern es freisteht, Little Holling zu verlassen, wann immer sie wollen, und die nicht mit den negativen Folgen kämpfen müssen, wenn sie beschließen, Gebrauch von dieser Freiheit zu machen.
    »Sag mir, was du gesehen hast«, wiederhole ich.
    »Erst redest du.« Fran beugt sich über den Tisch. »Du erzählst mir alles. Bentley Grove 11 – was geht da vor? Verdammt noch mal, Con, sind wir Schwestern oder Fremde? Erzähl es mir, denn ich kann beides sein. Deine Entscheidung.«
    »Ja. Das ist es, oder?« Sie erwartet, dass ich ablehne. Ich werde sie überraschen. Sie wollte alles erfahren, also werde ich ihr alles erzählen, nicht nur die bloßen Fakten, sondern all die winzigen Umstellungen des Möglichen, die Art, wie ich meine Meinung geändert und wieder zurückgeändert habe, manchmal zehn bis zwölf Mal am Tag. Während ich rede, fängt es an, mir Spaß zu machen. Nach einem scheußlichen halben Jahr, das ich hinter mir habe, weiß ich aus eigener Erfahrung, dass die Geschichte, die ich erzähle, keinerlei narrative Befriedigung bietet, sondern lediglich eine Reihe unlösbarer Probleme. Soll Fran doch ebenso verwirrt sein, wie ich es bin, soll sie doch in diesen niemals endenden Albtraum hineingezogen werden, wenn sie unbedingt will. Ich frage mich, ob sie die sadistische Wonne aus meiner Stimme heraushören kann, als ich mir die größte Mühe gebe, ihr kein einziges Detail zu ersparen.
    Als ich endlich fertig bin, wirkt sie längst nicht so verwirrt, wie ich gehofft hatte. Sie scheint weder überrascht noch schockiert zu sein. »Und, hast du ihn angerufen?«, will sie wissen.
    »Wen?«
    »Stephen Gilligan – den Mann, mit dem Kit angeblich am 13. Mai ein Meeting hatte. Hast du seine Sekretärin angerufen, diese Joanne Thingummy?«
    »Joanne Biss. Nein. Ich hatte vor, im Taxi anzurufen, aber dann bist du ja aufgetaucht und ich …«
    Fran hört nicht zu. Sie hat bereits ihr Handy gezückt und erkundigt sich nach der Nummer der Canary Wharf-Filiale der London Allied Capital Bank. Ich schließe die Augen und warte, und dabei denke ich an etwas, was Alice gesagt hat, dass ich die Wahrheit über Kit eigentlich gar nicht herausfinden will. Stimmt das? Hätte ich Stephan Gilligan angerufen, wenn es mir überlassen geblieben wäre? Hatte ich deshalb einen Schwindelanfall, als ich das Polizeipräsidium verließ, damit ich nicht anrufen musste?
    »Ich möchte mit Joanne Biss sprechen«, sagt Fran. »Macht nichts. Ich warte gern.«
    »Ich hätte angerufen«, beteuere ich. »Ich wollte anrufen, sobald ich zu Hause war.« Fran wirft mir einen skeptischen Blick zu. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was sie denkt. »Warum sollte ich Geld für

Weitere Kostenlose Bücher