Das fremde Haus
einen Privatdetektiv verschwenden, wenn ich Kits Wohnung in Limehouse selbst überwachen kann, ganz umsonst?«, verteidige ich mich.
»Hast du das getan?«, fragt sie.
»Ich bin zwei oder drei Mal abends hingefahren und habe im Auto davor gewartet. Kit zieht nie die Wohnzimmervorhänge zu, und die Wohnung ist im Erdgeschoss. Ich rufe ihn dann vom Parkplatz vor dem Haus an und tue so, als würde ich von zu Hause anrufen. Ich beobachte ihn durchs Fenster, wie er Rotwein trinkt und mit mir telefoniert – den gleichen Wein, den er zu Hause trinkt. Es war nie jemand anderes bei ihm.« Und wenn er lächelt, ist dasselbe liebevolle Lächeln auf seinem Gesicht, das ich dort sehe, wenn er weiß, dass ich ihn anschaue . Ich bringe es nicht über mich, diesen Umstand meiner Schwester mitzuteilen. Es ist wichtig für mich, und ich möchte es ihr nicht anvertrauen.
»Zwei, drei Mal, das beweist gar nichts«, erklärt sie wegwerfend.
»Ich habe stundenlang im Auto im Bentley Grove gesessen und darauf gewartet, dass er aus der Nummer 11 herauskommt. Was er noch nie getan hat.« Warum versuche ich, Fran davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung ist, obwohl ich doch weiß, dass nichts in Ordnung ist?
Sie hebt die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, und drückt sich ihr Handy ans Ohr. Ich höre zu, als sie sich Joanne Biss als neue Mitarbeiterin von Nulli Secundus vorstellt und nach dem Meeting zwischen Kit und Stephen Gilligan am Donnerstag, den 13. Mai, fragt – hat es wie vorgesehen stattgefunden, oder wurde es abgesagt? Sie erwähnt nicht, warum sie das wissen möchte, aber ihre Stimme strahlt das Selbstvertrauen eines Menschen aus, der jeden Anspruch auf diese Information besitzt und es nicht nötig hat, sich groß zu erklären. Ich wäre nie fähig gewesen, diesen Tonfall hervorzubringen. Ich hätte mich nervös und betrügerisch angehört und wäre nach den Gründen für mein Interesse an einem zwei Monate zurückliegenden Meeting ausgequetscht worden. Kurz darauf dankt Fran ihrer Gesprächspartnerin und verabschiedet sich.
»Kit hat die Wahrheit gesagt.« Sie wirkt enttäuscht, als sie ihr Handy auf den Tisch legt. »Er und Stephan Gilligan haben sich am Donnerstag, den 13. Mai, um 15.00 Uhr getroffen.«
Mir ist, als hätte eine dunkle Wolke sich gehoben.
»Kit könnte Joanne Biss angerufen und sie instruiert haben, was sie sagen soll«, bemerkt Fran. »Er hatte reichlich Zeit dafür. Und selbst wenn er das nicht getan hat, selbst wenn das SG in seinem Terminkalender für Stephan Gilligan steht, heißt das noch lange nicht, dass er keine Affäre mit dieser Selina Gane hat.«
»Aber es könnte es heißen.« Ich fühle mich optimistischer als seit Langem. »Es gibt nichts, das auf eine Verbindung zwischen den beiden hinweist – absolut nichts –, außer ihrer Adresse als Heimatort in seinem Navi. Und vielleicht hat er diese Adresse gar nicht eingegeben. Vielleicht war es jemand anderes.« Komm schon. Spuck’s aus . »Vielleicht warst du es ja. Oder Anton.« Es ist schwer, Misstrauen zu vertreiben, wenn es sich erst einmal bei einem eingenistet hat, es auf ein anderes Objekt zu richten, ist viel leichter, als es ganz und gar zu vertreiben.
»Ich werde das nicht mit einer Antwort würdigen«, sagt Fran ungeduldig. »Ich oder Anton«, murmelt sie. »Warum sollten wir das tun?«
Weil du eifersüchtig bist. Weil wir mehr Geld haben, weil Kit Erfolg hat und Anton nicht.
»Warum bist du so schnell bereit, das Schlimmste von Kit anzunehmen?« Ich setze meine Attacke fort, bevor Fran auf die Idee kommt, mir meine Heuchelei vorzuwerfen. »Warum sagst du mir nicht, was du zu sagen hast, was immer es sein mag?« Wäre sie nicht längst damit herausgerückt, wenn irgendwas dran wäre? Ist sie intelligent und hinterhältig genug, sich einen komplizierten Plan auszudenken, der meine Ehe zerstören und meine geistige Gesundheit untergraben soll, einen so komplexen und manipulativen Plan, das ich nicht einmal annähernd erraten kann, wie er aussieht?
Verdammt noch mal, Connie – sie ist deine Schwester. Du kennst sie schon dein ganzes Leben lang. Reiß dich zusammen.
Fran hätte keine tote Frau auf meinem Monitor auftauchen lassen können. Sie kann keine Verbindung zu Bentley Grove 11 haben. Sie war nie in Cambridge. Sie geht nie irgendwohin außer zu Monks & Söhne, zu Benjis Schule, zum Supermarkt und zu unseren Eltern.
»Du kannst dir die Fotos von Bentley Grove 11 unmöglich gründlicher angesehen haben als ich«,
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